Die Maler sind noch bei den letzten Pinselstrichen und ein weiterer Umbau der Konferenzräume steht noch bevor – nach acht Monaten umfassender Renovierungsarbeiten hat das ehemalige Hotel Zeller in Königsbrunn seine Metamorphose zu „Zeller´s Quartier“ fast vollzogen. Herzstück des gekonnt modern gewordenen Traditionshauses, das jetzt von stiller Eleganz und wohltuender Farb- und Formensprache geprägt wird, ist das „Cervus“ (lat. „Hirsch“) – ehemals „Zum Goldenen Hirschen“. Es zählt sonst nicht zu unseren Gepflogenheiten, eine Gastronomie schon kurze Zeit nach der Eröffnung zu besuchen – aber die Neugier hatte gesiegt und – was soll man sagen – wir wurden mit einem Essenserlebnis belohnt, das uns vor Begeisterung regelrecht glücklich machte und keinerlei „Anfangsschwierigkeiten“ offenbarte. Aber der Reihe nach…

Ambiente ★ ★ ★ ★ ★

Eine bayerische Brasserie? Das wirft erstmal Fragen auf. Wie soll man den Chic, der sich irgendwo zwischen detailverliebt geschmackvollem Interieur und augenzwinkerndem Industrial Design-Flair bewegt, beschreiben? Es ist einfach verblüffend schön. Und witzig zugleich. Punkt. Vom superbequemen Designerstuhl über die umgekehrt von der Decke sanftes Licht verbreitenden Stehlampen bis hin zum Bierfilzle-Himmel im Barbereich – jeder kann hier wohl selbst seinen Lieblingsblickfang entdecken und dabei ins Schmunzeln oder Staunen kommen.

Essen ★ ★ ★ ★ ★

„Kulinarik inspiriert von der Via Claudia Augusta“ – das klingt zunächst vielleicht nach Marketing-Sprech; dahinter stecken bayerische und schwäbische Traditionsgerichte, Südtiroler Leckereien und eine Prise italienische Lebensfreude. Aber: Das ist bei weitem nicht alles! Schon der erste Blick in die Speisekarte verrät, dass hier kreativen Interpretationen größtmöglicher Spielraum eingeräumt wird. Wir starteten mit dem fein gewürzten Wildtatar „Wild & Wiese“ (13,50 €) auf knusprigem Rösti und Schwarzbrot-Chip sowie einer „Bayerischen Ceviche“ (14,50 €). Die marinierten Häppchen aus heimischen Gewässern, verfeinert mit Kräutern und Zitrusfrüchten, boten fruchtiges Fischvergnügen pur. Das Tatar – exquisit und einzigartig im Geschmack. Und auch die Komposition „Ei love Rote Beete“ (9,50 €) – Bio-Stundenei mit Rote-Beete-Creme, Kartoffelknusper und sautierten Pfifferlingen – trug eine unverwechselbare Handschrift des harmonischen Geschmacks. Als Hauptgericht entzückte der „Saibling auf Reisen“ (25,50 €) mit kreativer Zusammenstellung aus zart gebratenem Filet mit Taglioni, japanisch inspiriertem Dashi Beurre Blanc und frischem Blattspinat. Der in Dunkelbier eingelegte, knusprig gegrillte aromatische Allgäuer Schweinebauch beim „Schweinsbraten 78“ (18,50 €) definierte ein Traditionsgericht völlig neu. Die dazu gereichten Tiroler Schlutzkrapfen und lauwarmes Kimchi-Blaukraut sorgten für zusätzlichen „Wow-Effekt“. Der „Rostbraten-Rebell“ (26,50 €), Rinderrückensteak mit hausgemachten Spätzle, Pak Choi, Röstzwiebeln und Rotwein-Schalottenjus hob den tradtionellen Zwiebelrostbraten geschmacklich ebenfalls auf ein sensationelles Niveau. Kreativ auch das süße Finale: das „Bieramisu“ (5,- €) mit feinem Bieraroma.

Trinken im Cervus ★ ★ ★

Neben Paulaner-Gerstensaft gibt´s zum Glück auch einige Traditionsbiere und Brauspezialitäten aus dem Hause Riegele. Vermisst haben wir eine eigene Weinkarte; vermutlich kommt sie aber noch. Von der auch offen ausgeschenkten kleinen Weinauswahl wählten wir einen sommerlich-knackigen Riesling Kabinett vom fränkischen Weingut Max Markert, die Flasche zu fairen 21,- €.

Service und Fazit ★ ★ ★ ★ ★

Professionell, unaufgeregt souverän, herzlich – das ist Service wie aus dem Bilderbuch! Gabi Dreisbach und Gudrun Mitzel, die Urenkelinnen der Gasthofgründerin Josefa Oswald, zeigen mit ihren Gastgeberfamilien, wie ein traditionsreicher, im Jahr 1919 entstandener Betrieb mit Herzblut erfolgreich in die Zukunft geführt wird. Bravo und „Servus Cervus – wir kommen gerne wieder!“

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