Braunschweig. Torhüter Alexander Nübel musste an diesem Abend in Braunschweig zwei Rollen spielen: erst den Unglücksraben, dann den Helden. Sein früher Patzer brachte den VfB Stuttgart gewaltig ins Wanken, seine drei gehaltenen Elfmeter retteten den Titelverteidiger das Weiterkommen im DFB-Pokal. Am Ende stand ein 8:7 nach 120 wilden Minuten und einem Elfmeterschießen, das mehr Nerven kostete, als der VfB eingeplant hatte.
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Denn lange sah es so aus, als würde Nübel zum Gesicht des Stuttgarter Scheiterns. In der 6. Minute beinahe ein Eigentor, zwei Minuten später ein haltbarer Fernschuss, den er sich selbst ins Netz lenkte – 0:1, Fehlstart, ratlose Blicke bei den Mitspielern. „Es tat mir extrem weh – für eine Minute“, sagte er später. „Dann habe ich das abgeschüttelt.“ Leicht gesagt, schwer getan.
Ein Torwart zwischen Krise und Comeback
Dass er am Ende dieses Spiels für die Pokalgeschichtsbücher doch der Held dieser Nacht wurde, passt in eine Saison, die für Nübel mehr bereithält als für die meisten seiner Kollegen. Manuel Neuer ist zurückgetreten, Marc-André ter Stegen verletzt, Kevin Trapp nicht mehr erste Wahl: Plötzlich ist die deutsche Torhüter-Hierarchie offen wie seit Jahrzehnten nicht. Für Nübel geht es um alles – die Nummer eins im Verein, die Teilnahme an der WM, vielleicht sogar ein Karriere-Scheitelpunkt.
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Nur: Der Start hätte nicht schlechter laufen können. Im Juli eine Ellbogenverletzung, kaum Training, fehlende Sicherheit. Und dann dieses Spiel in Braunschweig, das ihn zunächst demontierte – und schließlich rettete. Drei Elfmeter parierte er im Shootout, die von Gomez, Marie und Frenkert. Als Assignon den entscheidenden verwandelte, war Nübel Spieler des Spiels, Spieler des Abends, Spieler, den es ohne diesen Abend so vielleicht gar nicht mehr gegeben hätte.
Der VfB und der Geist der Widerstände
Für den VfB war es mehr als nur das Überstehen einer ersten Runde. Es war ein Weiterkommen, das sich wie ein Mini-Titelgewinn anfühlte, gerade nach der verlorenen Supercup-Premiere gegen Bayern und dem verpatzten Liga-Start in Berlin. „Das ist so eine Nacht, die die Mannschaft zusammenschweißt“, sagte Stürmer Ermedin Demirovic, der zwei Tore in der regulären Spielzeit erzielte. „Letztes Jahr hat uns der Pokalsieg schon etwas gegeben. Jetzt kommt so etwas obendrauf – und das nach den letzten Rückschlägen.“
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Ein Pokalerfolg, der letztlich für alle Stuttgarter – vor allem Keeper Nübel – ein Aufatmen brachte. Und so verrückt dieser Abend war, er könnte dem VfB noch nützlich werden. Denn eine Mannschaft, die nach Rückschlägen immer wieder zurückkommt, die nach Fehlern nicht zerbricht, sondern zusammenrückt – die hat im Pokal vielleicht wieder einiges vor.