KI in der Endoskopie: Chefarzt der Klinik für Innere Medizin Dr. Ulrich Bauser (re.) und Pflegefachleitung der Endoskopie Michel Scholten-Buhro zeigen Klaus Lehmgrübner, wie künstliche Intelligenz bei der Darmspiegelung unterstützt (Foto: St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln)
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Viersen. Blut im Stuhl: für viele Menschen eine beängstigende Vorstellung, bei der nicht wenige sofort an Darmkrebs oder andere schwere Darmerkrankungen denken – insbesondere dann, wenn sich die Betroffenen in einem Alter jenseits der 50 Jahre befinden. So wie der 66-jährige Klaus Lehmgrübner, den eine blutige Stuhlprobe bei einer hausärztlichen Untersuchung in diesem Jahr ins St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln führte. Der Viersener erhielt in der Klinik für Innere Medizin, geführt von Chefarzt Dr. Ulrich Bauser, einen schnellen Termin zur Abklärung durch eine Darmspiegelung. „Ich habe mich nicht sonderlich verrückt gemacht, aber man macht sich in dieser Situation aufgrund des Alters schon Gedanken und Sorgen um die eigene Gesundheit“, sagt Lehmgrübner.

Diese Sorgen kennt der erfahrene Mediziner Dr. Bauser aus den täglichen Gesprächen mit seinen Patientinnen und Patienten gut. Daher nimmt er sich bereits vor den Untersuchungen ausreichend Zeit, um das genaue Vorgehen zu besprechen und offene Fragen zu klären – etwa zum Thema Künstliche Intelligenz. Denn seit Anfang des Jahres kann sein Team in der Endoskopie, also dort, wo im Krankenhaus unter anderem die Darmspiegelungen durchgeführt werden, auf einen neuen, hochmodernen Endoskopie-Park inklusive KI-Technologie zugreifen. Das Krankenhaus investierte dafür rund 550.000 Euro. Die KI unterstützt insbesondere beim Aufspüren von risikobehafteten Polypen, wie den sogenannten Adenomen. „Diese zunächst gutartige Polypenform hat das Potenzial zu wachsen und kann im ungünstigen Fall zu einem Dickdarmtumor entarten“, weiß Dr. Bauser. Daher sei die Identifizierung von Adenomen das Hauptziel einer jeden Darmspiegelung, bei der das neue KI-System eine wichtige Rolle spielt.

Während den Untersuchungen analysiert es die mit der Endoskop-Kamera erfassten Darmbereiche, vergleicht die Kamerabilder in Millisekunden mit einer riesigen im Computernetzwerk hinterlegten Datenmenge und zeigt auf dem Monitor an, ob sich auffällige Befunde im Kamerablickfeld befinden. „Die KI ist hierbei eine hilfreiche Ergänzung und unterstützt dabei, die Erkennungsrate von potenziell risikobehafteten Polypen zu erhöhen, indem sie wie ein zweites Augenpaar funktioniert“, erklärt Dr. Bauser. Dabei erkennt die KI kleinste Läsionen von wenigen Millimeter Größe und sogar solche, die sehr flach wachsen – Polypen, die mit bloßem Auge nur sehr schwer zu sehen sind. Sobald die KI einen auffälligen Bereich identifiziert, wird dieser auf dem Kamerabild farbig markiert und vom untersuchenden Arzt per Vergrößerung genauer betrachtet. Die hochauflösenden Bilder in 4K-Qualität bringen kleinste Veränderungen im Millimeterbereich zum Vorschein.

Voraussetzung dafür ist ein sauberer und zuvor gut gespülter Darm sowie eine hohe Rechenleistung des angeschlossenen Computers. Stellt Dr. Bauser während der Darmspiegelung ein Adenom fest, kann er diesen noch während der Untersuchung entfernen und so das Risiko für eine Tumorentstehung beim Patienten mindern. „Je früher wir ein Adenom bei einer Darmspiegelung erkennen, umso geringer ist das Darmkrebsrisiko für den untersuchten Patienten“, so Dr. Bauser. Die Wahrscheinlichkeit bei einer Darmspiegelung eines 50-jährigen Patienten generell Polypen zu entdecken, läge bei bis zu 30 Prozent.

Für Klaus Lehmgrübner bedeutete der KI-Einsatz während seiner Darmspiegelung zusätzliche Sicherheit. Weil er auf eine Narkose verzichtete, konnte er mitverfolgen, wie die neue Technologie Auffälligkeiten in seinem Darm erkennt – als IT-Experte im Ruhestand hat er eine besondere Affinität zur Computertechnik und auch zum Thema Künstlichen Intelligenz. „Es ist klasse, was man alles auf dem Monitor sehen kann und einen Eindruck davon bekommt, wie die KI bei einer solchen Untersuchung arbeitet. Für mich war auch nichts Unangenehmes dabei, ganz im Gegenteil. Der KI-Einsatz gab mir ein zusätzliches Sicherheitsgefühl. Vor allem finde ich gut, dass alles im Vorfeld sehr verständlich erklärt wird“, sagt Lehmgrübner.

Im St. Irmgardis-Krankenhaus kommt die KI inzwischen bei Darmspiegelungen regelmäßig zum Einsatz. Einer, der ersten war Klaus Lehmgrübner, dessen Untersuchung ohne schwerwiegenden Befund blieb. „Blutiger Stuhl kann viele Ursachen haben und bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Darmerkrankung vorliegt. Es können auch harmlose Ursachen dazu führen, dass Blut in den Stuhl gerät. Trotzdem sollte in dieser Situation immer ein Arzt aufgesucht werden und eine abklärende Untersuchung erfolgen“, rät Dr. Bauser. Der Chefarzt legt die Vorsorgeuntersuchung insbesondere Menschen ans Herz, in deren Familien bereits eine Darmkrebserkrankungen aufgetreten ist und weist auf eine neue Regelung hin: „Seit diesem Jahr können auch Frauen ab 50 Jahren eine kostenfreie Darmspiegelung in Anspruch nehmen. Zuvor war dies für Frauen erst ab 55 Jahren möglich.“