Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat die harsche Kritik des Grünen-Politikers Robert Habeck an seiner Person mit ebenfalls scharfen Worten gekontert.
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„Ich werde weiterhin mit Freude bayerische Weiß- und fränkische Bratwürste essen“, sagte Söder der „Bild“-Zeitung am Dienstag. Er bezog sich damit auf Aussagen Habecks im Gespräch mit der „taz“, wonach „dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder (…) ja keine Politik“ sei.
Dem Grünen-Politiker zufolge würden solche Aktionen von den Gründen ablenken, „die Menschen haben können, sich nicht gesehen und nicht mitgenommen zu fühlen.“
Zugleich hatte Habeck in dem Interview am Montag seinen Rückzug aus dem Bundestag angekündigt. Dabei übte er scharfe Kritik an Vertretern der Union – insbesondere an CSU-Chef Söder und der jetzigen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU).
In seiner Reaktion wünschte Söder dem ehemaligen Grünen-Vorsitzenden „viel Glück außerhalb der Politik“ – um dann hinterherzuschieben: „Denn in der Politik war er ja sehr erfolglos!“
Dem Bericht zufolge sagte Söder in Richtung Habeck zudem: „Geh mit Gott – Hauptsache, weit weg.“ Dabei handelt es sich um eine Aussage, die einmal mehr das seit langem angespannte Verhältnis der beiden Politiker verdeutlicht.
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Habeck avancierte nicht erst im vergangenen Wahlkampf zum Lieblingsgegner der CSU. Immer wieder überzogen sich die beiden Spitzenpolitiker auch persönlich mit wechselseitigen Vorwürfen und Attacken.
Habeck will nun „forschen, lehren und lernen“
Nun kündigte Habeck seinen Rückzug aus dem Bundestag an. Der frühere Vizekanzler und Wirtschaftsminister erklärte: „Ich habe an diesem Montag dem Bundestagspräsidium mitgeteilt, dass ich zum 1. September mein Bundestagsmandat zurückgeben werde.“
Robert Habeck bei der 212. Bundestagssitzung.
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Als Grund nannte Habeck den Wunsch nach Distanz zum politischen Alltag in Berlin: „Für mich stellen sich die Dinge so dar, dass ich Abstand zu dem zu engen Korsett des Berliner Politikbetriebs gewinnen muss; auch, um erst mal wieder zu empfangen und nicht gleich weiterzusenden, wie die letzten Jahre. Man sagt, wo eine Tür zugeht, geht auch eine auf. Ich glaube, man muss auch manchmal eine zuziehen, damit eine neue aufgeht.“
Sein Rückzug aus dem Bundestag sei aber „kein Rückzug aus dem politischen Diskurs“ oder von seiner Partei, stellte Habeck klar. „Wenn ich glaube, Interessantes beitragen zu können, werde ich das sagen“, kündigte er an.
Zunächst wolle er aber „an verschiedenen ausländischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen forschen, lehren und lernen“. Habeck bestätigte eine geplante Tätigkeit an der Universität Berkeley in Kalifornien. Als weitere Einrichtung nannte er das Dänische Institut für Internationale Studien in Kopenhagen. Weitere Stationen sollen demnach dazukommen.
Habeck sieht Volksparteien weiter im Abstieg
Zugleich betonte Habeck, dass hinter vielen kulturpolitischen Debatten oft soziale Fragen stünden: „Sorgen um die Sicherung des Lebens, Status, Wohnung, Rente, Einkommen, Löhne, Mindestlöhne, hohe Inflation und ganz allgemein die Zukunft.“
Den Grund für die Fokussierung auf Kulturkampf-Debatten sieht Habeck demnach in der Uneinigkeit der Regierungsparteien bei sozialen Themen. Er erwartet, dass diese Streitigkeiten weitergehen werden.
Mit Blick auf die Zukunft der Volksparteien zeichnete Habeck ein düsteres Bild: „Wenn die Legislaturperiode so weitergeht wie bisher, werden Union und SPD nach der nächsten Bundestagswahl keine eigene Mehrheit mehr haben“, warnte er.
Demnach erwartet er, dass beide Parteien jährlich ein bis zwei Prozentpunkte verlieren könnten. „Die Union kämpft nicht um 30 Prozent, sondern darum, über die 20 zu kommen. Und die SPD kämpft nicht darum, zur Union aufzuschließen, sondern zehn Prozent zu halten“, so Habeck.
Heftige Habeck-Kritik an Klöckner und Spahn
Der Grünen-Politiker sieht einen Mangel an „politisch gewollten demokratischen Alternativen“. Eine schwarz-grüne Koalition sei von führenden Unionspolitikern wie Friedrich Merz, Markus Söder, Jens Spahn und Julia Klöckner „verächtlich gemacht und zerstört worden“.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mit dem Unions-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn,
© Imago/Emmanuele Contini/Archiv
Habeck bezweifelt, dass die aktuelle Bundesregierung einen gesellschaftlichen Konsens repräsentiert. Stattdessen würden vor allem parteipolitische Interessen und Lobbygruppen bedient.
Als Beispiele nennt er die Politik von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, ehemals Landwirtschaftsministerin, und CDU-Fraktionschef Jens Spahn, der noch aus seiner Zeit als Gesundheitsminister in eine Affäre um Maskenkäufe verwickelt ist.
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„Und dass diese Bundesregierung einen Konsens in Deutschland abbildet, das glauben sie noch nicht mal selber. Sie bilden jeweils die parteipolitischen oder die sie tragenden Lobbygruppen ab. Am deutlichsten zu sehen ist das bei Klöckner oder bei Spahn.“
Sie war noch nie in der Lage, Dinge zusammenzuführen. Sie hat immer nur polarisiert, polemisiert und gespalten.
Robert Habeck über Julia Klöckner als Bundestagspräsidentin
Besonders kritisch äußert sich Habeck zur Debatte um die Regenbogenfahne am Reichstag. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hatte das Hissen der Fahne und deren Aufhängen in Abgeordnetenbüros untersagt. Habeck wirft ihr vor, dadurch die Gesellschaft zu spalten – „ob mutwillig oder aus Dämlichkeit“.
Er bezeichnet sie als Fehlbesetzung für das Amt der Bundestagspräsidentin. „Sie war noch nie in der Lage, Dinge zusammenzuführen. Sie hat immer nur polarisiert, polemisiert und gespalten.“ Er bemängelt, dass durch solche Debatten von den „eigentlich realen Problemen“ abgelenkt werde.
Grünen-Fraktionsvorsitzende bedauern Habecks Ausscheiden
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge bedauerten das Ausscheiden Habecks aus dem Bundestag. „Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei Robert Habeck für seine Arbeit“, erklärten sie in Berlin. Dank und Anerkennung äußerten auch die Grünen-Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak.
„Was Robert Habeck in den letzten Jahrzehnten für Deutschland und die bündnisgrüne Partei geleistet hat, ist in Worten kaum auszudrücken“, hoben sie hervor.
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Habeck gehörte seit 2021 dem Bundestag an. In der Zeit der Ampel-Regierung war er Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzler. Zuvor war er seit 2018 Parteichef der Grünen gewesen.
2025 führte er die Grünen als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf. Seine Partei erreichte jedoch nur 11,6 Prozent der Stimmen – ein Rückgang um 3,1 Prozentpunkte. Habeck selbst zog über die Landesliste Schleswig-Holstein erneut in den Bundestag ein. (Tsp/AFP, dpa)