Zehn Schlaf-Container hinterm Hauptbahnhof und ein „Nachtcafé“ am Schwanenwall: Mit diesen zwei Neuerungen will die Stadt Dortmund Obdachlose von der Straße holen – zumindest nachts für ein paar Stunden. Bei einer Bilanzrunde nach zwei Jahren „Sonderstab Ordnung und Stadtleben“ hat die Stadt die Ideen jetzt vorgestellt. Es ging dabei aber auch um die gefühlte Unsicherheit in der Innenstadt, um Kriminalität und Drogen und ein härteres Durchgreifen gegen aggressives Betteln.
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Rund 25 Obdachlose campieren regelmäßig auf dem Bahnhofsvorplatz. Für sie und andere Obdachlose, die die Übernachtungsangebote bisher nicht annehmen, stellt die Stadt ab September zehn Container mit Schlafplätzen für bis zu 30 Personen bereit – ausgestattet mit einem Bett, Stühlen und Tisch. Die Fläche an der Treibstraße westlich hinter dem Bahnhof oberhalb der Schützenstraße ist eingezäunt, beleuchtet und durchgängig von einem Sicherheitsdienst bewacht. Die Container seien für eine Person ausgelegt, aber auf Wunsch passen zwei weitere Betten dazu, erklärt Jens Adden von Dortmunder Ordnungsamt: „Einige wollen Privatsphäre, andere bringen einen Freund oder eine Freundin mit. Es gibt ja auch Ehepaare.“ Streetworker sollen die Obdachlosen am Hbf gezielt ansprechen und auf die Fläche losten.
Immer wieder bekommen Obdachlose rund um den Bahnhof Platzverweise, weil sie im Freien schlafen. „Die sonstigen Angebote nutzen sie trotzdem nicht“, weiß Oberbürgermeister Thomas Westphal. „Deshalb haben wir lange darüber nachgedacht, welche zusätzlichen Angebote wir machen können.“ Toleriert werde das verbotene Campieren am Hbf auch weiterhin nicht. Eine zweite ähnliche Fläche ist in Planung.
Nachtcafé am Schwanenwall: Sicherer Raum zum Aufwärmen und Essen
Eine zweite neue Einrichtung ist das „Nachtcafé“ von 22 bis 6 Uhr für bis zu 30 wohnungslose Suchtkranke. Das Café am Schwanenwall neben dem Parkhaus Kuckelke ist vorerst nur in einigen Nächten geöffnet. Sobald genug Personal gefunden sei, könne das Café jede Nacht öffnen, erklärt Michael Schneider vom Gesundheitsamt: „Ziel ist es, das nächtliche Verweilen auf der Straße zu reduzieren.“ Drogen seien nicht erlaubt. Aber das Angebote dürfte einigen Menschen ohne Anlaufpunkt dennoch einiges wert sein: Es ist sicher und warm, es gibt Essen, Trinken, Hygieneartikel, ein Bad, wer Hilfe braucht, bekommt sie dort.
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Schlafplätze gibt es im Café nicht, aber die Notschlafstelle „SW42“ des Sozialen Zentrums ist direkt nebenan. Tagsüber (9 bis 15 Uhr) wird das Lokal schon lange als Hilfsangebot genutzt: Das „Café Flash“ ist eine Anlaufstelle für Suchtkranke – der Standort des neuen Nachtcafés ist in der Szene also seit Jahrzehnten bekannt.
Kontrollen des Sonderstabs: Weniger Kriminalität in der City
So viel zu den neuen Hilfen und Angeboten für Suchtkranke und Obdachlose. Aber was ist mit dem Problem-Bereich rund um das Café Kick neben der Thier-Galerie? Die Stadt wolle schließlich nicht nur Hilfsangebote machen, sondern auch den Kontrolldruck hochhalten, meint OB Westphal: „Wir haben von Anfang an gesagt: Die Belastung für die Menschen ist zu groß durch die Cracksüchtigen – wir müssen dagegenhalten.“
2023 hatten Stadt und Polizei dazu den „Sonderstab Ordnung und Stadtleben“ gegründet. Nach zwei Jahren ziehen die Beteiligten Bilanz. Kurz und knapp zusammengefasst: Nachdem die Zahlen seit 2022 noch gestiegen waren, seien sie 2025 stark gesunken, erklärt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. Die Gesamtkriminalität sei im Vergleich zu 2024 um 13,3% zurückgegangen. Die Zahlen Januar-Juli 2025 im Vergleich zu Januar-Juli 2024 (gerundet):
- 13% weniger Raubdelikte
- 28% weniger Ladendiebstahl
- 14% weniger Taschendiebstahl
- 27% Sachbeschädigungen
- 17% Straßenkriminalität insgesamt
- 11% Gewaltkriminalität insgesamt
- 13% Gesamtkriminalität
Aggressives Betteln: 250 Euro oder Ersatzhaft
Allerdings habe das Problem mit aggressivem Betteln massiv zugenommen, erläutert Ordnungsdezernent Norbert Dahmen. Deshalb hatte die Stadt vor ein paar Monaten eine Bettelverbotszone etabliert: Wer hier permanent auffalle, müsse ein Zwangsgeld zahlen – oder komme in Ersatzzwangshaft. Das sei dieses Jahr schon über 100 Mal passiert, so Dahmen. Einen Fall hebt er besonders hervor: Binnen eines Jahres sei eine Person über 100 Mal durch Bettelei aufgefallen. Zahle er jetzt seine Strafe von 250 Euro nicht, müsse er für 12 bis 25 Tage in Haft. „Ein Vorgang, der in anderen Städten eher ungewöhnlich ist“, so Dahmen. „Aber wir setzen mit dem Verwaltungsrecht das durch, was der Bürger von uns erwartet: Sicherheit und Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten.“
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