Duisburg. Die PARTEI hat zwar eine Oberbürgermeister-Kandidatin: Dagmar Schink. Aber die Satirepartei ist in Duisburg auffällig unauffällig – aus einem ernsten Grund.

In Wahlkämpfen laufen Kommunalpolitikerinnen und -politiker der PARTEI oft zu Höchstform auf. In Duisburg forderte die Satirepartei 2020 noch Bierbrunnen, ein Berufskolleg am Marientor-Süd für Sexarbeiterinnen und Rocker (Bums), außerdem die Vereinigung Rheinhausens mit den Niederlanden. Vor den Kommunalwahlen am 14. September aber ist nicht viel zu hören und sehen von der Duisburger PARTEI, sie ist auffällig unauffällig. Sie tritt obendrein nur in neun der 37 Kommunalwahlbezirke an und hat nicht mal hinausposaunt, dass sie mit Dagmar Schink erstmals eine Oberbürgermeister-Kandidatin ins Rennen schickt. Das Verstummen der Partei hat einen ernsten Hintergrund.

Denn Matthias Eidens ist krank und kraftlos. Er hatte den Duisburger Kreisverband der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“, kurz: PARTEI, 2011 ins Leben gerufen; er war als ihr Gesicht und Spitzenkandidat 2020 in den Rat eingezogen. Damals wählten 1596 Duisburger die PARTEI, diese 1,14 Prozent reichten für einen Sitz in der Bürgervertretung. Doch nach einer Corona-Infektion Ende 2022 erkrankte Eidens an Long Covid.

Die PARTEI Duisburg: Aktivposten Matthias Eidens ist schwer krank

Seit Februar 2023 ist er krankgeschrieben, ihm fehlt auch die Kraft, sich ehrenamtlich politisch zu engagieren. „Ich bin nur drei, vier Stunden am Tag fit, danach muss ich mich völlig erschöpft hinlegen“, sagt der 64-Jährige. „Ich bin kraftlos, hab Merk- und Konzentrationsprobleme.“ Er leide unter Post-exertioneller Malaise (PEM), einer für Long Covid-Patienten typischen Symptomverschlechterung nach körperlicher Aktivität oder geistiger Betätigung.

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Das ist besonders bitter, weil sich Eidens und seine Parteifreundinnen und -freunde in der Corona-Pandemie für Infektionsschutz und gegen die Spaziergänge von Verschwörungserzählern und Rechten engagiert hatten, etwa mit „Impfmücken gegen Impflücken“-Demonstrationen. Denn so ist das bei den vermeintlichen Spaßpolitikern: Die satirische Ausrichtung ihrer PARTEI ist mit ernsthaften Kernanliegen verbunden, und oft kommt auch noch Realpolitik dazwischen. „Wenn Politiker nur noch Satire machen, müssen wir Satiriker wohl Politik machen“, erklärte Kabarettist Nico Semsrott als Spitzenkandidat bei der Europawahl 2019 einmal die Mittel der Wahl.

Die PARTEI schickt in Duisburg erstmals OB-Kandidatin ins Rennen

Eigentlich wollte Ratsherr Eidens Duisburg vor dem Untergang retten, doch dann kam Long Covid dazwischen. Zuletzt bildete er mit den verbliebenen Linken eine dreiköpfige Fraktion, aber viele Rats- und Fraktionssitzungen musste er absagen oder abbrechen. Seinen Einsatz konnte der Kreisverband organisatorisch und personell bislang anscheinend nicht auffangen. Der Duisburger Ableger habe zwar etwa 300 passive Mitglieder, aber selbst zu Hochzeiten waren nur 15 Mitglieder engagiert, so Eidens. Zurzeit seien es deutlich weniger.

Eine Reserveliste für den Duisburger Rat konnte die PARTEI nicht bei der Stadt einreichen. Ihre Chancen auf ein erneutes Mandat stehen auch schlecht, weil Kandidatinnen und Kandidaten nur in 14 Wahlbezirken auf dem Stimmzettel stehen. Auch die Online-Wahlentscheidungshilfen „Kommunalwahl-Navi“ und „lokal-o-mat“ fütterte die Partei nicht. Dafür tritt in Duisburg erstmals eine Oberbürgermeister-Kandidatin der PARTEI an:

Dagmar Schink, OB-Kandidatin der Satirepartei Die PARTEI.

„Ich möchte den Wählern noch eine Alternative zur AfD bieten“

Dagmar Schink

OB-Kandidatin der PARTEI Duisburg

Dagmar Schink, 49, ist Erzieherin bei einem freien Träger der Jugendhilfe. Die gebürtige Duisburgerin lebt im „Königreich Duissern“, wie sie sagt, und trat 2014 in die PARTEI ein. Warum sie trotz der Krise ihres Kreisverbandes bei der OB-Wahl antritt? „Ich möchte den Wählern noch eine Alternative zur AfD bieten – vor der fürchte ich mich.“

Dagmar Schink fordert eine Seilbahn für den Kaiserberg und den Abriss der Brücke der Solidarität

Die Kandidatin ist zurückhaltend, noch sei wegen der schwierigen Lage des Kreisverbandes unklar, wie ihr Wahlkampf ausfällt. Trotz der traurigen Entwicklung lässt sich Schink dazu hinreißen, einige kommunalpolitische Forderungen zu formulieren. Sie werde für eine Seilbahn auf dem Kaiserberg kämpfen: „Ich hab einen Hund, und für uns ist es sehr mühsam, da hochzukommen.“ Die in die Jahre gekommene Brücke der Solidarität werde sie im Falle ihrer Wahl abreißen lassen: „Stattdessen setzen wir an der Stelle sehr viele Fähren ein.“

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Viele ihrer alten PARTEI-Wahlplakate und -Materialien haben die Aktiven zuletzt gegen Spenden bei einer Aktion unter die Leute gebracht, darunter etwa Aufkleber mit dem Appell „Rettet den Duisburger Hauptbahnhof – spendet Panzertape“ oder solche mit der Karikatur von Oberbürgermeister Sören Link. „Asozial bleibt asozial“, wird der OB darauf zitiert. Bleibt zu hoffen, dass die Duisburger PARTEI sich erholt und den Akteuren der hiesigen Kommunalpolitik in Zukunft wieder den Spiegel vorhält.