Die Frankfurter Kunsthalle Schirn muss wegen Renovierungsarbeiten ihr Stammhaus am Römer verlassen. An eine Pause denkt sie jedoch nicht. Mit einem pompösen Umzug weiht sie ihr temporäres Zuhause ein
Die Kunsthalle Schirn ist seit ihrer Eröffnung Mitte der 1980er-Jahre in der Frankfurter Altstadt ein Solitär. Sie hat keine Sammlung wie die umliegenden Museen, ihre postmoderne Architektur in gelblichem Naturstein sticht aus der rekonstruierten Fachwerkkulisse heraus, und ihr Programm ist so schnell und wendig wie die Strömungen der Kunstgeschichte selbst.
Von grandiosen Wiederentdeckungen wie den Surrealistinnen bis hin zur Speerspitze der Gegenwartskunst setzt hier ein Kuratorinnenteam genaue Akzente. Jetzt muss das Schirn-Gebäude renoviert werden. Die Belegschaft zieht mitsamt ihrem Programm in eine ganz andere Architektur um, in einen ganz anderen Teil von Frankfurt am Main. Weg aus der Postkartenidylle des Römerbergs, hinein ins traditionell bunte Viertel Bockenheim, das jahrzehntelang von der Goethe-Universität geprägt war und deren alter Campus jetzt neuer Nutzung entgegensieht. In einer ehemaligen Druckerei aus rotem Backstein waren früher die Kunstpädagogen ansässig, jetzt kommt die Schirn hier unter.
Und weil es unter den Experten der Schirn auch große Kompetenz für Performance und öffentlichen Raum gibt, vollzieht sich dieser Umzug als künstlerische Aufführung: Es wird am 7. September eine Parade durch die Innenstadt geben, in Form einer partizipativen Tanzperformance von Sasha Waltz und ihrer Tanzkompanie. Begleitet wird die Improvisation mit dem Titel „In C“ von der Techno-Marching-Band Meute.
Und sofort geht’s weiter
Die Prozession ist schon mehrfach in unterschiedlichen Kontexten realisiert worden, sie basiert auf dem gleichnamigen Werk der Minimal Music von Terry Riley. Das Ensemble von Sasha Waltz setzt sie in variablen Bewegungsfiguren um und bezieht Mitmarschierende mit ein. Getreu dem Programm der Schirn, das sich den demokratischen Prinzipien von Teilhabe und Gleichberechtigung verpflichtet fühlt.
Das neue Ausstellungsprogramm der Schirn startet dann im Laufe des Septembers, zunächst mit Stephanie Comilang ab dem 25. September, gefolgt von einer ersten umfassenden Einzelausstellung von Suzanne Duchamp, die in den 1910er- und 1920er-Jahren zur Entwicklung des Dadaismus beitrug. Ein Highlight der Interims-Zeit wird die große Schau des Frankfurter Künstlers Thomas Bayrle im Februar 2026.