Stand: 01.09.2025 13:56 Uhr

Mehr Bequemlichkeit, Komfort und Sitzplatzangebot für alle Bürger: Im August 2000 beschließt die S-Bahn Hamburg die Abschaffung der 1. Klasse ab November. Es ist das Ende einer „Klassengesellschaft“ nach 92 Jahren.

von Ole Neugebauer

Seit 1908 ist sie fester Bestandteil der Hamburger S-Bahn: die 1. Klasse. Geräumiger Nahverkehrs-Luxus, Fortbewegungsraum für die bahnfahrende Upperclass. Eine ganz andere Welt als die 2. – die Holzklasse. Beengt und stickig. Doch im Jahr 2000 kommt das Aus für die 1. Klasse. Es ist eine kleine Revolution. Treibende Kraft dahinter ist Peter Hofmann, damals Geschäftsführer der Hamburger S-Bahn: „Wir verfolgen mit der Abschaffung zwei Ziele: mehr Platz für viele und das Angebot näher an die Nachfrage bringen.“ Für viele ist er mit seinem Vorschlag nur der „Klassen-Feind“.

„Wir haben uns das ein bisschen näher angeschaut und festgestellt, dass lediglich 14 Prozent der Fahrgäste die 1. Klasse genutzt haben. Das war ein Missverhältnis und deswegen sind wir auf die Idee gekommen, mehr Platz für Fahrgäste und einen reibungsloseren Fahrgastwechsel zu schaffen“, erinnert sich Hofmann 25 Jahre später.

Die Hamburger Künstlerin Helga Feddersen sitzt bei der Eröffnung des Citytunnels 1975 im Führerhaus der S-Bahn.

Gut 500 Züge rollen täglich durch den Tunnel zwischen Jungfernstieg und Landungsbrücken. Bald soll er technisch aufgerüstet werden.

Besserer Standard für alle, und nicht für wenige

Erste Impulse zur Abschaffung der 1. Klasse hatte es jedoch bereits vorher gegeben. Denn Anfang der 1990er-Jahre ist die S-Bahn in einem schlechten Zustand. Sie soll attraktiver werden, damit mehr Menschen sie nutzen. „Wir müssen insgesamt Bequemlichkeit, Komfort, Sitzplatzangebot in den S- und U-Bahnen deutlich erhöhen. Nur so wird der Bürger auch umsteigen, wie wir uns das wünschen“, sagt Hermann Scheunemann, der damals Mitglied im Verkehrsausschuss der Hansestadt ist.

Bürgermeister Ortwin Runde hält 1. Klasse für überholt

Die 1. Klasse, sie ist angezählt. Auch beim damaligen Ersten Bürgermeister Ortwin Runde. Er hält das Aufteilen in Klassen in modernen Transportmitteln für längst überholt. Befürworter versuchen unterdessen letzte Rettungsversuche, sie wollen die 1. Klasse etwa als Sicherheits-Raum mit entsprechendem Personal verkaufen. Der Nachteil: Die Waren waren getrennt voneinander. „Daher wäre das schwer zu vermitteln gewesen“, so Hofmann. Wer mehr zahle, bekomme als mehr Sicherheit geboten – und die in der zweiten Klasse könnten sehen, wo sie bleiben.

Die 1. Klasse wird zum 1. November 2000 abgeschafft

Und so fällt der Beschluss im August 2000: Die 1. Klasse wird zum 1. November abgeschafft. Die Umsetzung ist simpel: Viel mehr als Aufkleber von den Waggons muss die S-Bahn nicht entfernen. Die Reaktion der Fahrgäste ist geteilt. Denn wer bisher 1. Klasse gefahren ist, muss sich umstellen.

Fahrgastzahlen sind um ein Vielfaches gestiegen

Der Innenraum des ersten S-Bahn Zuges ET 474

Heute besteht ein Zug der S-Bahn nur noch auf wenigen Wagen, die durchgängig begehbar sind.

Heute haben sich die Hamburger Fahrgäste längst an den Wegfall der 1. Klasse gewöhnt. Die manchmal geforderte Rückkehr ist für Hofmann ausgeschlossen. „An der Entwicklung der Fahrgastzahlen lässt sich das überhaupt nicht leisten, die Hamburger S-Bahn befördert heute 100 Millionen Fahrgäste mehr als noch Ende der 90er- beziehungsweise Anfang der 2000er-Jahre.“

 Und so bleibt die Hamburger S-Bahn wohl wie sie ist: klassenlos. So wie schon seit 25 Jahren.

Umsteigeanlage Wandsbek 1965

Ein Tarif, ein Ticket, ein Fahrplan: Mit diesen Zielen ist 1965 der weltweit erste Verkehrsverbund gegründet worden.

Eine S-Bahn verlässt den Hauptbahnhof Hamburg.

Europaweit wird jetzt nach Fachleuten gesucht, die bei der Entwicklung der mindestens 112 Züge der neuen S-Bahn-Generation helfen sollen.

Eine Person steht an einem Bahnsteig und hält in der Hand ein Smartphone in der Hand, auf dem ein Deutschlandticket ist.

Trotz Preiserhöhung: Die Zahl der Abonnenten im Hamburger Verkehrsverbund ist so hoch wie nie.

Eine Streife von Hochbahn-Wache, Polizei, DB-Sicherheit und der Bundespolizei steht im Hauptbahnhof.

Es soll mehr Personal geben, einen stillen Alarm per WhatsApp und Künstliche Intelligenz, die bei Überwachungskameras eingesetzt wird.