Nach der gescheiterten Richterwahl hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, die informellen Vorschlagsregelungen bei der Aufstellung von Kandidaten kritisiert. „Das Problem liegt meines Erachtens nicht in der gesetzlichen Regelung des Wahlvorgangs, sondern in der vor Jahrzehnten eingeführten Handhabung durch die parteipolitische Praxis“, sagte er der Rheinischen Post.
Ohne gesetzliche Grundlage hätten sich die damaligen Volksparteien CDU, CSU und SPD die sogenannten Vorschlagsrechte eingeräumt und mit ihren jeweiligen Koalitionspartnern geteilt. Das starre Vorgehen ignoriere jedoch die Fragmentierung der Parteienlandschaft, sagte Papier. „Die Parteien sollten insgesamt auf ihre überkommenen, sogenannten Vorschlagsrechte verzichten“, sagte er.
Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Nach bisheriger Übereinkunft der Parteien können Union, SPD und Grüne sowie die FDP, wenn sie im Bundestag säße, Richterkandidaten vorschlagen. Diese müssen im Wahlausschuss bestätigt werden.
Wahl droht laut Papier in „Gezänk“ auszuarten
Werde die Verteilung so aufrechterhalten, könne das dazu führen, dass die Wahl der Verfassungsrichter „ständig in ein parteipolitisches Gezänk ausartet“, warnte der frühere Gerichtspräsident. Das schade dem Ansehen und der Autorität des Bundesverfassungsgerichts.
Eine mögliche Alternative wäre laut Papier, dass der Wahlausschuss des Bundestags mit seinen zwölf Mitgliedern sich vertraulich auf Personalvorschläge einige, die dann im Plenum zur Wahl gestellt werden. Diese Vorschläge trügen dann nicht „den Stempel eines formellen Parteikandidaten“, sagte er.
Zuletzt war die Wahl von drei neuen Verfassungsrichtern im Bundestag kurzfristig gescheitert. Die Unionsfraktion hatte die bereits mit der SPD vereinbarte Unterstützung für deren Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nicht aufrechterhalten. Diese zog ihre Kandidatur später zurück.
Gescheiterte Richterwahl
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Richterwahl:
Der Schaden bleibt
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Frauke Brosius-Gersdorf:
Eine Haltung, die Respekt abnötigt
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Frauke Brosius-Gersdorf:
Eine radikalisierte Minderheit
Papier war von 2002 bis 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.