Es beginnt scheinbar harmlos: Ein Bürger reicht eine Eingabe nach § 24 GO NRW ein – in der Hoffnung, damit eine sachliche Diskussion anzustoßen. Doch in der BV IX läuft das anders.

Szene 1: Das Verschieben
Mein Antrag zur Radwegplanung B224 hätte problemlos frühzeitig behandelt werden können. Stattdessen landete er auf der Tagesordnung der allerletzten Sitzung vor der Sommerpause – kurz bevor die BV in ihrer jetzigen Besetzung Geschichte ist. Zufall? Wohl kaum.

Szene 2: Das Kunststück
Als es dann endlich soweit war, zauberte man ein Verfahren aus dem Hut, das in der Gemeindeordnung gar nicht vorkommt: Man setzte sich nicht mit der Eingabe auseinander, sondern stimmte zunächst über die „Befassungsbereitschaft“ ab. Ein Freifahrtschein, um das Thema schon vor jeder Debatte abzuräumen. Für Bürger bedeutet das im Klartext: Ohne politische Mehrheit im Gremium keine Chance auf Beteiligung – selbst mit einer formal sauberen Eingabe.
Soll das der Sinn von § 24 GO NRW sein? Wohl kaum.

Szene 3: Der große Trick
Wochenlang war von meiner Eingabe nach § 24 GO NRW die Rede, Verwaltung und Politik behandelten sie entsprechend. Am Ende jedoch – als die Ungereimtheiten rund um das selbst erfundene Verfahren der „Befassungsbereitschaft“ nicht mehr wegzuwischen waren – erklärte man plötzlich: Es sei gar keine Eingabe gewesen.

Wörtlich schrieb die Verwaltung:

„Mit Ihrem Anliegen begehren Sie die Beantwortung eines umfangreichen Fragenkatalogs. Insoweit unterbreiten Sie der Bezirksvertretung IX keinen konkreten Verbesserungsvorschlag oder eine konkrete Handlungsempfehlung. (…) Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass es sich damit nicht um eine Anregung oder eine Beschwerde im Sinne des § 24 GO NRW handelt. Die Bezirksvertretung IX konnte sich daher in der Sache dafür entscheiden, die Angelegenheit nicht im Rahmen des § 24 GO NRW zu behandeln.“

Keinen konkreten Verbesserungsvorschlag? Keine Handlungsempfehlung? Aha.

Tatsächlich schrieb ich:

„Als Einwohner des Stadtteils Essen-Heidhausen reiche ich gemäß § 24 GO NRW eine Anregung ein, die sich auf die öffentliche Behandlung offener Sachfragen zur geplanten Radwegführung entlang der Bundesstraße 224 bezieht. (…) Ich rege daher an, den Fragenkatalog oder die daraus abgeleiteten wesentlichen Sachfragen (…) öffentlich in der Bezirksvertretung zu behandeln und eine politische Einordnung vorzunehmen. (…) Angesichts der Tatsache, dass die Ausschreibung der Planungsleistungen bereits für das dritte Quartal 2025 vorgesehen ist, erscheint eine vorherige politische Positionierung umso dringlicher – insbesondere im Hinblick auf die demokratische Rückbindung und den transparenten Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln. (…) Auch mit Blick auf die bevorstehende Kommunalwahl ist eine frühzeitige und nachvollziehbare politische Positionierung sinnvoll, um den Bürgerinnen und Bürgern eine fundierte Meinungsbildung zu ermöglichen.“
Glasklarer kann man eine Anregung kaum formulieren.

Was man hier macht, ist wie ein Spiel mit gezinkten Karten: Die Regeln gelten nur so lange, wie das Ergebnis passt.

Man muss wohl festhalten: Bürgerbeteiligung ist unerwünscht, sobald sie den eigenen politischen Zielen widerspricht. Dafür nimmt man sogar juristische Verrenkungen in Kauf, die an Rechtsbeugung grenzen. Und ja – vermutlich spekuliert man darauf, dass Bürger irgendwann die Puste ausgeht.

Und das Beste?
Im Mai 2024 wurde an die BV IX folgender Text geschickt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Frau wohnt nun seit 16 Jahren in Essen-Werden und leider ist bisher noch nicht eine einzige sinnvolle Veränderung im Radverkehr dort umgesetzt worden. Wie kann so etwas sein?
Ich bitte Sie dringend: Die Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien brauchen dringend einen Anschluss mit Radwege. Dies ist NIRGENDWO gegeben. Ebenso die Sportstätten. Dort fahren täglich hunderte Kinder mit dem Rad oder Roller hin. Auch hier gibt es keine Radwege. Wie kann so etwas sein?“

Es lief wie geschmiert: Diese Eingabe wanderte durch mehrere Ausschüsse, wurde im RIS vollständig dokumentiert – und der Petent erhielt Rederecht.
Mit solch einem Schmierentheater kann man der Öffentlichkeit natürlich auch ein Bild suggerieren: als gäbe es eine breite Mehrheit für Radwege und keinerlei kritische Fragen.

Nachlesen kann man das in der Vorlage 1572_2024_6 im RIS.

Die Lektion daraus
Bürgeranliegen sind in der BV IX unter der CDU-Bezirksbürgermeisterin Kipphardt nur dann willkommen, wenn sie politisch ins Konzept passen. Alles andere wird verschleppt, abgeblockt oder mit willkürlichen Tricksereien entsorgt.

Ich habe mehrfach das Gespräch gesucht– in der Hoffnung auf Transparenz und eine faire Auseinandersetzung. Stattdessen: Schweigen, Abwiegeln, Abblocken.
Während die Vorsitzende die politische Front hält, liefert die Verwaltung die passende Rückendeckung – Hand in Hand für den Machterhalt.

Und machen Sie sich nichts vor: Leserbriefe oder wütende Kommentare in sozialen Medien ändern daran nichts – die einen werden selten veröffentlicht, die anderen schnell gelöscht.

Darum: Schauen Sie diesen Leuten auf die Finger! Begrenzen Sie ihre Amtszeit – und entmachten Sie jene, die Bürgeranliegen wie ein lästiges Ärgernis behandeln.
Heute meine – morgen vielleicht Ihre Eingabe.