Leipzig. Die Robotik-Forschung verfolgt ein ehrgeiziges Ziel, das irgendwie auch gruselig ist: Im Jahr 2050 sollen Roboter in der Lage sein, gegen die Menschen-Mannschaft zu gewinnen, die dann Fußball-Weltmeister ist. „Es wird vermutlich noch früher passieren“, sagt Jens Wagner, Professor für mobile Robotik an der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK).

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Ein Team aus Wagners Studierenden und Absolventen ist gerade von den ersten „World Humanoid Robot Games“ aus Peking zurückgekehrt. Die „HTWK Robots“ haben von dort den zweiten beeindruckenden Erfolg innerhalb eines Monats mitgebracht: den Vizetitel. Im Juli hatte es beim Robo-Cup im brasilianischen Salvador sogar für den Platz ganz oben auf dem Treppchen gereicht: Weltmeister.

Roboter-Entwicklung enorm beschleunigt

Aus zwei Gründen habe sich die Entwicklung von Robotern zuletzt enorm beschleunigt, sagt Wagner: wegen der großen Fortschritte auf dem Gebiet Künstlicher Intelligenz (KI) und weil sich die Kosten der Roboter-Fertigung „in fünf Jahren gezehntelt haben“.

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Etwa 1,20 Meter groß und 30 Kilogramm schwer ist der Roboter-Typ „Booster T1“, ein neues chinesisches Fabrikat. Erst im April 2025 hat HTWK zwei dieser Roboter erhalten, um mit ihnen zu üben. Momentan sind die beiden Spieler noch auf der Rückreise.

Es kommt ja sowieso auf die Software an.

Jens Wagner

Professor für mobile Robotik an der HTWK Leipzig

Im Roboter-Fußball treten alle Mannschaften mit denselben Modellen an: fünf gegen fünf. Den Unterschied macht die Programmierung. Roboter-Fußball wird auch als „Kampf der Algorithmen“ bezeichnet. 280 Teams aus 16 Ländern nahmen an dem Turnier in Peking teil. Damit in jedem Spiel zehn Roboter auf dem Platz standen, borgte man einander die Hardware. „Es kommt ja sowieso auf die Software an“, betont Wagner.

Seit 2009 nimmt die HTWK an internationalen Roboter-Wettbewerben teil. Bereits 2018 schafften es die Leipziger, Weltmeister zu werden – allerdings mit einem kleineren Modell, dem sogenannten Nao-Roboter. Er verhalf dem HTWK-Team überdies zu acht Vizetiteln. Die für ihn programmierte Software übertrug das Team auf die neue Maschine. Mithilfe von KI brachte man ihr das Laufen, Ausweichen, Aufstehen, Zielen und Toreschießen bei. Auch beim Leipziger Firmenlauf trat einer der beiden Roboter an – trottete den menschlichen Läuferinnen und Läufern allerdings gemächlich hinterher.

Einsätze als Assistenten und Haushaltshilfen

„Natürlich geht es um viel mehr als Fußball“, sagt Faouzi Derbel, HTWK-Prorektor für Forschung und Nachhaltigkeit. „Bewegungsabläufe und räumliche Flexibilität zu koordinieren, hat beispielsweise Potenzial für die Weiterentwicklung industrieller Anwendungen.“

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Robotik-Experte Wagner zufolge sind humanoide Roboter ausschließlich dafür gedacht, um sich in Umgebungen zurechtzufinden, die für den Menschen gemacht sind: Türklinken zu drücken, Schraubenzieher zu drehen, Auto zu fahren. „Oder um schwere Gegenstände in den fünften Stock zu tragen.“ Außer als Assistenten und Haushaltshilfen seien sie etwa in militärischen Einsätzen denkbar.

In Peking taten sich die „HTWK Robots“ mit den „Nao Devils“ der Technischen Universität Dortmund zusammen. In den Vorrunden blieben sie ohne Gegentor. Erst im Finale gelang es einem Team der Pekinger Qinghua-Uni, gegen die Deutschen zu treffen und 1:0 zu gewinnen. „Zahlreiche internationale Medien, darunter allein knapp 30 asiatische Tageszeitungen und sogar CNN berichteten darüber“, erzählt Wagner. Knapp einen Monat zuvor hatten die „HTWK Robots“ in Brasilien gegen eine Mannschaft derselben chinesischen Hochschule noch mit 11:0 gewonnen.

LVZ