Er ist gekommen, um zu bleiben: In Hamburg breitet sich der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) aus. Wie die Umweltbehörde bestätigt, hat sich die nicht heimische Art inzwischen in vier Gewässern im Norden der Hansestadt angesiedelt.
Der Naturschutzbund (Nabu) stuft den Sumpfkrebs als „problematischen Neozoen“ (invasive Tierart) ein. In der EU steht der Allesfresser auf der Liste „invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“ – heißt: Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die weitere Verbreitung zu verhindern. Das bis zu 15 Zentimeter große Krabbeltier – auch als Louisianakrebs bekannt – verdrängt einheimische Arten, ist Träger eines gefährlichen Pilzes und unterhöhlt ganze Uferbereiche.
Massenwanderung auf Berliner Straßen
Berlin, Hessen und Baden-Württemberg haben solche negativen Erfahrungen bereits gemacht. 2017 alarmierte eine Massenwanderung der Exoten über Straßen im Bereich Berlin-Tiergarten die Öffentlichkeit. In der Hauptstadt wurden seither Hunderttausende Exemplare eingefangen – ausrotten ließ sich der Zuwanderer allerdings nicht.
Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs wird zu 15 Zentimeter lang.
Foto: imago stock&people
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In Hamburg ist der Sumpfkrebs, der ursprünglich aus dem Südosten der USA stammt, erstmals 2012 im Hummelsee im Stadtteil Hummelsbüttel festgestellt worden – nur rund einen Kilometer von der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein entfernt. Mittlerweile gibt es Vorkommen auch in drei benachbarten Gewässern in Hummelsbüttel, wie der Senat auf eine CDU-Anfrage mitteilt.
Wie viele Louisianakrebse durch Hamburg krabbeln, ist den Behörden aber unbekannt. Der Umfang der Bestände lasse sich „nicht seriös schätzen“. Gefangen wurden in den betroffenen Gewässern bislang knapp 2000 der Tiere.
CDU-Umweltpolitiker Sandro Kappe.
Foto: CDU-Fraktion Hamburgische Bürgerschaft
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CDU-Umweltexperte Sandro Kappe verfolgt die Entwicklung mit Sorge. Sollte der Neuling in weitere Hamburger Gewässer vordringen, seien „erhebliche ökologische und wirtschaftliche Schäden“ zu erwarten. Kappe verweist darauf, dass der Rote Sumpfkrebs in anderen Bundesländern große Mengen heimischer Flusskrebse vernichtet habe. Der Eindringling fresse Laich und Jungfische, was am Oberrhein lokale Fischbestände stark reduziert habe.
In solchen Erdlöchern verkriecht sich der Amerikanische Sumpfkrebs. In anderen Ländern haben die Tiere ganze Uferbereiche unterhöhlt.
Foto: imago stock&people
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Obendrein destabilisierten die Tiere Uferbereiche, weil sie dort Gänge graben. Und schließlich: Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs übertrage einen Pilz, der die sogenannte Krebspest auslöse – die für europäische Krebsarten tödlich verläuft.
Die Verantwortlichen in der Hansestadt müssten aktiver gegen die Ausbreitung der fremden Spezies vorgehen, drängt Kappe. Allein das Zählen und vereinzelte Abfischen reiche nicht: „Diese Zurückhaltung ist riskant: Einmal großflächig etabliert, lässt sich der Sumpfkrebs praktisch nicht mehr ausrotten.“
Diese invasiven Arten sind in Hamburg und Schleswig-Holstein ein Problem
Die Umweltbehörde nimmt den Eindringling „sehr ernst“, wie Sprecher Alexander Fricke versichert. Seit 2023 bestehe ein Kooperationsprojekt mit der Universität Hamburg, um die Bestände in zwei Angelgewässern zu verringern. Dort würden monatlich für ein bis zwei Nächte etwa 70 Reusen gestellt, um Tiere abzufangen. Ergebnisse zum Erfolg der Maßnahme lägen allerdings nicht vor.
Beliebtester Speisekrebs weltweit
Krebspest und die Vernichtung anderer Krebse durch den Neubürger spielten in der Hansestadt dagegen eine „untergeordnete Rolle“, beruhigt der Sprecher. Denn: „Es gibt in Hamburg keine anderen Flusskrebsarten.“ Immerhin erwägt die Stadt mittlerweile – nach dem Vorbild Bremens – eine weitergehende Abwehrmaßnahme. Fachleute prüfen, in einem der betroffenen Gräben dauerhaft eine Fangreuse aufzustellen.
Für den Menschen stellt der Rote Amerikanische Sumpfkrebs keine Gefahr dar. Im Gegenteil: Procambarus clarkii ist essbar und der mit Abstand meist gezüchtete Süßwasserkrebs der Welt. Und so hat sich ein Berliner Restaurant-Betreiber die Invasion auf seine Weise zunutze gemacht: Er fing die Eindringlinge ein und setzte sie auf die Speisekarte.