Heute beginnt der deutsch-französischen Ministerrat in Toulon. Vorher haben die Staatschefs beider Länder Einigkeit demonstriert. Wenn es um konkrete Erwartungen an das Treffen geht, bleiben sie aber vage.
Im Hafen von Toulon ist es ruhig. Viele französische Touristen verlassen die Stadt an der Côte-d’Azur in diesen Tagen wegen des Ferienendes. Entlang der zentralen Avenue de la République hängen jede Menge französische Fahnen, aber mit dem deutsch-französischen Ministerrat in Toulon hat das nichts zu tun, versichert Blandine, Kellnerin im Bistrot du Port an der Hafenpromenade:
„Ich glaube, sie haben die Fahnen seit Maria Himmelfahrt einfach hängen lassen.“ Dass es einen deutsch-französischen Gipfel in Toulon gibt, nein, davon weiß sie nichts, aber sie müsse auch viel arbeiten und interessiere sich nicht so für Politik.
Erstes Treffen im Sommersitz
Der deutsch-französische Ministerrat wird heute in Toulon unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf einer Festung am Cap Brun stattfinden, wie der Ort im Osten der Stadt genannt wird. Festungen gibt es einige rund um den historischen Militärhafen Toulon, den Heimathafen des französischen Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“.
Schon am Vorabend des Ministerrates trafen sich Friedrich Merz und Emmanuel Macron auf einer historischen Felsenfestung zwischen Toulon und Saint-Tropez. Der Bundeskanzler durfte Gast am Sommersitz der französischen Präsidenten, dem Fort Brégançon, sein.
Ernüchterung nach Besuch beim US-Präsidenten
Zu Beginn einer Arbeitssitzung im malerischen Garten des Forts bei schwüler Meeresluft musste Bundeskanzler Merz zunächst auf den Krieg in der Ukraine zurückkommen. Zum ersten Mal sprach er in dieser Deutlichkeit aus, was offensichtlich geworden ist.
Es sei eine „Tatsache, dass es offensichtlich nicht zu einem Treffen zwischen Präsident Selenskyj und Präsident Putin kommen wird, anders als es zwischen Präsident Trump und Präsident Putin in der letzten Woche verabredet war, als wir gemeinsam in Washington waren.“
Der Blick von Friedrich Merz geht rüber zu Emmanuel Macron. Merz und Macron hatten sich nach ihrem gemeinsamen Besuch beim amerikanischen Präsidenten Trump noch optimistisch gezeigt, dass es bald zu Verhandlungen kommen könnte.
Viel Atmosphäre, wenig Konkretes
Seite an Seite präsentierten sich Merz und Macron auch auf dem Fort Brégançon. Und der Bundeskanzler raffte sein bestes Französisch zusammen, um seinem Freund Emmanuel minutenlang für die Einladung zum Abendessen auf dem schönen Mittelmeer-Fort zu danken.
Merz und Macron – atmosphärisch scheint das gut zu passen. Aber die beiden wissen, dass sie langsam auch Ergebnisse liefern müssen.
Ankündigung von „Leuchtturmprojekten“
Im Hinblick auf den deutsch-französischen Ministerrat am Folgetag bemühte sich der französische Präsident um die Aufzählung konkreter Fortschritte. Die Arbeit der Minister-Teams und viele bilaterale deutsch-französische Treffen hätten es möglich gemacht, dass beim Ministerrat „acht strategische Dokumente“ auf den Weg gebracht werden könnten.
Es gebe auch „rund zwanzig Leuchtturmprojekte“. Nur welche das genau sind, ließ Emmanuel Macron offen. Das heikle Thema der gemeinsamen Entwicklung eines Kampfjets der neuen Generation unter dem Kürzel FCAS wird beim Ministerrat in Toulon wohl eher ausgespart werden, heißt es auch in den nationalen Delegationen.
Treffen im Schatten der Regierungskrise
Immerhin zehn Minister auf jeder Seite sollen an den Beratungen in der südfranzösischen Hafenstadt Toulon teilnehmen. Aber viele der französischen Gesprächspartner könnten schon ab übernächste Woche nicht mehr im Amt sein.
Wegen der aktuellen Regierungskrise in Frankreich hat Premierminister François Bayrou angekündigt, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Die Erwartungen an diesen ersten deutsch-französischen Ministerrat nach Antritt der Merz-Regierung werden in beiden Delegationen deswegen stark zurückgefahren.