Kiel. Lange galt die Stadtbahn unter den Parteien als Gemeinschaftswerk. Doch seit die Kieler CDU im Januar ihre Unterstützung aufgekündigt und zuletzt einen sofortigen Stopp der Stadtbahn-Planungen gefordert hatte, war eines absehbar: Das Hunderte Millionen Euro teure Mobilitätsprojekt wird zum Wahlkampfthema bei der anstehenden Oberbürgermeister-Wahl. Dazu passt, dass sowohl CDU/FDP als auch die SPD einen Verkehrskongress organisiert haben – mit sehr unterschiedlichen Ausrichtungen.

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Den ersten Aufschlag machen die Kieler Christdemokraten und die FDP. Mit einer großen Ankündigung: Ihr OB-Kandidat Gerrit Derkowski möchte am Samstag, 6. September, um 10 Uhr seinen Plan von der Zukunft der Mobilität in Kiel vorstellen. Im Kieler Musiculum, Stephan-Heinzel-Straße 9, werde er seine ÖPNV-Vision präsentieren, verspricht Derkowski.

OB-Kandidat Gerrit Derkowski stellt Pläne für Mobilität in Kiel vor

„Wir werden die Mobilität nicht neu erfinden, aber es gibt Alternativen zur Stadtbahn, die viele nicht auf dem Radar haben”, sagt Derkowski. Dazu zähle etwa das S-Bahn-Projekt Kiel, das im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen fest verabredet ist.

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Diese Ausweitung des Nahverkehrs soll nach 2030 umgesetzt werden und Kiel mit den umliegenden Gemeinden verbinden. „An dem Trassenverlauf der Stadtbahn ist erkennbar, dass die S-Bahn gar nicht mitgedacht wurde“, behauptet Derkowski, der sich für die Reaktivierung bestehender Gleise starkmachen will.

Gleichzeitig soll in seinem Konzept das Wasser eine zentrale Rolle spielen. Vor allem autonome Fähren sieht Derkowski als einen entscheidenden Faktor. Weitere Details will er noch nicht nennen. Nur so viel: „Ich war nie ein Stadtbahn-Gegner, im Gegenteil. Doch die Kosten sind mit jeder Schätzung gestiegen – das hat mich zum Nachdenken gebracht.“ Für die Menschen in Kiel habe das Thema ebenfalls eine hohe Priorität: „Die erste Frage, wenn ich Wahlkampf mache, ist immer: Was ist mit der Stadtbahn?“

Mobilitätskongress: Wirtschaftsminister Madsen in Kiel vor Ort

In Themenworkshops und bei einem Diskussionspanel will der ehemalige NDR-Moderator mit den Gästen des Kongresses ins Gespräch kommen. Auch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) werde vor Ort sein.

Die erste Frage, wenn ich Wahlkampf mache, ist immer: Was ist mit der Stadtbahn?

Gerrit Derkowski

OB-Kandidat von CDU und FDP

Damit will die Kieler CDU die Kritik entkräften, sie lehne zwar die Stadtbahn ab, habe aber keine alternativen Vorschläge, wie die Mobilität der Zukunft in Kiel aussehen könne.

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SPD Kiel setzt nicht auf ihren OB-Kandidaten, sondern auf Themen

Zwei Wochen später will die SPD-Ratsfraktion mit einem „Kieler Verkehrskongress“ die Zukunft der Mobilität beleuchten. In ihrer Einladung nennt sie kein einziges Mal den Begriff Stadtbahn. Auch ihr OB-Kandidat Ulf Daude taucht auf der Liste der Redner nicht auf.

Stattdessen haben SPD-Fraktionsvorsitzende Christina Schubert und Verkehrsexperte Jürgen Fenske, von 1998 bis 2000 selbst SPD-Fraktionschef, ein Programm gestaltet, das lokale und bundesweite Fachleute zu Wort kommen lässt. Diese werden am Samstag, 20. September, von 10 bis 15 Uhr im Kieler Ratssaal den Blick über Kiel hinaus richten: etwa wie Nürnberg und Hamburg Verkehrspolitik und Stadtentwicklung gestalten.

Podium bietet unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Mobilität in Kiel

Malte Gertenbach, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates der Industrie- und Handelskammer zu Kiel, erläutert zudem die Anforderungen der Wirtschaft an die städtische Verkehrspolitik. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) zeichnet indessen den Weg zu einer modernen Mobilität. Zum Abschluss diskutieren Alke Voß (Stadträtin für Mobilität), Christian Plambeck (ADAC-Vorstandsmitglied), Prof. Björn Christensen (Präsident der Fachhochschule Kiel) und Frederik Meißner (Verkehrsclub Deutschland Kiel).

Jürgen Fenske hat wie Derkowski einen Sinneswandel bezüglich der Stadtbahn hinter sich – nur andersrum: „Als zu meiner Zeit über eine Straßenbahn diskutiert wurde, war ich skeptisch, und glaubte nicht daran, dass sich das für Kiel lohnen wird.“ Doch das aktuelle Gutachten der Planer Ramböll überzeuge ihn wegen der „bemerkenswerten Qualität und Ergebnisoffenheit“, sagt Fenske. Für ihn sei dies angesichts der Fördermöglichkeiten von Bund und Land ein „historischer Zeitpunkt”, um eine Stadtbahn zu bauen.

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Der ehemalige Geschäftsführer der Regionalbahn Schleswig-Holstein und Autokraft erzählt, dass er überrascht gewesen sei, wie wenige Menschen in Kiel den ÖPNV nutzen – nur elf Prozent. „Damit liegt Kiel im unteren Drittel in Deutschland“, sagt Fenske. Seine Schlussfolgerung: „Wo es Angebote gibt, steigen die Menschen um.“ Das sieht Christina Schubert genauso: „Es ist eine Kernaufgabe der Stadt, ein gutes Mobilitätskonzept zu haben.“

Anmeldungen zu den SPD-Veranstaltungen sind per E-Mail an spd-ratsfraktion@kiel.de oder unter Tel. 0431/9012527 sowie für die Veranstaltung mit Gerrit Derkowski per E-Mail an wahl@gerrit-derkowski.de möglich.

KN