Kirchen in Bayern sind schon oft beschädigt worden: aufgebrochene Opferstöcke, umgestoßene Kerzenständer und Heiligenstatuen, zertrümmerte Glasscheiben, Schmierereien – Vandalismus in allen möglichen Erscheinungsformen. Zudem: Einbrüche und Diebstähle. Im Bistum Regensburg weiß man von Kirchenräumen, in die uriniert, und von Madonnenfiguren, die geköpft wurden. Im Bistum Eichstätt kam es seit 2015 zu zwei Brandstiftungen. Und erst im Juli klaute ein laut Polizei halbnackter Mann ein Altarkreuz aus einer Bamberger Kirche.

Schlagzeilen über die Pfarreiengemeinschaft Vöhringen im Bistum Augsburg hinaus machte eine Reihe von Kirchenschändungen. Unter anderem die Pfarrkirche „Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz“ in Bellenberg war mit Graffiti verschandelt worden, die „Beleidigungen gegen den Glauben, die Kirche und die Polizei“ enthielten, erklärte das Bistum im März 2017. Der damalige Augsburger Bischof verfügte deren sofortige Schließung und nahm gut einen Monat später einen seltenen Sühneritus vor, um Altar und Wände symbolisch reinzuwaschen und Gott darum zu bitten, „zu heilen, was verwundet ist“.

Es gebe einen „zunehmend tabulosen“ Vandalismus in Gotteshäusern

Für die in der katholischen „Freisinger Bischofskonferenz“ vertretenen sieben bayerischen Diözesen samt der Diözese Speyer, die aus historischen Gründen dazu gehört, sind Sachbeschädigungen und Vandalismus sowie Einbrüche und Diebstähle kein neues Phänomen. Das gilt auch für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern. Auf Anfrage berichten die Sprecher und Sprecherinnen von geringen Fallzahlen, die sich angesichts der Zahl Tausender Kirchengebäude relativierten; in der Diözese Regensburg beobachtet man gleichwohl, dass „die Vorfälle von Vandalismus in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben“. Umfassende eigene oder zentrale Statistiken werden meist nicht geführt.

Die Diözese Speyer, die im vergangenen Jahr 28 Fälle von Einbruch/Diebstahl und acht Fälle von Sachbeschädigung/Vandalismus registrierte, erläutert: „Die Fallzahlen blieben über die letzten Jahre ähnlich, es lässt sich keine klare Zu- oder Abnahme erkennen.“ Bestätigt wird das von einer Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur unter allen Landeskriminalämtern. Demnach lag die Zahl der aktenkundig gewordenen Fälle 2024 und 2023 bundesweit jeweils im mittleren vierstelligen Bereich. Belastbar sind die Zahlen unter anderem aufgrund unterschiedlicher Erfassungskriterien nicht. Sie sind weder vollständig noch vergleichbar, Schlüsse lassen sich aus ihnen also kaum ziehen.

Mit Weihwasser besprengte der damalige Augsburger Bischof Konrad Zdarsa im Jahr 2017 die Wände der verunstalteten Bellenberger Kirche, um sie symbolisch reinzuwaschen.

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Mit Weihwasser besprengte der damalige Augsburger Bischof Konrad Zdarsa im Jahr 2017 die Wände der verunstalteten Bellenberger Kirche, um sie symbolisch reinzuwaschen.
Foto: Roland Furthmair (Archivbild)

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Mit Weihwasser besprengte der damalige Augsburger Bischof Konrad Zdarsa im Jahr 2017 die Wände der verunstalteten Bellenberger Kirche, um sie symbolisch reinzuwaschen.
Foto: Roland Furthmair (Archivbild)

Und doch scheint sich etwas zu verändern. Matthias Kopp hat darauf vor wenigen Tagen mit drastischen Worten hingewiesen. Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller 27 (Erz-)Bistümer, prangerte einen „zunehmend tabulosen“ Vandalismus in Gotteshäusern an. „Seit etwa 2015“ sei die Zahl der Delikte zwar nur leicht angestiegen, doch die Täter gingen immer brutaler vor. Ausdrücklich widersprach er inzwischen der Deutung, die sich in sozialen Medien verbreitet hat, dies habe mit dem Zustrom muslimischer Flüchtlinge zu tun. Die Motive der Täter sind, soweit bekannt, höchst verschieden. Eines der Motive: Verärgerung über den Umgang der Kirche mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs. Wie 2016 in Würzburg, als in der Kiliansgruft der Neumünsterkirche – der Grabeskirche der Frankenapostel – Wände und eine Statue mit Farbe beschmiert wurden.

Mit einer ungewöhnlichen Aktion reagierte die Pfarreiengemeinschaft Augsburg-Oberhausen/Bärenkeller auf Schmierereien an einer ihrer Kirchen. Sie stellte Plakate mit witzigen und nachdenklich stimmenden Sprüchen auf.

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Mit einer ungewöhnlichen Aktion reagierte die Pfarreiengemeinschaft Augsburg-Oberhausen/Bärenkeller auf Schmierereien an einer ihrer Kirchen. Sie stellte Plakate mit witzigen und nachdenklich stimmenden Sprüchen auf.
Foto: Marcus Lechner, PG Augsburg-Oberhausen/Bärenkeller

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Mit einer ungewöhnlichen Aktion reagierte die Pfarreiengemeinschaft Augsburg-Oberhausen/Bärenkeller auf Schmierereien an einer ihrer Kirchen. Sie stellte Plakate mit witzigen und nachdenklich stimmenden Sprüchen auf.
Foto: Marcus Lechner, PG Augsburg-Oberhausen/Bärenkeller

„Insgesamt ist zu beobachten, dass der Respekt vor kirchlichen Gebäuden, vor kirchlichen Handlungen, vor dem, was den Gläubigen heilig ist, abnimmt“, sagt ein Sprecher der Diözese Würzburg. Sein Regensburger Kollege spricht von „blinder Zerstörungswut“ und ergänzt: „Sicher ist es auch ein mittlerweile fehlender Bezug zum christlichen Glauben, der die Täter oder Täterinnen dazu führt, solche Handlungen zu begehen.“

Videoüberwachung und mehr: Gemeinden setzen verstärkt auf Schutzmaßnahmen

Pfarreien und Kirchengemeinden in Bayern versuchen, das Vandalismus-Problem teils mit verstärkten Schutzmaßnahmen in den Griff zu bekommen. So werden Kirchen, gerade in ländlichen Räumen, nur mehr zu bestimmten Zeiten geöffnet. Gittertüren trennen Kirchenschiffe von den weiter zugänglichen Vorräumen. Kirchenpfleger machen Rundgänge. Es gibt Videoüberwachung, und wertvolles Inventar wird besonders gesichert. Das Bistum Augsburg führt die Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren auf seinem Gebiet „keine signifikante Zunahme“ an Fällen feststellen musste, auch zurück auf die „diversen Sicherheitsmaßnahmen, die seitens der Kirchenstiftungen vor Ort ergriffen und laufend verfeinert werden“. Ungewöhnlich reagierte eine Augsburger Pfarreiengemeinschaft 2022 auf Schmierereien an einer ihrer Kirchen. Sie platzierte vor dieser Plakate, eines mit dem Spruch: „Wer schreibt denn heute noch an die Wand, schreibt uns doch auf Insta!“

  • Daniel Wirsching

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