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Überraschende Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes: Eine hessische Großstadt soll die dritthöchste Pkw-Dichte in ganz Deutschland haben. Doch diese stellt die Zahlen infrage.

Wiesbaden – Deutschland ist eine Auto-Nation. Kaum ein Tag vergeht, an dem der Pkw die Menschen hier nicht berührt: Sei es Berichterstattung über die kriselnde Automobilindustrie, die Debatte um das Tempolimit, Elektrofahrzeuge oder alternative, nachhaltige Mobilitätskonzepte – die Liebe der Deutschen zu ihrem Auto scheint ungebrochen.

Das zeigt auch eine Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes: Die Pkw-Dichte in Deutschland nimmt seit 2008 Jahr für Jahr zu. Was allerdings überrascht: Eine hessische Großstadt liegt im Auto-Dichte-Ranking bundesweit auf Platz drei.

Kundgebung gegen Rechts 25.01.2024 Demonstration mit ca. 15.000 Teilnehmer:innen in Wiesbaden führt zu VerkehrsbeeinträcVerkehr in Wiesbaden. Laut Kraftfahrt-Bundesamt hat Wiesbaden die dritthöchste Auto-Dichte deutschlandweit. (Symbolbild) © IMAGO/Peter Henrich / HEN-FOTOHessische Landeshauptstadt auf dem Treppchen: Wiesbaden belegt Platz drei

Laut der Statistik waren zum Stichtag am 1. Januar 2025 insgesamt 622 Pkw je 1.000 Einwohner in Hessen gemeldet. Damit besitzen die Hessinnen und Hessen überdurchschnittlich viele Autos. Der Bundes-Durchschnitt liegt lediglich bei 590 Pkw pro 1.000 Einwohner. Besonders Wiesbaden sticht dabei heraus: Hier kommen ganze 776 Pkw auf 1.000 Einwohner. Die Landeshauptstadt belegt damit den ersten Platz in Hessen.

Hinter Wiesbaden folgen der Main-Taunus-Kreis mit 774 sowie der Vogelsbergkreis mit 732 Pkw pro 1.000 Einwohner. Die geringste Pkw-Dichte hat der Statistik zufolge Darmstadt mit einem Wert von 442. Als größte Stadt Hessens kommt Frankfurt auf eine Dichte von 458 Pkw je 1.000 Einwohner.

Salzbachtalbrücke Wiesbaden Bild x von 8 Wiesbaden 24 01 2019 Salzbachtalbrücke Wiesbaden im BiStau auf der zuletzt wiedereröffneten Salzbachtalbrücke in Wiesbaden-Biebrich. © Michael Schick

Doch auch im Bundes-Vergleich ist Wiesbaden ganz vorne mit dabei. Hinter der Autostadt Wolfsburg (956 Pkw pro 1.000 Einwohner) und dem Kreis Euskirchen (803 Pkw pro 1.000 Einwohner) belegt Wiesbaden den dritten Rang. Die geringste Auto-Dichte in Deutschland hat übrigens Leipzig. Dort kommen auf 1.000 Einwohner nur 382 Pkw.

Während die Pkw-Dichte in Deutschland um 0,3 Prozent anstieg, sank die Quote in Hessen leicht von 623 Autos je 1.000 Einwohner im Jahr 2024 auf 622 in diesem Jahr. Trotz der Top-Platzierung sank die Zahl in Wiesbaden sogar um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Verzerrte Statistik? – Stadt Wiesbaden veröffentlicht Gegendarstellung

Doch die Zahlen täuschen – so stellt es die Stadt Wiesbaden zumindest in einer Pressemitteilung dar. Die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes spiegele nicht die „tatsächlichen Verhältnisse im Stadtgebiet“ wider. Ein großer Teil der in Wiesbaden gemeldeten Autos, insgesamt 224.000 am 1. Januar 2025, sei nicht im Besitz der Bürgerinnen und Bürger. Stattdessen sollen fast die Hälfte der Pkw, etwa 101.500, auf Unternehmen registriert sein. Das liege an einer Reihe von besonderen Umständen in der Landeshauptstadt.

Laut der Stadt Wiesbaden entfallen knapp 80.000 in Wiesbaden gemeldete Autos auf Mietwagenfirmen, die dort ihren Sitz haben. Obwohl diese mit in die Statistik eingehen, befahren sie kaum die Wiesbadener Straßen. Im Gegenteil: Hauptsächlich seien diese Fahrzeuge in anderen Teilen Deutschland unterwegs.

Niederflur Gelenkbus der DB Deutsche Bahn und des RMV Rhein Main Verkehrsverbund es fährt am Abend am Hauptbahnhof WiesIst das Verkehrsaufkommen in Wiesbaden doch nicht so hoch, wie die Statistik vermuten lässt? Der Verkehrsdezernent betont, auch den ÖPNV zu fördern. (Symbolbild) © Ralph Peters, via www.imago-images.de

Auch ein anderer Aspekt führe zu einer statistisch überdurchschnittlich hohen Pkw-Dichte. Die hohen Zulassungszahlen ließen sich auch dadurch erklären, dass Unternehmen (zum Beispiel Opel) oder Behörden wie die hessische Polizei ihre Fahrzeuge in Wiesbaden melden. Im Stadtverkehr spielen auch diese Autos eine eher untergeordnete Rolle.

Andreas Kowol, Verkehrsdezernent in Wiesbaden, stellt klar: „Dass Wiesbaden ein ‚Autopodium‘ belege, ist ein schöner Schlagzeilen-Effekt – hat aber mit dem alltäglichen Mobilitätsgeschehen in unserer Stadt nur sehr wenig zu tun“. Tatsächlich unterscheide sich Wiesbaden in Sachen Pkw-Dichte kaum von vergleichbaren Städten. „Unser Fokus liegt darauf, die Mobilitätsangebote nachhaltig weiterzuentwickeln: vom Ausbau des Radverkehrs über die Förderung des ÖPNV bis hin zu vernetzten Sharing-Angeboten“, ergänzt Kowol.

Auch eine eigene Statistik, in der die Sonderfälle berücksichtigt wurden, veröffentlichte die Stadt: Nach Bereinigung der Daten ergebe sich eine tatsächliche Pkw-Dichte von 579 Pkw pro 1.000 Einwohner. Eine Zahl, mit der Wiesbaden sogar unter dem Bundes-Durchschnitt liegen würde.

Aufgrund gesunkener Luftschadstoffe in der Luft überdenken Mainz und Wiesbaden das Konzept der „Umweltzone“. Während Mainz bereits lockert, prüft Wiesbaden noch, wie man mit dem Thema umgehen sollte.