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Kanzler Friedrich Merz trifft am Dienstag den kanadischen Premierminister Mark Carney. Auch Kanadas EU-Beitritt könnte wieder Thema werden.
Berlin – Am 26. August 2025 um 8 Uhr empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den kanadischen Premierminister Mark Carney mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. Das berichtet die Bundesregierung in einer Presseankündigung für den Event. Das Treffen findet zu einem brisanten Zeitpunkt statt: Kanada leidet massiv unter Donald Trumps aggressiver Zollpolitik und sucht nach Alternativen zur einseitig wahrgenommenen Abhängigkeit von den USA.
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In dem gemeinsamen Gespräch werden laut Bundesregierung „die Vertiefung der bilateralen Beziehungen sowie aktuelle außen- und wirtschaftspolitische Themen im Mittelpunkt stehen“. Doch hinter dieser diplomatischen Formulierung verbirgt sich eine hochbrisante Situation: Kanada und Carney kämpfen mit den Folgen von Trumps Handelskrieg.
Chance für Deutschland? USA haben 35-Prozent-Zölle auf kanadische Exporte verhängt
Die USA haben seit August 2025 pauschale 35-Prozent-Zölle auf nahezu alle kanadischen Exporte verhängt. Besonders hart getroffen sind Stahl- und Aluminiumprodukte mit Zöllen von bis zu 50 Prozent. Diese protektionistische Politik zielt darauf ab, Kanada zu Zugeständnissen bei einer Neuverhandlung des Freihandelsabkommens zwischen dem Land und seinem Nachbarn, den USA, zu zwingen. Unter diesen Vorzeichen dürfte das Treffen Carneys mit Merz in Berlin besondere Bedeutung erhalten.
Ohnehin ist Kanada europäischer als manches Mitglied der Europäischen Union.
Denn vor diesem Hintergrund gewinnt ein Vorschlag des ehemaligen deutschen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) neue Brisanz. Gabriel hatte vorgeschlagen, Kanada die Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) anzubieten – „vielleicht nicht voll integriert wie alle anderen, aber vielleicht teilweise“, so Gabriel gegenüber der Zeit. „Ohnehin ist Kanada europäischer als manches Mitglied der Europäischen Union“, fügte Gabriel hinzu.
Kanada blickt als Antwort auf Trumps Zollpolitik Richtung Europa, Deutschland könnte profitieren
Gabriels Vorschlag ist nicht aus der Luft gegriffen: Kanada reagiert bereits mit einer aktiven Diversifizierungsstrategie auf Trumps Zollpolitik. Die Exporte in Länder wie Deutschland, die Niederlande, Japan und Australien wurden deutlich ausgeweitet, wie aus einer Untersuchung des Branchendienstes „Germany Trade and Invest“ hervorgeht.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und der kanadische Premierminister Mark Carney bei G7-Gipfel 2025 in Kanada. © LUDOVIC MARIN/afp
Doch das Treffen zwischen Merz und Carney in Berlin ist auch aus weiteren Gründen bedeutend. Einer davon ist die Tatsache, dass der von Trump los getretene Zollstreit mit Kanada deutschen Unternehmen neue Chancen eröffnet. Kanada könnte künftig verstärkt deutsche Produkte importieren – insbesondere Maschinen, die bisher überwiegend aus den USA bezogen wurden.
Rund die Hälfte ihres Maschinen- und Ausrüstungsbedarfs decken kanadische Unternehmen traditionell über US-Lieferanten. Auch bei Kfz-Teilen, elektronischen Geräten und chemischen Erzeugnissen könnten deutsche Anbieter entstehende Lücken schließen. Deutschland gilt dabei als verlässlicher Partner mit hoher technologischer Kompetenz und stabilen Handelsbeziehungen.
Treffen zwischen Merz und Carney zentral für transatlantische Beziehungen
Unterdessen sind die Auswirkungen von Trumps Außenhandelspolitik für Kanada bereits jetzt dramatisch. Laut der Royal Bank of Canada können die US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Kanada in den nächsten beiden Jahren vollständig zunichtemachen. Es droht eine Stagnation 2025 und ein Rückgang um bis zu 2 Prozent 2026.
Das Treffen zwischen Merz und Carney könnte somit wegweisend für die künftigen transatlantischen Beziehungen werden. Während Trump Kanada als „51. Bundesstaat“ verhöhnt und Ex-Premier Trudeau als „Gouverneur“ bezeichnete, bietet Europa eine Alternative zur einseitigen Abhängigkeit von den USA. (dil)