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Nach den offiziellen Zulassungszahlen erlebten wir im ersten Halbjahr 2025 einen regelrechten Boom bei den E-Autos. Doch das lässt sich durch eine stark steigende Kundennachfrage nicht erklären.

München – Die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2025 einen Rekordwert von rund 250.000 Fahrzeugen erreicht, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den Vorjahren darstellt. Trotz des Abgangs von Förderungen wie dem Umweltbonus ist der Elektroanteil auf dem deutschen Markt gestiegen, und Elektroautos sind bei den Neuzulassungen beliebter als Diesel-Fahrzeuge geworden. Doch was steckt wirklich hinter den Zulassungszahlen?

Elektroautos an der LadesäuleKundennachfrage nach E-Autos bleibt schwach (Symbolbild) © NurPhoto/ImagoUneinheitliche Aussagen über die Zulassung von E-Autos

Flensburg – Das Kraftfahrtbundesamt spricht beim ersten Halbjahr 2025 von einem „Rekordhalbjahr“ für die Neuzulassung von Elektro-Pkws. Das will der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) so nicht stehen lassen und verweist darauf, dass die offiziellen Zahlen der geringer werdenden privaten Nachfrage und den stagnierenden gewerblichen Zulassungen widersprechen. Er spricht von einer „Stimulation der Zulassungsstatistik“, hinter der keine reale Kundennachfrage steht. Vielmehr handele es sich bei den steigenden Neuzulassungen um Eigenzulassungen der Hersteller und auch Händler. ZDK-Präsident Thomas Peckhuhn spricht dabei von einem rein statistischen Erfolg, der mit der Realität wenig zu tun hat, denn er sei nicht auf echte Kundennachfrage gebaut.

Laut ZDK-Konjunkturumfrage haben die Bestellungen von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden im Gegensatz zu den steigenden Zulassungszahlen seit Anfang des Jahres sowohl im Privat- als auch im Flottenbereich an positiver Entwicklung verloren. Die Analyse der Zulassungsstruktur des Kraftfahrt-Bundesamtes zeige, dass die Wachstumsraten bei den Zulassungen deutlich überzeichnet sind.

Die Eigenzulassungen der Hersteller und Händler bei E-Autos haben sich im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vergleichszeitraum 2023 mehr als verdoppelt – auf jetzt 65.401 Fahrzeuge. Besonders aktiv sind hierbei die Hersteller, die ihre Eigenzulassungen innerhalb von zwei Jahren vervierfacht haben. Im gleichen Zeitraum sanken die privaten Zulassungen von E-Autos um neun Prozent. Und auch bei den gewerblichen Zulassungen ist ein Rückgang in diesem Zeitraum von 0,8 Prozent feststellbar, wenn man die Eigenzulassungen herausrechnet.

Eigenzulassungen bei E-Autos werden mit System betrieben

Bei einer Eigenzulassung lassen die Autohersteller die produzierten Autos auf sich selbst zu, um sie dann als Dienstwagen, für den eigenen Fuhrpark oder ein Mitarbeiter-Leasing einsetzen. Zusätzlich ködern sie auch durch attraktive Rabattprogramme ihre Händler, ebenfalls E-Autos auf sich zuzulassen, so etwa bei Test- oder Vorführwagen. Wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach gegenüber tagesschau.de ausführte, sei dies ein übliches Prozedere. Allerdings kostet das zumindest die Händler Marge, wenn sie ein bereits zugelassenes Fahrzeug dann später günstiger verkaufen müssen.

Für Verbraucher ist dies allerdings von Vorteil und die Eigenzulassungen kurbeln auch die Nachfrage an, denn E-Autos kommen als „neue“ Gebrauchte somit deutlich günstiger auf den Markt, wie Bratzel weiter erklärte. Durch die Eigenzulassungen werden also quasi „Gebrauchtwagen produziert“ in einer „Rabatt-Aktion durch die Hintertür“, die die Listenpreise unangetastet lässt.

Das große Engagement der Hersteller bei den Eigenzulassungen ist nach Bratzel aber auch aus einem anderen Grund nicht verwunderlich. Die Autohersteller sind nämlich verpflichtet, bis 2027 den CO2-Ausstoß ihrer verkauften Fahrzeuge zu reduzieren, um hohe Strafzahlungen zu vermeiden. Deshalb drängen sie auch darauf, möglichst viele E-Autos zu verkaufen oder zumindest zuzulassen. Nur so können sie die verlangten Flottengrenzwerte erreichen. Dafür brauchen sie einen Anteil von 25 Prozent E-Autos im Verkauf bzw. bei der Zulassung.

Reale Nachfrage bei E-Autos bleibt zu schwach – Politik ist gefordert

Die Entwicklungen bei den Eigenzulassungen sind jedoch für Peckruhn ein klares Warnsignal an die Politik, die die reale Absatzkrise bei den E-Autos nicht wahrnimmt und nur auf die offiziellen Zulassungszahlen schielt. Er fordert gezielte Anreize für Privatkunden, denn Superabschreibungen und höhere Listenpreissätze für die ermäßigte Dienstwagensteuer wirken nur im gewerblichen Bereich.

Gezielte Anreize sind seiner Meinung nach ausschlaggebend, um der Elektromobilität auch im privaten Bereich den notwendigen Anschub in der Nachfrage zu verschaffen. Bratzel sieht im Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur die oberste Priorität. Ferner ist für ihn der Strompreis ein entscheidender Faktor, um eben auch Kundengruppen ansprechen zu können, die ein kleineres Budget haben.

Diese Hauptaufgabenfelder zur Förderung der E-Mobilität werden auch aus Umfragen des ZDK unter den Mitgliedsunternehmen bestätigt. So empfinden vier von fünf befragten Betrieben die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität als unzureichend. Die Kritik wird dabei umso lauter, je größer der Betrieb ist und je mehr Mitarbeiter er hat. Hier wird entschlossenes Handeln von der Politik gefordert.

Die Erwartungen bei den Umsatzentwicklungen im zweiten Halbjahr zeigen demnach ein durchwachsenes Bild. 54 Prozent der größeren Betriebe geben sich dabei pessimistisch, wohingegen die mittleren und kleineren Anbieter mit 44 Prozent bzw. 38 Prozent negativen Erwartungen in Summe doch etwas optimistischer sind.