Märtyrertum, kollektives Beten und Angriffe auf Dokumentaristen – die „Palästinasolidarität“ radikalisiert sich in besorgniserregendem Tempo.
Letzten Donnerstag versammelten sich in der Bonner Innenstadt erneut rund 200 Personen aus der lokalen antisemitischen Mischszene. Trotz der Teilnahme vermeintlich säkularer Gruppen wie der marxistisch-leninistischen DKP und der BDS Bonn, welche durch den Verfassungsschutz als erwiesen extremistisch bewertet wird, war die Versammlung deutlich islamistisch geprägt. Ein entscheidender Faktor war die Andeutung eines Redners, den Märtyrertod sterben zu wollen. Nasser El-Khalil, früherer Schatzmeister der palästinensischen Gemeinde der Stadt, äußerte wörtlich:
„Ich sag‘ von mir: Ich werde mich opfern! […] Dass ich für mein Land zurückkehre! Dass [ich] in meinem Land auch was machen kann! Nicht, dass da irgendwo gesammelte Menschen auf unser (!) Erde frei bewegen können“
Die Kleinstpartei Stimme Bonn International war mit einem eigenen Stand auf der Kundgebung vertreten. Ihr am häufigsten zur baldigen Kommunalwahl plakatierter Slogan: „GAZA SCHREIT“. Ihr Spitzenkandidat, Moussa Acharki, trat in der Vergangenheit gemeinsam mit dem salafistischen Prediger Abu Abdullah (Ibrahim Belkaid) von „der Wahren Religion“ auf.
Zum Abschluss betete man kollektiv eine arabische Duʿā‘, eine freie Bittformel, und warb für die BDS-Versammlung des Extremisten Heinz Assenmacher am darauffolgenden Tag. Der Staatsschutz ermittelt gegen mehrere Mitglieder der Gruppe; ein ihr nahestehender Teilnehmer der Versammlung zeigte das rote Hamasdreieck. Die Sicherheitskräfte leiteten eine Strafanzeige ein und wiesen ihn an, es zu verdecken.
Während der Demonstration kam es zu einem gezielten Angriff auf einen Dokumentaristen. Ein Teilnehmer löste sich aus der Menge, bedrängte den Berichterstatter körperlich und schlug schließlich zu. Die Polizei ermittelt.
Märtyrerpathos, Hamas-Symbolik und nun auch tätliche Übergriffe – das Gesamtbild eskaliert. Die demokratischen Kräfte müssen reagieren, bevor die Parole „Globalize the Intifada“ traurige Realität wird. Der Staatsschutz steht unter Zugzwang.
Die vom überparteilichen Bündnis gegen Antisemitismus Bonn organisierte kommunikative Gegenkundgebung verlief immerhin friedlich. Mit dem selbstgemachten Schlager „BDS wird vom Verfassungsschutz beobachtet“ [] sorgte man für Erheiterung bei den Passanten. Mehrere Personen schlossen sich den israelsolidarischen Demonstranten spontan an – ein gewisser Trost. (as)