Werden Mietshäuser saniert, birgt das Konfliktstoff. Der Mieterverein Stuttgart erklärt, welche Pflichten Vermieter haben und dass sie „unterschiedlich rücksichtsvoll“ sind.

Der fortschreitende Klimawandel macht die Energiewende immer dringlicher. Ein entscheidender Faktor sind dabei energetische Sanierungen von Wohngebäuden. Ob Wärmepumpen, besser isolierte Fenster oder eine neue Dämmung – das Thema betrifft längst nicht nur Eigenheimsbesitzer.

In Städten wie Stuttgart befindet sich viel Wohnraum in der Hand von großen Immobilienunternehmen oder Genossenschaften. Wenn die sich entscheiden, ein Gebäude zu sanieren, werden die darin lebenden Mietparteien meist vor vollendete Tatsachen gestellt. Ralf Brodda kennt das Konfliktpotenzial, das in solchen Fällen steckt. Der Geschäftsführer des Stuttgarter Mietervereins weiß, was bei Sanierungen auf Hausbewohner zukommen kann – und welche Pflichten Vermieter haben.

Wie blickt der Mieterverein Stuttgart auf Sanierungen?

Der Bedarf an energetischen Sanierungen steigt – daran lässt Ralf Brodda keine Zweifel. „Inzwischen erkennen viele Menschen, dass das dringend notwendig ist“, sagt der Geschäftsführer des Stuttgarter Mietervereins. Argumente dafür seien sowohl der Klimaschutz als auch die Energiekosten. Gleichzeitig stellt Brodda klar: „Für viele Mieter ist das eine Riesen-Belastung.“

Welche Belastungen für Mieter können auftreten?

Wie sehr die Sanierung eines Gebäudes seine Bewohner beeinträchtigt, hängt vom Ausmaß der Arbeiten ab. Insbesondere bei Mehrparteienhäusern falle die energetische Sanierung häufig mit einer Grundsanierung zusammen, sagt Ralf Brodda. Was das bedeuten kann, zeigt ein Fall in Stuttgart-Weilimdorf. Dort leiden Mieter im Zuge einer monatelangen Baustelle unter dem ständigen Lärm, Schmutz und mangelnder Privatsphäre.

Außerdem seien Vermieter „unterschiedlich rücksichtsvoll“, sagt Brodda. Wenn zum Beispiel der Austausch von Fenstern für den Winter angesetzt werde, mache dies den Mietern das Leben noch schwerer. Ab und zu sei auch das Verhalten von Arbeitern ein Problem, wobei Brodda einordnet: „Der Standard ist schon, dass die Handwerker viel Rücksicht auf die Bewohner nehmen.“

Steht dem Mieter eine Ersatzwohnung zu?

Immobilienunternehmen und Genossenschaften bieten den Mietern eines zu sanierenden Gebäudes häufig an, in eine andere Wohnung ihres Bestandes zu wechseln. Eine Alternative zu einem solchen dauerhaften Umzug ist es, auf Kosten des Vermieters vorübergehend in einer Ersatzwohnung oder in einem Hotel unterzukommen. Allerdings muss stets im Einzelfall entschieden werden, ob den Mietern eine solche Möglichkeit zwingend zusteht. „Das ist eine Frage der Zumutbarkeit“, sagt Ralf Brodda.

Ist längst zu einem Symbol für energetische Sanierungen geworden: die Wärmepumpe. (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa

Vieles liegt dabei im Ermessensspielraum. Wenn beispielsweise in einer Wohnung ein Bad saniert wird, können behelfsmäßige Duschen und Toiletten auf dem Baustellengelände Abhilfe schaffen. Brodda sagt jedoch: „Meine persönliche Meinung ist, dass Badcontainer außerhalb des Gebäudes eigentlich nicht zumutbar sind.“ Festgelegte Kriterien gibt es dafür allerdings nicht.

Wie hoch ist die Mieterhöhung durch Sanierungen?

Üblicherweise geht eine energetische Sanierung mit einer Mieterhöhungen einher. Dabei gelten allerdings gesetzliche Beschränkungen. So darf der Vermieter maximal acht Prozent der Kosten für die Sanierung auf den Mieter umlegen. Nach oben hin ist dieser Betrag gedeckelt. Wenn die Quadratmeter-Miete bislang unter sieben Euro lag, darf sie nach der Sanierung um höchstens zwei Euro pro Quadratmeter steigen. Bei einer Quadratmeter-Miete von mehr als sieben Euro ist ein Anstieg von drei Euro das Maximum.

Ralf Brodda fordert: „Die Kosten sollten vernünftig zwischen Mietern, Vermietern und dem Staat aufgeteilt werden. Denn häufig spart man trotz der Sanierung keine zwei Euro pro Quadratmeter an Heizkosten ein.“

Welche Pflichten haben Vermieter bei Sanierungen?

Zunächst einmal muss der Vermieter mindestens drei Monate vor Beginn einer Sanierung ankündigen, wie lange die Arbeiten dauern werden und wie sie sich auf Miete und Betriebskosten auswirken werden. Wer sich die neue Miete nicht leisten kann, hat nun die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. „Wenn der Mieter das glaubhaft darstellen kann, muss der Vermieter das berücksichtigen“, sagt Brodda. Allerdings gilt dabei eine Frist von einem Monat ab Eingang der schriftlichen Sanierungsankündigung.

Brodda weist außerdem darauf hin, dass Mieter nicht dazu verpflichtet sind, Wohnungen, Keller oder Dachböden für eine Sanierung eigenhändig auszuräumen. Er erklärt: „Alles, was mit solchen Arbeiten in Zusammenhang steht, muss der Vermieter selbst erledigen. Die Mieter haben das lediglich zu dulden.“

Grundsätzlich rät Brodda den Hausbesitzern zu einer verständnisvollen Kommunikation. Seine Erfahrung: „Wenn man Menschen eine Maßnahme gut erklärt, ertragen sie relativ viel.“