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Nicht mit den USA besprochen“, sagt Selenskyj. Er will Russland ins Herz treffen und umgeht Trumps Bevormundung. Seine Hoffnung ruht auf Long Neptune.
Kiew – „Wenn es dem Hersteller gelingt, diese Rakete in nennenswerten Stückzahlen auf den Markt zu bringen, und es sich dabei nicht nur um einen Marketing-Gag handelt, dann wird die Bedeutung eines modernisierten Neptune-Marschflugkörpers, um ehrlich zu sein, deutlich sinken“, sagt Fabian Hoffmann. Den Analysten von der Universität Oslo zitiert aktuell der Kyiv Independent, denn möglicherweise wird Wladimir Putins Invasionsarmee im Ukraine-Krieg jetzt so mächtig eingeheizt wie nie zuvor – bis zum letzten Tropfen Rohstoff.
Ukraine innovativ: Neptune-Drohne jetzt tauglich für einen langen Marsch
Verschiedene Medien berichten, dass die Ukraine ihre Neptune-Drohne jetzt tauglich gemacht hat für einen langen Marsch: Die aufgemotzte Version soll Ziele in 1.000 Kilometern Entfernung treffen können. Gleichzeitig war kürzlich veröffentlicht worden, die Verteidiger hätten neben der Neptune eine neue Drohne entwickelt: Die Flamingo sollte die Leistungen den deutschen Taurus-Marschflugkörper in den Schatten stellen. Allerdings scheint der deutsche Politikwissenschaftler Hoffmann durchaus zurecht zu befürchten, dass hinter der Flamingo zuallererst Propaganda steckt. Mediales Säbelrassen beider Seiten vor allem in den Sozialen Medien ist ein Charakteristikum dieses Krieges. Da macht die Veröffentlichung der „Tiefschlagversion“ der Neptune-Drohne keine Ausnahme, wie der Defense Express verdeutlicht.
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die UkraineFotostrecke ansehen
Am ukrainischen Unabhängigkeitstag, dem 24. August, habe das staatliche Rüstungsindustrieportal Zbroia ein Video veröffentlicht, schreibt das Magazin, „dass die Rakete neben anderen ukrainischen Waffen zu zeigen scheint“. Im Video ist auch nicht die Rede von genau dieser Rakete, „doch ihr Design mit den X-förmigen Klappflügeln lässt kaum Zweifel“, tönt Defense Express. Das Magazin will die Waffe erkannt haben an zusätzlichen Startszenen, die offenbar aus den Jahren 2018 bis 2020 stammen; zu der Zeit, so der Defense Express, sei das ursprüngliche Küstenverteidigungssystem Neptune Schusstests unterzogen worden.
Selenskyj schlägt Trump mit den eigenen Waffen: „Solche Angelegenheiten nicht mit den USA besprochen“
Tatsächlich ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj aktuell in der Not, eine schwierige Lage bestmöglich darzustellen; US-Präsident Donald Trump hat ihn möglicherweise erneut vorgeführt. Zwar hat die Ukraine die Lieferung von mehr als 3.000 ERAM-Marschflugkörpern zugesagt bekommen und ist damit in der Lage, luftgestützte Angriffe auf Ziele in bis zu 450 Kilometern Entfernung zu führen. Aber: Die USA untersagen Angriffe auf das russische Kernland ohne ausdrückliche Genehmigung der USA. Was sich offensichtlich wiederum Selenskyj verbittet, wie ihn die Kyiv Post zitiert. „Derzeit setzen wir ehrlich gesagt unsere Langstreckenwaffen aus heimischer Produktion ein. Und in letzter Zeit haben wir solche Angelegenheiten nicht mit den USA besprochen“, sagte er.
Wenn es möglich ist, 3.000 bis 5.000 dieser (und ähnlicher) Raketen aufzustellen, die innerhalb von 24 bis 48 Stunden einsatzbereit sind und über 25 Prozent der russischen Wirtschaftsleistung zerstören können, wird eine weitere russische Aggression unhaltbar.“
Laut der Kyiv Post habe Selenskyj diese Aussage während einer Pressekonferenz mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney getroffen. Der ukrainische Präsident bemüht sich schon lange um Autonomie in der Nutzung westlicher Waffen, die Russland ins Herz treffen könnten, beispielsweise ATACMS-Raketen (Army Tactical Missile System). Auch auf den Taurus-Marschflugkörper baut die Ukraine; aber genau deshalb wird er der Ukraine verwehrt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte immerhin eingeräumt, die Waffe liefern zu wollen, wenn das mit den verbündeten Nationen koordiniert würde. Was eben vor allem Donald Trump konterkariert. Kürzlich hat die Ukraine behauptet, sie sei auf diese Waffen auch nicht mehr zwingend angewiesen und könnte Langstrecken-Raketen inzwischen selbst herstellen.
Flamingo heiße der neue Langstrecken-Marschflugkörper, dem eine Reichweite von 3.000 Kilometern zugeschrieben wird. Das wäre dann mindestens die dritte schwere Luft-Boden beziehungsweise Boden-Boden-Waffe aus ukrainischer Produktion neben der Palyanitsya-Raketendrohne und dem Neptune-Marschflugkörper. „Heute stammen Schätzungen zufolge 30 bis 40 Prozent der Waffen, die unsere Truppen an der Front einsetzen, aus der Ukraine“, sagte Oleksandr Kamyschin gegenüber Kyiv Independent. Die Neptune soll schon länger bekannt sein, als Modifikation der R-360-Anti-Schiffsrakete; sie soll bis zu 300 Kilometer weit fliegen. Der Long Neptune nun werden 1.000 Kilometer Reichweite zugetraut, auch sie gilt als Waffe für Ziele auf Land.
Putin ist vorgewarnt: „Ihr Auftauchen dürfte für die russischen Streitkräfte keine Überraschung sein“
Eine erste Mission soll sie bereits im März dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen haben: den Beschuss einer russischen Ölraffinerie im Schwarzmeerhafen Tuapse. Mindestens 500 Kilometer habe sie dafür zurückgelegt. Genauere Spezifikationen der Waffe blieben geheim, berichtet Defense Express. Aber das Magazin räumt ein, dass ohnehin lediglich Gerüchte über die Waffe in Umlauf seien: „Sollte die Rakete, wie vermutet, bereits seit März im Einsatz sein, dürfte ihr Auftauchen für die russischen Streitkräfte keine Überraschung sein“, so Defense Express. Offenbar tauchen Langstreckendrohnen jetzt tatsächlich häufiger in Wladimir Putins Blickfeld auf; die Moscow Times (MT) berichtet aktuell von Zeichen des Erfolges bisheriger Langstrecken-Angriffe.
Selenskyjs Hoffnung fliegt hoch: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj blickt zum Himmel, während er am 24. August 2025 vor dem Mariinski-Palast in Kiew auf die Ankunft des kanadischen Premierministers wartet, während die russische Invasion in der Ukraine anhält. Jetzt soll mit der „Long Neptune“ eine weit reichende Rakete produktionsreif sein. © Sergei Supinsky/AFP)
Im „Fernen Osten“, so das Blatt, breite sich Benzinknappheit aus; offenbar das Ergebnis wiederholter Drohnenangriffe der Ukraine auf die Versorgungs-Infrastruktur Russlands. „Russland hat seit Anfang August rund 13 Prozent seiner Ölraffineriekapazität verloren, da ukrainische Drohnen mindestens sieben russische Raffinerien getroffen und vier davon zur vollständigen Schließung gezwungen haben“, so die MT. Als Folge davon müssten Autofahrer in langen Schlangen warten, weil der Treibstoff rationiert würde. Die örtlichen Medien wie IA PrimaMedia führen das Phänomen zwar vorrangig auf Tourismus und Unterbrechungen der Lieferkette zurück, bestätigen aber den Trend.
Ukraine von Trump aufgestachelt: „Privat dazu ermutigt“, Angriffe auf russisches Territorium zu verstärken
„Seit Anfang August herrscht in Primorje ein Mangel an gängigen Benzinmarken, und dieser Trend nimmt mit der Zeit zu. Gab es Anfang des Monats vereinzelte Meldungen aus Anuchino, Arsenjew, dem Tschugujewski-Bezirk und Ussurijsk, so hat das Problem in den letzten Tagen auch Wladiwostok erreicht“, so das Medium über die Situation in der Region, die, getrennt durch das Japanische Meer, Japan gegenüberliegt und an China grenzt. Wie die Financial Times (FT) berichtet hat, habe Donald Trump Selenskyj und die Ukraine „privat dazu ermutigt, ihre Angriffe auf russisches Territorium zu verstärken. Er hat Wolodymyr Selenskyj sogar gefragt, ob er Moskau angreifen könne, wenn die USA ihm Langstreckenwaffen liefere“, wie die FT-Autoren Christopher Miller, Henry Foy und Max Seddon aus einem Kreis von Mitarbeitern beider Regierungschefs erfahren haben wollen.
Flamingo und Long Neptune gelten jetzt also als Mittel der Wahl. Obwohl fraglich ist, welche Produktionskapazitäten die Ukraine aufbieten könne oder ob diese Waffen sogar im Nato-Ausland gebaut werden würden. Thomas Newdick und Joseph Trevithick gehen aber davon aus, dass diese Waffen jeden Teil Zentralrusslands der Ukraine ans Messer liefern sollten – auch Moskau und St. Petersburg, also damit die Zentren von Putins Macht. Die Flamingo könnte vielleicht sogar Sibirien erreichen, so die Autoren von The War Zone. Die Deutsche Welle hatte Anfang 2025 thematisiert, dass die Waffen nur als Massengut einen Sinn entfalteten.
Serhiy Zgurets behauptet, „die Ukraine sollte in der Lage sein, mit Russland Schritt zu halten und jeden Monat 40 bis 50 Raketen zu produzieren“, wie der Chefredakteur des Defense Express der Deutschen Welle gegenüber äußerte. Dabei wäre zu fragen, welche Typen produziert werden könnten oder ob darunter die Produktion kleinerer Drohnen leide. Für den deutschen Analysten Fabian Hoffmann scheint jedenfalls klar zu sein, dass Russland damit in die Defensive zu drängen sei, wie er auf seinem X-Kanal geäußert hat. „Wenn es möglich ist, 3.000 bis 5.000 dieser (und ähnlicher) Raketen aufzustellen, die innerhalb von 24 bis 48 Stunden einsatzbereit sind und über 25 Prozent der russischen Wirtschaftsleistung zerstören können, wird eine weitere russische Aggression unhaltbar.“