Das Handelsabkommen bringt der EU nur eine kurze Verschnaufpause. Nun verlangen die USA eine bessere Behandlung ihrer Technologiefirmen.

Die USA seien nicht der «Fussabtreter» der Welt: Daher will Donald Trump die «phantastischen» amerikanischen Technologiefirmen besser verteidigen. Die USA seien nicht der «Fussabtreter» der Welt: Daher will Donald Trump die «phantastischen» amerikanischen Technologiefirmen besser verteidigen.

Al Drago / Abaca / Imago

Margrethe Vestager galt bei den amerikanischen Tech-Giganten vor kurzem noch als eine gefürchtete Persönlichkeit. Das «Time-Magazine» bezeichnete die EU-Kommissarin für Wettbewerb als «Googles schlimmsten Albtraum». Während Vestagers Amtszeit, die 2024 endete, musste allein Google wegen kartellrechtlicher Verstösse über 8 Milliarden Euro Bussgelder an die Europäische Union entrichten. Auch Apple, Amazon oder Meta erhielten hohe Strafzahlungen aufgebrummt.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Inzwischen ist die selbstbewusste Haltung der EU gegenüber den US-Techfirmen verschwunden. Sei es beim Thema der Marktdominanz, dem Schutz von Benutzerdaten oder der Besteuerung der Digitalfirmen: Die führenden EU-Politiker befinden sich auf Tauchstation.

Dafür geht US-Präsident Donald Trump umso vehementer in die Offensive. In einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social kündigt Trump «erhebliche» neue Zölle sowie Exportbeschränkungen als Vergeltung für Digitalsteuern an: «Als Präsident der Vereinigten Staaten werde ich mich gegen Länder zur Wehr setzen, die unsere phantastischen amerikanischen Technologieunternehmen angreifen.»

Alle schädlichen Regulierungen in diesen Ländern müssten unverzüglich gestoppt werden, fordert Trump: «Amerika ist weder das ‹Sparschwein› noch der ‹Fussabtreter› der Welt.» Nebst Zöllen droht er damit, die Ausfuhr von Spitzentechnologien und Hochleistungschips zu verbieten.

Frankreich ist besonders exponiert

Trumps Vorstoss richtet sich in erster Linie gegen die Europäische Union – welche erst gerade ein Handelsabkommen mit den USA abgeschlossen hat. Darin konnte die EU-Kommission zwar durchsetzen, dass die digitalen Vorschriften nicht angetastet werden. Die Verordnungen zur Marktmacht digitaler Plattformen sowie zum Datenschutz blieben in Kraft, heisst es in einem Faktenblatt.

Doch ob die EU-Länder dem erneuten Druck aus den USA effektiv standhalten können, muss sich erst noch weisen. Der wichtigste Streitpunkt ist die Digitalsteuer, welche Trump schon länger ins Visier genommen hat. Als Vorreiter hat sich insbesondere Frankreich exponiert. Seit 2019 erhebt das Land einen Steuersatz von 3 Prozent auf digitalen Leistungen wie Online-Werbung, Online-Marktplätzen sowie auf dem Verkauf von Nutzerdaten. Betroffen sind Anbieter mit einem globalen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Jüngst hat die Steuer dem Staat Einnahmen von 785 Millionen Euro eingebracht.

Weitere Länder wie Italien, Österreich und Spanien haben das Modell ebenfalls übernommen. Die Befürworter argumentieren nebst den Steuererträgen mit der hohen, oft monopolartigen Marktkonzentration der US-Anbieter. Anläufe, das Instrument auf EU-Ebene einzuführen, verliefen allerdings im Sand.

Daneben wälzte die EU-Kommission diverse Pläne, um den Ausbau der digitalen Infrastruktur zu finanzieren. Zum Beispiel könnten die grossen Techfirmen mit einer Netzgebühr belastet werden, da sie auch einen erheblichen Teil des Datenverkehrs verursachen. Solche Ideen dürften nun für längere Zeit in den Schubladen verschwinden.

Kanada vollzog eine Kehrtwende

Denn die Erfahrung zeigt, dass Trumps Drohkulisse durchaus wirkt. So hat Kanada diesen Sommer die geplante Einführung einer Digitalsteuer von 3 Prozent in letzter Minute gestoppt. Das Land hatte kaum eine andere Wahl, weil die US-Regierung andernfalls die Handelsgespräche auf Eis gelegt hätte.

Nur kurz nachdem die EU-Kommission eine Einigung mit den USA erzielt hat, steigt die Unsicherheit also bereits wieder. Einzelne EU-Länder wie Frankreich könnten wegen ihrer Digitalsteuer nun bilateral unter Druck kommen. Ebenso schwächt Trumps Powerplay die Position der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie steht ohnehin in der Kritik, sie habe zu wenig hart verhandelt und vor Trump einen Kniefall begangen.

Der Deal sei zwar nicht perfekt, aber durchaus stark, verteidigte sich von der Leyen. Man habe sich bewusst für «Stabilität und Berechenbarkeit» entschieden. Doch Trumps jüngste Eskalation lässt an dieser Darstellung zweifeln. Dasselbe gilt für die soeben angedrohten neuen Zölle auf importierten Möbeln – so wie der US-Präsident auch andere Sektoren wie Stahl, Halbleiter oder Automobile gezielt vor ausländischer Konkurrenz schützen will.

Zwar kann die EU, im Gegensatz zur Schweiz, wenigstens einen Zoll-Deal vorweisen. Die jüngsten Äusserungen Trumps zeigen aber, dass selbst ein solches Abkommen keine weiteren Angriffe verhindern kann. Die Zeiten, als EU-Politiker wie Vestager den USA den Tarif durchgaben, sind definitiv vorbei.