„Wir wollen heute über die Rolle der Oper in Wuppertal sprechen. Wie sieht es da aus, Frau Rota?“, will WZ-Kulturredakteurin Monika Werner von ihrer Gesprächspartnerin Rebekah Rota wissen. Sie ist Intendantin der Wuppertaler Oper und zu Gast im WZ-Podcast „Wie ich’s gern hätte“.
„Ich würde gerne damit anfangen, wie ich die Rolle der Oper überhaupt sehe“, antwortet Rota. „Dafür müssen wir uns fragen, warum es Oper überhaupt gibt. Wir Menschen tragen starke Emotionen in uns und müssen diesen Ausdruck verleihen. Es ist ein Erlebnis, bei dem sich Menschen daran besinnen sollen, was es heißt, Mensch zu sein“, sagt sie. „Das Erhabene ist das Gefühl, das wir versuchen, dem Publikum in der Oper als Geschenk zu geben – dass sie nach diesem Erlebnis befreit herausgehen. Sich verbunden fühlen, das Gefühl haben, etwas Größeres erlebt zu haben. Die Hoffnung ist, dass das zur Gesundheit unserer Gesellschaft beiträgt. Denn vielleicht fühlt man sich dann mehr als Mensch als vorher.“
„Ein großer Anspruch“, stellt Werner fest. „Inwieweit spielt er im Alltag eine Rolle?“ Rota sagt, es sei Teil ihrer Aufgabe, sich „ständig daran zu erinnern und es als Orientierungspunkt zu nutzen“. „Das ist der Standard, nach dem ich meine Entscheidungen treffe: Kommen wir näher an das Ziel heran oder entfernen wir uns?“ Diese Aufgabe sei aber nicht einfach – als Intendantin wird man „täglich mit so vielem konfrontiert“.
„Nun gibt es Zwänge finanzieller Natur“, wirft Werner ein. „Jedes Jahr die Frage, ob die Zukunft der Bühnen sicher ist. Wie kriegt man das umgesetzt, wenn die Oper so etwas Großes bewirken soll?“ Man müsse sich natürlich an die finanziellen Vorgaben halten, sagt Rota. „Das ist auch die große Kunst. Auf der einen Seite ist Oper eine ganz große Kunstform, die nur mit entsprechenden Ressourcen stattfinden kann: Wir brauchen Orchester, Bühne, Kostüme, Maske, Chor, Solisten. Das gehört alles dazu, aber wir versuchen, so ökonomisch zu denken wie möglich. Auch wir haben das Problem, dass die Fixkosten steigen. Wenn das Budget gleich bleibt, haben wir also weniger Geld zur Verfügung – so wird es von Spielzeit zu Spielzeit weniger. Wir können nur im Bereich der Kunst selbst kürzen.“
Oper nicht als Kunstform
der Elite sehen
Doch Rota sieht noch weitere Ungewissheiten: „Alle unsere Verträge gehen nur bis 2028. Für mich ist da ein großes Fragezeichen, was danach passiert.“ Dazu vermisst die Opern-Intendantin klare Bekenntnisse aus der Politik, statt nur leerer Worte. „Wir sind so dünn besetzt, wie es nur geht, von vorne bis hinten. Wir können eine Sinfonie nicht schneller spielen, um Geld zu sparen. Eine ‚Salome’ können wir nicht mit weniger Menschen besetzen.“
Weniger Premieren? Eine Option. Allerdings lässt der Bedarf nach, wenn man anfängt, abzubauen. Dabei sei es wichtig, Menschen mit der Oper zu erreichen. „Das ist für mich das Wunderbare. Wir sprechen etwas Existenzielles und Zeitloses an. Es muss aber in einem Rahmen stattfinden, der den Menschen mit seinen heutigen Bedürfnissen und Sorgen anspricht“, sagt Rota. „Es ist wichtig, dass wir wegkommen vom Verständnis der Oper als Kunstform der Elite.“ Denn das bedeute, dass Menschen ausgeschlossen werden. Die Oper sei vielmehr eine „anspruchsvolle“, aber für jeden zugängliche Kunstform, bei der man sich etwas bemühen müsse. Nicht in allen Kulturkreisen ist die Kunstform Oper so bekannt, merkt die Redakteurin an. „Deshalb bieten wir verschiedene Formate mit niedrigschwelligem Zugang an“, erklärt Rota, etwa Musicals. Auch ein Stück zum Elefanten Tuffi ist in Arbeit, auf dessen Premiere sie sich freut.
Werner schwenkt noch einmal zur Politik über. Was genau wünscht sich die Intendantin? „Vertrauen – in uns und die Kunstform, die wir betreuen. Was mich frustriert, ist dieses langsame Aussterben, statt eine starke Position einzunehmen und zu sagen: ‚Wir sind am Ende, wir können uns das nicht mehr leisten.‘“ Dazu wünscht sich Rota mehr offene Gespräche. „Wenn man nie in den Dialog kommt, können Vermutungen und Ängste wachsen.“
Nun steht erst einmal die neue Spielzeit an, in die Rota „voller Freude“ reingeht. Los geht’s am morgigen Sonntag, um 20 Uhr mit einem Opernkonzert auf dem Laurentiusplatz.