Konzert | Crimson Sunday in Berlin
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Bierbänke und Fleecedecken statt Rock ’n Roll
Mi 03.09.25 | 08:04 Uhr | Von Magdalena Bienert
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Audio: rbb24 Inforadio | 03.09.2025 | Magdalena Bienert | Bild: picture alliance/dpa/C.Koall
Das Berliner Duo „Crimson Sunday“ hat am Dienstagabend ein Konzert im Luftschloss Tempelhofer Feld gegeben. Eigentlich ist das ist eine Open Air Location, aber (nasse) Not macht erfinderisch. Leider auf Kosten der Stimmung. Von Magdalena Bienert
Der Sommer hat kurz die Pausetaste gedrückt an diesem Dienstag. Nach ein wenig Sonne ziehen wieder dunkle Wolken übers Tempelhofer Feld. Hinter einem runden Holzbau verbirgt sich das Luftschloss: eine Location, die vom Weddinger Atze Musiktheater bespielt wird. Eigentlich passen hier 300-400 Leute auf die Tribünen, aber an diesem Abend hat nur ein sehr kleiner bescheidener Haufen von 20 Menschen den Weg aufs Feld gefunden. Und das ist unser aller Glück.
Man könnte jetzt sagen, dann wird es so schön intim bei wenig Publikum, aber ganz pragmatisch betrachtet ist es eine kluge und irgendwie auch witzige Idee, nach einem Blick aufs Wetterradar, ein paar Bierbänke kurzerhand mit auf die große Bühne zu stellen: Die ist nämlich überdacht und das ist gegen 20 Uhr ein glücklicher Umstand – es schüttet, wie vorhergesagt. Eingewickelt in Decken, fehlt nur noch eine warme Tasse Tee, ist man bereit für einen gemütlichen Herbstabend mit Musik.
Die 60er und 70er und das Beste von Heute
Crimson Sunday, das sind die Berliner Leon an der E-Gitarre und Thommi am Bass (Nachnamen vernachlässigen die Beiden in ihrer Bandbiografie), der musikalische Rest kommt aus der Konserve. Seit über 20 Jahren lässt sich Sänger und Songschreiber Leon von Bands der 1960 und 70er inspirieren, oder wie er sagt: „daraus ist alles zusammengerafft und dann klingt es doch wie….“ Ja genau, ein bisschen wie die Beatles, die Stones, Bob Dylan aber auch Coldplay oder Noel Gallagher haben es Crimson Sunday angetan. Leons Frisur beweist das.
Ein Abend mit Multitasking-Potenzial
Wenn man der Aktualität ihrer Webseite vertraut, sind Auftritte der Band selten geworden. Umso bedauerlicher, dass an diesem Abend so wenige gekommen sind und es dann auch noch so ungemütlich ist an der frischen Luft. In einem kleinen Club würde die Stimmung ganz anders aussehen.
„Coole Location, aber das Wetter…“, sagt der Sänger und nimmt einen Schluck Bier und beginnt gerade ein bisschen zu plaudern, nur um sich schnell wieder zu zügeln: „ick verquatsch mich gerade“. Ach mach doch, denkt man. Wenn wir hier schon so ein intimer Haufen in Fleecedecken sind… ein Mann Ü50 in Steppjacke hat sich seine Lesebrille aufgesetzt und liest ein Buch während des Konzertes. Ja klar, warum auch nicht, es gibt ehrlich gesagt nicht so viel zu sehen und Crimson Sunday sind durchaus ein Duo, welches an diesem Abend Multitasking zulässt. Bierbänke und Fleecedecken haben leider noch keiner Rock-Band einen mitreißenden Abend beschert.
Aber: so ein schnöder nasser Dienstagabend zeigt auch, es gibt in Berlin immer noch Bands und Orte neu zu entdecken – und wann darf man schon mal mit der Band gemeinsam auf der Bühne sitzen? Das nächste Mal dann aber gerne im Stehen und mit Tanzen zu Crimson Sunday, die es an diesem Abend sichtlich schwer hatten.
Das Luftschloss kann übrigens Unterstützung gebrauchen, erfahren wir an diesem Abend: Der saisonale Auf-und Abbau des ganzen Konstruktes kostet das Atze Musiktheater jährlich 100.000 Euro. Geld, dass sinnvoller in die Kunst gesteckt werden könnte, wenn der Senat einem dauerhaften Bleiberecht auf dem Tempelhofer Feld zustimmen würde. Eine Petition läuft bereits.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.09.2025, 8:55 Uhr
Beitrag von Magdalena Bienert