Wer das Live-Tracking zum Start der dritten Etappe im Ocean Race Europe verfolgt hat, der traute seinen Augen kaum: Während sechs der sieben Boote am Dienstagnachmittag zunächst den kürzesten küstennahen Kurs zum ersten Wertungstor wählten, riskierte Team Malizia einen einsamen und ausgiebigen Leestart mit Abstecher auf See. Boris Herrmann und Crew kamen gut zurück, musste die Bonuspunkte aber anderen überlassen.

Was die Teams im Ocean Race Europe auch versuchen: Wenn die Punkte verteilt werden, ist es stets Team Biotherm, das die maximale Beute einheimst. So war es auch an diesem Dienstagnachmittag wieder, als es kurz nach dem Start zur dritten Etappe von Cartagena nach Nizza bereits durchs erste Wertungstor beim Breitengrad von Cabo de Palos ging.

Ocean Race Europe: Team Malizia riskiert was…

Zum Auftakt hatten zunächst Boris Herrmann, Cole Brauer, Francesca Clapcich und Loïs Berrehar auf “Malizia – Seaexplorer” mit einem weiten Schlag auf See für einiges Aufsehen gesorgt. Boris Herrmann erklärte den interessanten Schachzug von See: “Wir hatten einen wirklich schönen Rechtsdreher auf der rechten Kursseite und mehr Wind. Es war eng und hätte auch zu unseren Gunsten ausgehen können.”

Live! Hier geht es zum Tracker und den Zwischenständen auf Etappe drei.

Stattdessen heimste – wie bislang immer – wieder Paul Meilhats französische Renndominatorin “Biotherm” die zwei Bonuspunkte fürs erste Boot am Wertungstor ein. Einen Bonuspunkt sicherte sich nach Angaben der Rennleitung Team Paprec Arkéa (Frankreich), auch wenn der Tracker es zunächst anders und zugunsten von Team Holcim-PRB hatte aussehen lassen.

Die als fünftes Boot ging nach Ambrogio Beccarias Team Allagrande Mapei Racing “Malizia – Seaexplorer” durchs Wertungstor und blieb – wie die anderen Boote auf den Plätzen drei bis sieben – ohne Bonuspunkte. Hier geht es zum Zwischenklassement im Ocean Race Europe nach zwei Etappen und drei frühen Wertungstoren.

“Biotherm” dominiert Ocean Race Europe

Nach Nizza hatten die «Ocean’s Seven» am frühen Dienstagabend noch zwischen 656 und 661 Seemeilen zu absolvieren, lagen kaum vier Seemeilen auseinander. Im französischen Etappenhafen wird die Flotte voraussichtlich am Freitag eintreffen. Das Gesamtklassement führt bei der zweiten Auflage des Rund-Europa-Rennens über insgesamt fünf Etappen und ein abschließendes Kurzrennen im Zielhafen Boka Bay (Montenegro) Team Biotherm (25 Punkte) vor Team Arkéa Paprec (18 Punkte) und Team Malizia (13 Punkte).

Allerdings greift ab dem Ende der laufenden dritten Etappe die Jury-Entscheidung in Folge der Kieler Start-Kollision zwischen “Holcim-PRB” und dem italienischen Team Allagrande Mapei Racing. Danach erhält das Schweizer Team eine Wiedergutmachung für die verpasste erste Etappe in Höhe der durchschnittlich bei den Etappen zwei bis fünf ersegelten Ergebnisse. Theoretisch haben die Eidgenossen Team Malizia aktuell bereits von Platz drei verdrängt, doch das muss – je nach Etappenverlauf – bis Nizza nicht so bleiben.

„Die ersten 20 Stunden scheinen klar zu sein. Aber dann kommt ein Tiefdruckgebiet auf uns zu. Wir wissen nicht genau, was passieren wird, aber es wird den Zeitplan stark verändern”, hatte “Biotherm”-Skipper Paul Meilhat vor dem Start am Dienstag die komplexe dritte Etappenaufgabe beschrieben.

Dynamische Etappe voraus

Team Biotherm hat bisher eine perfekte Bilanz vorzuweisen und bei allen Wertungen die maximale Punktzahl erzielt. In der laufenden Etappe ist für den Briten Sam Goodchild der Franzose Benjamin Ferré ins “Biotherm”-Spiel gekommen. Der ehemalige Mini-6.50-Segler war bei der 10. Vendée Globe als Sechszehnter und bester Non-Foiler ins Ziel gekommen.

Auch die niederländische “Holcim-PRB”-Skipperin Rosalin Kuiper (NED) erwartete eine „eine sehr dynamische Etappe“ und sagte: „Es wird eine große Herausforderung, da sich ein Tiefdruckgebiet in Richtung Mittelmeer bewegt. Es hängt wirklich davon ab, wie sich dieses System bewegt und wie schnell die Flotte ist.”

Im Team Malizia ist Boris Herrmann nach dem Aussetzen auf Etappe zwei wieder zurück. Auch er erwartete keinen leichten Verlauf der dritten Etappe: „Ich gehe davon aus, dass diese Etappe voller Überraschungen sein wird. Es herrscht große Unsicherheit darüber, wie sich dieses Tief entwickeln wird.”

Das Zentrum dieses Tiefs könnte mit unserem größten Hindernis zusammenfallen – der wunderschönen Insel Mallorca.” Boris Herrmann

Im Detail erklärte der 44 Jahre alte “Malizia – Seaexplorer”-Skipper: “In einem Szenario könnten wir ganz nah an der Nordküste Mallorcas vorbeikommen, aber andere Szenarien führen zu anderen Routen. Bis zum Ende wird es Überraschungen geben.“ Nach dem frischen Start in Winden um 12 bis 17 Knoten werden im Revier über Nacht weiterhin Amwindbedingungen erwartet. Den Crews steht eine anspruchsvolle erste Nacht auf See bevor.

Nächster Stopp: Côte d’Azur

Die Route der dritten Etappe führt die Flotte des Ocean Race Europe an den Balearen vorbei und um die französische Insel Giraglia um nördlich von Korsikas herum nach Nizza. An der französischen Côte d’Azur werden die Spitzenreiter voraussichtlich am 29. August eintreffen.

Replay im Ocean Race Europe! Hier geht es zur Wiederholung des Starts in Etappe drei von Cartagena nach Nizza: