Bärtiger Typ vor schwarzem Hintergrund, hey, ein junger Elmar Gunsch, denkt, wer schon älter ist. Wahlweise und wegen der selbstverliebten Schwarz-weiß-Optik, Himmel, Christian Lindner hat sich aber schon verändert, seit er die schlaflose Elternschaft genießt. Weiße und orangefarbene Schrift jetzt auf dem Plakat, dass dem Außenlebenden im schönen Ludwigshafen im Vorbeifahren die Augenwinkel ritzt. Der Text erschließt sich dann beim seriellen Wiederauftauchen, gleichwohl er auch dann erst einmal keinen Sinn ergibt.
Immerhin, Elmar Gunsch heißt offenbar Jens Peter Gotter, „Der Mann kann“ steht links unter seinem Konterfei – ohne Punkt und Komma. Was, bleibt bis zum nächsten Ampelhalt erst einmal der Fantasie überlassen. Alles. Nichts. Den Geschirrspüler einräumen. Sein Meerschwein föhnen. Doch wohl nicht das, was der eindimensionale Mann sich noch so denkt? Gott oder Gotter sei Dank „prangt“ das Kürzel „SPD“, wenn auch ziemlich klein, am oberen Plakatrand. „21.09. OB-Wahl“ erscheint in einem orangefarbenen Kreisrund. Offensichtlich ist am 21. September in der Stadt, die wir befahren statt bewohnen, eine Oberbürgermeisterwahl anberaumt. Das heißt, der Mann, Gotter, will danach dann können wollen, Klammer auf, was seine beiden Vorgängerinnen Eva Lohse (CDU) und Jutta Steinruck (Ex-SPD) 23 Jahre nicht hinbekommen haben? So wägt man ortsfremd Fragen über Fragen.
Warum der toxische Nebel? Politiker Blettner.Foto: mac
Ist das Dasein umflort von reiner Sinnentleerung? Was eigentlich kann man selbst – außer halbwegs auf einem Bein stehen? Warum liegt auf einem anderen Plakat, das über dem von Gotter hängt, der Brücken-Pylon in einer Art toxischen Nebel? Und warum hat sich Klaus Blettner, der mit dem männlichen Könner aussichtsreichste Kandidat von der CDU und FWG darauf ausgerechnet vor diesem Hintergrund postiert?
Warum nur trägt der lächelnde Herr mit runder Brille ein weißes Hemd, so dass seine Konturen vor dem Hintergrund zu verblassen scheinen? Seine Hände, wie betend vor dem Bauch verschränkt. Sind das hölzerne Armbänder, die sich um sein linkes Handgelenk schlingen? Sein Name steht auf türkisfarbenem Untergrund. Sein Slogan serifenlos auf einem Plaste-und-Elaste-Hellbraun, das an Zeiten erinnert, als Ostdeutschland noch auf dem Staatsgebiet der DDR weste.
Es heißt auf dem Plakat, Klaus Blettner wolle „LU wieder stark machen“ ¬- was folgt, ist ein Punkt. Vielleicht sogar, wie es nie war, ergänzen Kenner des weltberühmten Ernst Bloch, des Ludwigshafener Hoffnungsphilosophen. Worauf hinaus oder wohin Herr Blettner aber will, bleibt schleierhaft.
Zu den Wurzeln, back tot he roots – als die Stadt eine Hemshofwiese war. Zurück in das Jahr 1909, in dem die BASF zusammen mit den Pfälzischen Bahnen spezielle Anhörungsrechte im Stadtrat bei der Erhebung von Gemeindeumlagen genoss. Zurück zu den Zeiten, als Bloch von der „Seestadt auf dem Lande“ schwärmte, die heute – hoffnungslos überschuldet – auf dem Trockenen vor sich hin erodiert. Die Hauptsache, das zumindest lässt sich stark vermuten, wird das ihn machen lassen sein. Was aber? Hat der Mann, der kann, eine Ahnung? Wir jedenfalls wissen es nicht. Nur gut, dass wir sowieso keine Wahl haben.