| Gerhard Krispl / LEADERSNET-ART Herausgeber
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01.09.2025
Im Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal präsentiert der britisch-deutsche Künstler seit dem 20. August neuere plastische Arbeiten und Zeichnungen.
Am 20. August 2025 eröffnete der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal eine umfassende Ausstellung mit Skulpturen und Zeichnungen des britisch-deutschen Künstlers Tony Cragg (geboren 1949 in Liverpool). Cragg realisiert damit seine erste große Einzelschau in dem von ihm 2008 eröffneten Park am Hang des Wuppertaler Hesselnberges. Der Titel der Ausstellung, „Line of Thought„, legt nahe, dass es um mehr als das bloße „Vorzeigen“ aktuellen Schaffens geht. In einem Überblick, der sich über mehr als 10 Jahre erstreckt, zeigt er, was hinter den konkreten Ausformungen seiner Skulpturen steht. Auch die Zeichnungen, die Tony Cragg präsentiert, wollen nicht nicht als begleitendes, zusätzliches „Material“, sondern als tastende oder suchende Ausdrucksform seines bildnerischen Denkens verstanden werden. Die Ausstellung erstreckt sich über alle drei Ausstellungshallen des Skulpturenparks Waldfrieden.
Tony Cragg, Hedge, 2023 © VG BildKunst Bonn 2025 Tony Cragg, Foto: Michael Richter
Das bildhauerische Material als Bedeutungsträger
Noch bevor Cragg 1969 seine Laufbahn als Künstler aufnahm, arbeitete er als Labortechniker in der biochemischen Forschung und begann im Rahmen dieser Tätigkeit zu zeichnen. Die tägliche Praxis des Zeichnens geht seinem bildplastischen Arbeiten noch heute voraus. In seinem Frühwerk realisierte er zunächst Arbeiten aus Fundobjekten, bevor er schließlich mit Skulpturen aus Stein, Eisen und Bronze die „klassischen“ Materialien der Bildhauerei für sich erschloss. Anfänglich verbunden mit dem eigenen Körper, dem menschlichen Maß und dem alltäglichen Lebensumfeld, dehnen sich die Skulpturen von Tony Cragg zunehmend im Raum aus und vergegenständlichen in überlebensgroßen Formaten ein abstraktes Verhältnis zwischen Subjekt, Objekt und dem sie Umschließenden. Zugleich hat sich der Kanon seines Materials immer wieder erneuert und erweitert: Das zeigen zum Beispiel die neueren, in Murano gefertigten Glasskulpturen, die in der unteren Ausstellungshalle zu sehen sein werden.
Tony Cragg, Line of Thought, Ausstellungsansicht, Glasskulpturen und Zeichnungen © VG BildKunst Bonn 2025 Tony Cragg, Foto: Michael Richter
Die Skulpturen der Ausstellung
Die im Skulpturenpark Waldfrieden in der oberen Ausstellungshalle gezeigte Großskulptur aus der Reihe „Industrial Nature“ greift das Themenfeld Natur und Technik auf: Gefertigt aus geschnittenen und gebogenen Aluminiumplatten, die mit Lackfarbe überzogen und partiell abgeschliffen ist, erscheint sie wie ein technisch reproduzierbares Gewächs. Ihr voluminöser Körper tritt in einen Dialog mit einer Skulptur der Reihe „Hedge“, die fast ebenso groß, doch weitaus filigraner konstruiert ist. Akkumuliert aus schmalen Formen aus Cortenstahl expandieren sie organisch wie eine Hecke in Höhe und Breite. Die Arbeiten der Reihe „Incidents“, die aus den „Hedges“ hervorgegangen sind, balancieren auf drei Beinen stehend in die Vertikale, wo sich dann ihre organischen Formen ausdifferenzieren. Monumental zeigen sich die beiden Skulpturen aus der Reihe „Lost in Thought“: Aus Holz gefräste Elemente verdichten sich zu einem amorphen Körper, der Ausmaße von bis zu vier mal drei mal zwei Metern erreicht.
In der mittleren Ausstellungshalle zeigt Tony Cragg Arbeiten aus unterschiedlichen Werkgruppen, darunter „Congregation“ (1999), eine Installation, die aus einem großen Boot, Rudern, Rettungsbooten, einer Leiter und anderen Schrottmaterialien besteht, alles aus Holz und vollständig mit Metallhaken bedeckt.
Diese enorme Materialität trifft dann in der unteren Ausstellungshalle auf eine leise Setzung: auf Craggs Kleinplastiken aus Glas, die er seit 2009 in Zusammenarbeit mit dem Berengo Studio in Murano umsetzt. Ob transparent oder mit Farbe angereichert, kennzeichnet die Glaskörper ein ihnen immanentes Licht-Schatten-Spiel, das je nach Standort in den zarten Figuren mäandert. Die Plastiken werden begleitet von 200 Zeichnungen. Die gestisch gesetzten, vibrierenden Linien Craggs wirken fast immateriell in Relation zu seinem skulpturalen Werk und dokumentieren seine Suche nach der Form.
Tony Cragg, Congregation, 1999 © VG BildKunst Bonn 2025 Tony Cragg, Foto: Michael Richter
Tony Cragg – Line of Thought
Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal
bis 1. Januar 2026