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Geschäftsführer und Brauereiinhaber Frank Bettenhäuser (68) hört nach über 40 Berufsjahren altersbedingt auf. Doch die Suche nach einem Käufer geht weiter.
Es gibt kaum einen Firmennamen, der mit Nordhessen so eng verbunden ist wie der Name „Hütt“: Die Brauerei mit 270-jähriger Handwerkstradition an der Knallhütte ist nordhessisches Kulturgut. Am Freitag verkündete Brauereiinhaber Frank Bettenhäuser das Ende des Rengershäuser Familienbetriebes. Er höre nach 40 Jahren – im Alter von fast 69 – als Unternehmer auf. Der Betrieb werde geordnet liquidiert.
„Es schmerzt einem das Herz“, sagt der 68-Jährige im Gespräch mit der HNA. „Es ist für mich ein sehr sehr schwerer Termin“, ergänzt er während einer Pressekonferenz am Mittag in der Brauerei. Noch acht Wochen werde die Brauerei weiterproduzieren, dann stelle sie die Auslieferung ein.
Die traditionsreiche Hütt-Brauerei in Baunatal wird nach mehr als 270 Jahren Betrieb geschlossen. © Foto: Ulf Schaumlöffel
Auch wenn in den vergangenen Tagen unter der Hand schon über Probleme des Traditionshauses spekuliert wurde, kam das Aus für einige der 38 Mitarbeiter wohl doch überraschend. Mancher verließ nach einer Betriebsversammlung am Freitagvormittag betrübt das Brauereigelände. „Die Gerüchteküche hat zwar schon gebrodelt, wir haben trotzdem nicht mit so einer radikalen Entscheidung gerechnet. Die Stimmung ist sehr schlecht“, sagt ein Mitarbeiter, der gerade das Verwaltungsgebäude der Brauerei verlässt.
Über die enge Verzahnung in den Raum Kassel hinaus ist Hütt in Verbindung mit der Knallhütte sogar ein Stück der weltweiten Literaturgeschichte. Frank Bettenhäuser ist der Ururururneffe von Dorothea Viehmann, der 1755 geborenen wichtigsten Märchenlieferantin der weltberühmten Brüder Grimm. Sie lebte auf der Knallhütte, traf 1813 auf die Märchenbrüder Grimm. Aus dieser Verbindung ergab sich auch der Werbeslogan von Hütt: „Einfach märchenhaft“. Frank Bettenhäuser leitete das Unternehmen in der neunten Generation.
Baunatals Bürgermeister Henry Richter (parteilos) reagierte erschüttert auf die Nachricht aus der Knallhütte: „Das ist ganz traurig.“ Für die Stadt, aber auch die Region sei dieser Schritt ein riesiger Einschnitt.
Übrigens: Das Brauhaus Knallhütte ist laut Bettenhäuser von dem Schritt nicht betroffen. Und, wenn sich jetzt noch ein Investor findet, sei es kein Problem, den Betrieb sofort wieder aufzunehmen.
Nach 270 Jahren: Hütt-Brauerei schließt – Blick in die GeschichteFotostrecke ansehen
In Erinnerung bleiben die Hütt-Brauereifeste zu Fronleichnam, die HNA-Wiesn, das Engagement zur documenta und der Blick aufs Hütt-Logo in den Kneipen der Region.
Stück regionaler Brauereigeschichte endet
Unter den Marken „Hütt“ und „Hessisches Löwenbier“ produzierte das Unternehmen insbesondere Pils und weitere Biersorten für die Region Nordhessen. Mit der nun eingeleiteten „geordneten Liquidation“ – also der planmäßigen Abwicklung und Auflösung des Unternehmens – endet ein Stück regionaler Brauereigeschichte.
Hütt stand in Nordhessen für regionale Verankerung und handwerkliche Bierkultur
Das Ende der Brauerei steht zugleich beispielhaft für die Krise der deutschen Brauwirtschaft. Der Bierabsatz ist seit Jahrzehnten rückläufig: Nach Branchenangaben sank das Ausstoßvolumen – also die Menge des jährlich produzierten Biers – von rund sieben Millionen Hektolitern im Jahr 1980 auf nur noch etwa 1,24 Millionen Hektoliter im Jahr 2024. Das entspricht einem Rückgang von rund 83 Prozent.
Der Name Hütt galt in Nordhessen über viele Jahrzehnte als Synonym für regionale Verankerung und handwerkliche Bierkultur. Bettenhäuser zeigte sich in seiner Mitteilung enttäuscht über das Scheitern seiner Bemühungen um eine Nachfolgelösung – zugleich wolle er aber „bis zum Schluss offen bleiben für mögliche Perspektiven“, wie er betonte. (Kathrin Meyer)