1. Startseite
  2. Frankfurt

DruckenTeilen

Der Wohnungsmarkt in Frankfurt bleibt angespannt. Hohe Neubaupreise, kaum Leerstand und zu geringe Einkommensanstiege bringt Haushalte an die Belastungsgrenze.

Frankfurt – Frankfurts Mietmarkt steht weiter unter Hochdruck – und doch fällt die Lage im europäischen Vergleich weniger dramatisch aus, als es die tägliche Wohnungssuche vermuten lässt. Der neue „Residential Report Deutschland 1. Halbjahr 2025“ von BNP Paribas Real Estate zeigt: Deutschland gehört mit einer durchschnittlichen Mietbelastung von rund 20 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens zu den erschwinglicheren Wohnungsmärkten in Europa. In Großbritannien liegt der Durchschnittswert bei 34 Prozent, in Spanien bei 27 Prozent, in Frankreich und Österreich bei jeweils 23 Prozent

NeubauviertelFür Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen wird das Leben in der Stadt immer teurer. © Sebastian Gollnow

Für Frankfurt selbst zeichnet der Report das Bild eines extrem engen Markts. Die marktrelevante Leerstandsquote lag zuletzt bei nur 0,1 Prozent – gemeinsam mit München der niedrigste Wert unter den A-Städten und deutlich unter der „Fluktuationsreserve“ von 3 Prozent, die als Minimum für einen funktionierenden Markt gilt.

Angebotsknappheit – Neubaupreise in Frankfurt bleiben hoch

Eine Fluktuationsreserve ist ein kurzfristiger Leerstand von Wohnungen oder Gewerbeflächen, der durch normalen Mieterwechsel entsteht. In den Top-Sieben-Städten liegt der Leerstand (mit Ausnahme von Düsseldorf) generell unter 1 Prozent. Als A-Städte gelten in Deutschland Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.

Preistreiber Nummer eins bleibt die Angebotsknappheit. In Frankfurt stiegen die Angebotsmieten im Mittelwert im Bestand seit Jahresbeginn spürbar um 6 Prozent auf 16,15 Euro pro Quadratmeter. Im Neubau gab es dagegen eine Atempause: Die mittlere Angebotsmiete sank leicht um 1 Prozent auf 20,85 Euro pro Quadratmeter – eine Beruhigung nach kräftigen Anstiegen in den Vorjahren.

Eine Reise um die Welt: Alle Partnerstädte von Frankfurt in BildernDie ukrainische Stadt Lwiw ist erst seit Mai 2024 Partnerstadt von Frankfurt.Fotostrecke ansehen

Auch der Blick auf Deutschland insgesamt unterstreicht den Trend: Im ersten Halbjahr 2025 legten die Bestandsmieten in A-Städten und Hochschulstädten im Schnitt um 4 Prozent zu, in Großstädten sogar um 5 Prozent; Mittelstädte kamen auf plus 3 Prozent.

Besonders im Neubausegment verschieben sich die Relationen zwischen den Großstädten: Hamburg überholte im ersten Halbjahr Frankfurt und Berlin und rangiert mit 22,40 Euro pro Quadratmeter hinter München mit 24,50 Euro als zweitteuerster Neubau-Standort; Frankfurt steht bei 20,85 Euro, Berlin bei 20,90 Euro. Für Mieter in der Mainmetropole bedeutet das: Die Neubaupreise bleiben hoch – wenn auch aktuell stabiler –, während sich der Druck im günstigeren Bestand stark erhöht.

Frankfurter Haushalte an der Belastungsgrenze

Welche Folgen hat das an Ort und Stelle? Eine aktuelle Untersuchung des Frankfurter Maklerhauses Immoconcept meldet, dass in der Mainmetropole die Mieten schneller zulegen als die durchschnittlichen Einkommen. Geschäftsführer Bernd Lorenz spricht von einer „hohen Wohnkostenquote insbesondere bei Neuvermietungen“, die Haushalte zunehmend an die Belastungsgrenze bringe.

Demnach stiegen die inserierten Mieten 2024/25 in Frankfurt im Bestand um knapp 6 Prozent, im Neubau um 8 Prozent. Überproportionale Zuwächse gab es ausgerechnet in bislang günstigeren Quartieren: Riederwald (plus 9,45 Prozent), Höchst (plus 8,07 Prozent) und Unterliederbach (plus 7,72 Prozent).

Das Preisgefälle in der Stadt bleibt aber deutlich: Immoconcept sieht das höchste Niveau im Westend-Süd bei 17,95 Euro pro Quadratmeter und das Niedrigste in Harheim bei 11,47 Euro pro Quadratmeter.

Strukturell erklärt der BNP-Report den Preisauftrieb mit einem Nachfrageüberhang, eingebrochenen Fertigstellungszahlen und hohen Gestehungskosten – Faktoren, die kurz- bis mittelfristig für weiter steigende Mieten sprechen, vor allem dort, wo kaum neue Wohnungen auf den Markt kommen. Für Frankfurt nennt der Report zudem die Aussicht sinkender Fertigstellungen als Argument für anhaltenden Mietdruck.

Zur Einordnung gehört auch die Einkommensseite. Bundesweit zeigen die Daten von BNP Paribas Real Estate einen positiven Zusammenhang zwischen Einkommens- und Mietanstieg seit 2015 – in vielen Top-Städten legten die Mieten jedoch schneller zu als die Einkommen, besonders stark in Berlin und Leipzig; eine Ausnahme bilden Dortmund und Dresden, wo die Einkommen etwas stärker stiegen. Für Frankfurt lässt sich daraus ableiten: Solange das Angebot knapp bleibt und Zuzug sowie Haushaltszahlen hoch sind, werden Einkommenszuwächse die Mietdynamik voraussichtlich nicht vollständig abfedern.

Keine sinkenden Mieten erwartet: Frankfurter Wohnungen bei Investoren gefragt

Auch aus Investorensicht bleibt Frankfurt gefragt – trotz Zurückhaltung am Transaktionsmarkt. Für das erste Halbjahr 2025 weist der Report ein Investitionsvolumen von rund 135 Millionen Euro im Wohnsegment aus. Das ist nicht die Preisspitze unter den A-Städten, signalisiert aber, dass die Marktteilnehmer auf stabile Cashflows setzen – ein Indiz dafür, dass von kurzfristig stark sinkenden Mieten kaum jemand ausgeht.

Unter einem Cashflow versteht man in der Wirtschaft eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, bei der Einzahlungen und Auszahlungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums einander gegenübergestellt werden und dadurch Aussagen zur Innenfinanzierung oder Zahlungsfähigkeit ermöglichen.

Besonders Haushalte mit mittlerem Einkommen stehen unter Druck

Was bedeutet das für die Stadtgesellschaft? Erstens verschärft sich die Verteilungssituation: Weil die Bestände im mittleren Preissegment knapp sind, weichen Suchende in die äußeren Stadtteile aus – genau dort steigen die Mieten nun überdurchschnittlich. Zweitens steigen die Einstiegshürden bei Neuvermietungen, was Zuzug erschwert und Umzugs- und Veränderungsbereitschaft bestehender Mieter hemmt. Drittens geraten Haushalte mit niedrigerem und mittlerem Einkommen unter Druck, die 30-Prozent-Marke zu halten.

Gleichzeitig relativiert der europäische Vergleich die Debatte: Im Durchschnitt bleibt Wohnen in Deutschland und Frankfurt– trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Hindernisse – erschwinglicher als in mehreren Nachbarländern. Allerdings bilden solche Querschnittswerte nicht die Realität einzelner Quartiere ab; Nebenkosten- und Energiekomponenten, die in Haushaltsbudgets zusätzlich stark wiegen können, werden im BNP-Report nicht separat als Mietbelastungsfaktor ausgewiesen – hier bleiben Detailfragen offen.

Frankfurt erlebt damit eine „neue Normalität“ mit dauerhaft engem Markt, starkem Bestands-Preisdruck und nur kurzzeitig beruhigten Neubau-Mieten. Solange Fertigstellungen niedrig bleiben und der Leerstand faktisch bei null verharrt, wird sich das für viele Mieter als höhere Wohnkostenquote bemerkbar machen – besonders beim Umzug. Das bestätigen sowohl der „Residential Report Deutschland“ von BNP Paribas Real Estate als auch die aktuelle Auswertung von Immoconcept. (Sören Kemnade)

Gegen den angespannten Wohnungsmarkt in Frankfurt bildet sich Widerstand: Ein Bündnis fordert eine Begrenzung der Mietpreisanstiege bei der Wohnungsgesellschaft „Nassauische Heimstätte“.