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Ganz schön teuflisch. Dieter Kiefer und seine Tochter haben die hölzerne Figur mit den Fledermausflügeln sofort ins Herz geschlossen. © Berndkammerer@gmx.net/Bernd Kammerer
Räumungsverkauf in der Bildhauerwerkstatt im Gutleutviertel – Hier ziehen bald Skater ein
Gutleutviertel – Für Dieter Kiefer und seine Tochter Teresa ist es Liebe auf den ersten Blick: Ein kurzes Video per Handy, und schon steht fest, dass Teresa den aus einem Stamm geschnitzten Wolpertinger mit Fledermausflügeln aus Holzplatten unbedingt für ihr Hofgut haben möchte. Oder ist es doch ein Drache? „Für uns schon, und wir werden ihn wohl Tyrion nennen, nach dem Vater des Drachen Tabaluga“, meint Bruder Max.
Straffällige Jugendliche
Seine Rolle ist klar: „Den Packesel spielen.“ Denn außer dem Drachen hat Vater Kiefer, selbst Bildhauer und Maler vom Frankfurter Berg, noch so manch anderes Kunstwerk im Blick, darunter einen gehörnten, teuflischen Holzkopf. Denn in der Bildhauerwerkstatt der Jugendkulturwerkstatt Falkenheim, in der 32 Jahre lang straffällig gewordene Jugendliche ihre Sozialstunden abgeleistet haben, ist Räumungsverkauf. Schon in Kürze muss alles leergeräumt sein, da die Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft (KEG) die Werkhalle auf dem Milchsackgelände im Oktober als Skaterhalle vermieten will.
Die Jugendkulturwerkstatt musste sich von ihrer Bildhauerwerkstatt trennen, da die Sicherheits- und Gesundheitsschutzauflagen für eine notwendige Sanierung für sie nicht zu stemmen gewesen wären. Und so ist der Räumungsverkauf zugleich ein Tag des Abschieds, vom Standort, von 400 verbliebenen Holz-, Stein-, und Metallobjekten und von der langjährigen Geschäftsführerin Petra Väth, die künftig für das Amt für Kulturmanagement in Offenbach arbeitet.
Neue Projekte, neue Räume
„Ich bleibe dem Förderverein freundschaftlich verbunden und übergebe nach genau 22 Jahren nun an meine Nachfolgerin Sabine Schmitt“, erklärt Väth. Derzeit ruht die Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen und soll möglichst im Januar 2026 mit anderen Projekten und neuen Räumlichkeiten fortgesetzt werden.
Noch schnell ein Foto von der Menagerie, die in den vergangenen Jahren in der Werkstatt entstand. © Berndkammerer@gmx.net/Bernd Kammerer
Zunächst aber müssen noch viele Holz- Stein- und Stahlarbeiten, an denen die jungen Leute mit viel Hingabe im Schweiße ihres Angesichts gearbeitet haben, ein neues Zuhause finden. Denn vor allem große Objekte müssten mangels Lagerkapazität sonst auch entsorgt werden. Nur wenige liebgewordene Arbeiten wie die eiserne „Radfahrerin“ wären davon ausgeschlossen. „Die würden wir auch stapeln“, so Väth.
Petra Boß-Hammer sucht sich einen selbstgezimmerten Stuhl und einen Elefanten aus Speckstein aus. Im Hintergrund ist das Schleifen eines Kompressors zu hören: Denn auch das Werkzeug wird verkauft. Die Holzbildhauerin Hannah Schmider ersteht für 100 Euro für ihre Werkstatt im Offenbacher Schloss Rumpenheim einen Brennofen, ein Starkstromkabel sowie mehrere Nägel und Zwingen zur Verleimung. Als frühere Praktikantin hofft sie wie Väth und Schmitt auf ein Nachfolgeprojekt für junge Straffällige.
Erlös hilft beim Neustart
„Dazu suchen wir neue Räume, möglichst im westlichen Gallus nahe unserer Werkstatt in der Herxheimer Straße, auch Richtung Griesheim“, erklärt Schmitt. Angedacht sind Upcycling und Restauration verschiedener Stoffe. Für 100 bis 150 Quadratmeter könnten bis zu 2200 Euro Kaltmiete aufgebracht werden. Immerhin: Der Erlös von rund 3500 Euro vom Räumungsverkauf wird beim Neustart helfen.