Was war los letzte Nacht bei den US Open? Unser Nachtexpress liefert den perfekten Überblick über die wichtigsten Spiele beim letzten Grand Slam des Jahres.
Tennis-Drama – Kalinskaya weint bitterlich
Iga Swiatek – Anna Kalinskaya 7:6 (7:2) 6:4
Iga Swiatek war im falschen Film. Erster Satz, zwei Breaks hinten, 16 vermeidbare Fehler, 1:5 der Spielstand, ihre Gegnerin musste nur noch ausservieren. Nur noch…
Im Angesicht des Erfolgs ist schon so manches Ärmchen schwer geworden, aber wohl noch nie auf so dramatische Weise wie bei Anna Kalinskaya. Die Russin fabrizierte in den drei Spielen, in denen sie jeweils die Chance hatte, bei eigenem Service den Satz zu gewinnen, sagenhafte fünf Doppelfehler. Es passierte, was immer passiert, wenn man seine Chancen nicht nutzt. Iga Swiatek gewann den Satz im Tie-Break. Wer war jetzt im falschen Film?
Doch wer dachte, dass Swiatek nun alles im Griff hat, der sah sich getäuscht. Kalinskaya fing sich sofort, spielte auf Augenhöhe mit der Favoritin, bis genau zu dem Punkt, an dem es wieder um die Beute ging. Die Russin kassierte das Break im schlechtesten Moment bei 4:4, und anschließend zeigte Swiatek, wie eine Weltranglisten-Zweite ausserviert. Ein ganz bitterer Abend für Anna Kalinskaya, die beim Gang in die Kabine schluchzend weinte. Brutal.
Altmaier spielt alles oder nichts – und muss aufgeben
Daniel Altmaier – Alex de Minaur 7:6 (8:6) 3:6 4:6 0:2 Aufgabe Altmaier
Es klingt verrückt, aber die spektakulärste Phase im Match, als es im Sekundentakt Ooooohhhh und Uuuuiiiii machte im Stadium 17, sie begann, als Daniel Altmaier nach einer medizinischen Behandlungspause mit einem bandagierten Oberschenkel auf den Platz zurückkehrte. Der Deutsche packte plötzlich eine Peitsche nach der anderen aus, schlug, nein, schoss seine einhändige Rückhand hinreißend die Linie entlang, dass die Zuschauer jauchzten vor Vergnügen. Und warum? Weil er musste.
Neun Stunden Tennis hatte Altmaier schon vor dem Match in den Knochen. Und dann ging gleich der erste Satz gegen den australischen Duracell-Hasen Alex de Minaur über die maximale Distanz. Altmaier lief dann, ab Mitte des 2. Satzes, quasi mit dem ersten kassierten Break überhaupt, merklich unrund. Folge war ebenjene Auszeit Anfang des 3. Satzes und die daraus resultierende Alles-oder-nichts-Taktik. Wenn’s weh tut, muss es eben schnell gehen.
Das Problem: De Minaur brachte unfassbare Bälle zurück. Und Altmaiers Schmerzen wurden auch nicht besser. Im Gegenteil, beim Stand von 1:2 nach Sätzen und 0:2 im Vierten gab der Kämpfer aus Kempen im Rheinland auf. Schade für den ehrgeizigen Altmaier, dessen Ziel es ist, beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres 2026, den Australian Open, im Hauptfeld gesetzt zu sein. Dazu muss er in der Weltrangliste Platz 32 erreichen. Dass er das Zeug dazu hat, hat er bei diesen US Open bewiesen.
Siegemund kassiert krachende Niederlage
Laura Siegemund – Ekaterina Alexandrova 0:6 1:6
Das hatte sich Laura Siegemund anders vorgestellt. Die Gegnerin beschäftigen mit ihrem variablen, bisweilen unkonventionellen Spielstil, das war der Plan. Die Wirklichkeit sah dann leider etwas anders aus, Siegemund bekam die Bälle nur so um die Ohren geschossen von einer an diesem Tag übermächtigen Ekaterina Alexandrova, der Weltranglisten-Zwölften. Wer weiß, wie es gelaufen wäre, hätte die Deutsche im allerersten Spiel eine ihrer vier Breakchancen genutzt. So aber wurde das Match zu einem Alleingang der Russin.
Nach gerade mal 60 Minuten war es vorbei, Siegemund deklassiert, 0:6 und 1:6. Ein unschönes Ende nach einem sehr schönen Turnier für die jetzt wieder beste deutsche Tennisspielerin. Unter den letzten 32 bei den US Open, das hatte Siegemund, die mittlerweile 37 ist, zuletzt vor neun Jahren geschafft. Und ganz raus ist sie ja noch nicht, im Doppel, ihrer eigentlichen Spezialität, mischt sie noch mit.
Kann mich bitte jemand anfeuern?!
Naomi Osaka – Darja Kassatkina 6:0 4:6 6:3
Naomi Osaka ist in New York ein absoluter Publikumsliebling. Kein Wunder, da hat sie 2018 und 2020 gewonnen. Fünf Jahre und ein Baby später greift die Japanerin erneut nach dem Titel bei den US Open. So stark wie in den vergangenen Wochen hat man sie seit ihrem Comeback noch nicht gesehen, das musste auch Darja Kassatkina erkennen, über die Osaka im ersten Satz förmlich hinwegfegte. Und auch von Widerständen lässt sich der früher oft wankelmütige Superstar nicht mehr aus der Bahn werfen, nach Satzausgleich kämpfte sich Osaka zurück ins Match und steht nun zum ersten Mal wieder im US-Open-Achtelfinale seit ihrem Triumph 2020.
Dort wartet nun keine Geringere als die Nummer 3 der Welt, Coco Gauff. Und die ist nicht nur sportlich eine andere Hausnummer, sondern qua Heimvorteil ein noch viel größerer Publikumsliebling. „Es ist hart, hier gegen eine Amerikanerin zu spielen“, verriet Osaka nach ihrem Match schon mit Blick auf das Achtelfinale. Und kokettierte: „Kann mich bitte jemand anfeuern!?“ Wie auch immer die Stimmung sein wird, es wird auf jeden Fall das erste Knaller-Match der US Open 2025.
Sinner mit ersten Schwächen, dann souverän
Jannik Sinner – Denis Shapovalov 5:7 6:4 6:3 6:3
Irgendwie tröstlich, die Maschine hat gemenschelt. Jannik Sinner, der in seinen besten Momenten wie eine perfekt programmierte Maschine spielt, hat nach zwei glatten Siegen zum Auftakt der US Open in der 3. Runde zum ersten Mal einen Satz verloren. Und nicht nur das. Nach gewonnenem zweiten Satz lag der Italiener im dritten erneut 0:3 hinten und lief sogar Gefahr, ein Doppelbreak zu kassieren, es stand 0:30. Die Ersten witterten da eine Sensation heraufziehen.
Doch was wirklich heraufzog, war Jannik Sinner am Limit. Der Weltranglisten-Erste machte ab da, was er wollte, und gewann neun (!) Spiele in Folge. Von wegen Sensation. Der Rest war Formsache. Am Ende durfte Shapovalov zwar einmal noch kurz an einem Break schnuppern, aber das ließ Sinner nicht zu. Die Nummer 1 also wie erwartet im Achtelfinale, aber nicht mehr mit weißer Weste.