Transferbilanz  

BVB: Kehls Einblicke in „nervenaufreibenden“ Transfersommer

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Borussia Dortmund trug mit knapp 100 Millionen Euro an Ausgaben dazu bei, dass die Bundesliga im Transfersommer 2025 gut 850 Millionen Euro in neue Spieler investierte. Sportdirektor Sebastian Kehl zog eine schwarzgelbe Transferbilanz, gab Einblicke in einen „sehr nervenaufreibenden Sommer“, verteidigte die zum Teil kritisierten Verpflichtungen von Aarón Anselmino und Fabio Silva und formulierte klare Ambitionen für die Saison 2025/26.

„Wir haben sehr viele Dinge, die wir uns vorgenommen haben, erreicht. Schauen wir mal auf die Abgabeseite: Sébastien Haller, Gio Reyna, Youssoufa Moukoko und Soumaïla Coulibaly. Diese Spieler hatten keine große sportliche Perspektive mehr bei uns. Und alle Spieler konnten wir transferieren – und zwar zu, wie ich finde, sehr guten Konditionen“, sagte Kehl in einem Interview mit der „Sport Bild“. Die Transfer-Einnahmen der Borussia belaufen sich in diesem Sommer auf 72,8 Mio. Euro.

„Wir sind mit den Transfers von Daniel Svensson und Yan Couto in Vorleistung getreten (nach Leihe fest verpflichtet; d. Red.) und haben mit Jobe Bellingham früh einen Unterschiedsspieler verpflichtet. Da sprechen wir bereits über Ausgaben von knapp 60 Millionen Euro. Danach war klar: Wir müssen zunächst Spieler verkaufen, bevor wir weiter investieren können. Das haben wir im Juli vor allem durch den Transfer von Jamie Gittens getan“, so der 45-Jährige. In Sachen Kaderwert verzeichnete der BVB im Vergleich zu Mitte Juni zwar ein Minus von 40 Mio. Euro, überholte dennoch Bayer Leverkusen und ist jetzt mit 438 Mio. Euro die wertvollste deutsche Mannschaft nach dem FC Bayern.

Über die Verpflichtungen von Carney Chukwuemeka und Fabio Silva aus der Premier League sagte Kehl: „Entwicklungsfähige Spieler, die uns sportlich und wirtschaftlich eine Perspektive bieten. Ich bin absolut überzeugt von unserem Kader und glaube, dass wir besser aufgestellt sind als in der vergangenen Saison.“

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Es sei insgesamt „ein sehr nervenaufreibender Sommer“ gewesen, so der Sportdirektor. „Mit sehr vielen Telefonaten und Treffen. Und jede Kaderbewegung hatte ihre Eigenheiten. Vor allem, weil wir sie im Ausland getätigt haben. Transfers in der Bundesliga sind grundsätzlich etwas einfacher. Wir haben nun mit Klubs agiert, die nicht unbedingt aufs Geld angewiesen sind. Das verändert die Verhandlungsposition extrem. Und ich muss sagen: Die Engländer sind häufig schmerzbefreit. Sie gehen mitunter bewusst in die letzte Phase des Transferfensters, weil sie wissen: Aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten können sie beruhigt auf einen möglichen Domino-Effekt hoffen. Wir mussten also Geduld haben, um handeln zu können.“

BVB-Sportdirektor Kehl: Sommer 2025 „zeigt, wie viel Geld im Markt ist“

Zwei Mal war Kehl kürzlich zur Abwicklung der Deals nach England gereist. „Ich kann natürlich grundsätzlich auch im Juli zu Chelsea fliegen, mich mit den Bossen an den Tisch setzen und das Angebot über 20 Millionen Euro für Chukwuemeka unterbreiten. Dann würden die aber wahrscheinlich sagen: ‚Du kannst sofort wieder nach Hause fliegen!‘ Es braucht Zeit und eine klare Strategie, um seine Vorstellungen durchzusetzen. Und es braucht auch das klare Bekenntnis des Spielers“, erklärte Kehl. Am Ende habe man beide Profis für einen Preis bekommen, „der überhaupt nicht in den Trend passt. Fabio Silva ist ein richtig guter Stürmer mit glänzender Perspektive. Und er wird in diesem Sommer nicht einmal in den Top-100 der teuersten Transfers weltweit zu finden sein! Chukwuemeka wird noch weiter hinten landen. Das zeigt, wie viel Geld im Markt ist.“ Kehl liegt richtig, denn mit 22,5 Mio. Euro Ablöse belegt Silva lediglich Platz 108 der teuersten Transfers dieses Sommers (zur Statistik).

In den sozialen Netzwerken hatte es auch Kritik an der Dortmunder Transferpolitik gegeben, u. a. bezeichneten einige Fans den Silva-Transfer als überflüssig. Kehl reagierte auf Äußerungen dieser Art cool: „Natürlich benötigen wir einen solchen Spieler. Was passiert denn, wenn Serhou Guirassy mal länger ausfällt?! Wir haben wahrscheinlich 50 Spiele in dieser Saison – plus die Länderspiele. Da können wir doch angesichts unserer Ziele und Erwartungen nicht mit einem einzigen Stürmer antreten. Zumal Serhou auch mal entlastet werden muss, selbst wenn er fit ist.“

Die Tatsache, dass die Westfalen den argentinischen Abwehrspieler Aarón Anselmino ohne Kaufoption von den Blues holten, war einigen Anhängern übel aufgestoßen. Kehl verteidigte auch diese Maßnahme: „Wir wollten eigentlich gar keinen Innenverteidiger mehr holen. Nico Schlotterbeck und Emre Can fielen ja schon frühzeitig aus. Als sich dann aber noch Niklas Süle schwerer verletzte, mussten wir reagieren.“

Das Transferbudget sei nach dem Sommer nun „ausgeschöpft“, bekräftigte der BVB-Boss. „Wir haben mit den getätigten Transfers circa 100 Millionen Euro in neue Spieler investiert, ähnlich wie im letzten Sommer. Hinter uns steht aber kein Staat, kein Scheich, kein Milliardär. Wir müssen unser Geld selbst verdienen und können auf Dauer nur das ausgeben, was wir zuvor auch eingenommen haben.“

Auslaufende Verträge beim BVB: „Zu allen Spielern einen richtig guten Draht“

Stand jetzt laufen sechs Verträge im Dortmunder Kader zum Saisonende aus, darunter auch jene der langjährigen Leistungsträger Julian Brandt und Can sowie Innenverteidiger Süle. Auf die Perspektive dieser Spieler angesprochen hielt sich Kehl bedeckt: „Wir haben einige Spieler mit auslaufenden Verträgen, das ist gar nicht schlimm, das kann uns sogar helfen. Jeder Spieler bekommt nun die Chance, sich in den nächsten Monaten zu zeigen – selbstverständlich. Wir haben zu allen Spielern einen richtig guten Draht und werden uns sicher irgendwann an einen Tisch setzen, um über die Zukunft zu sprechen.“

Mit Blick auf sportliche sowie Transferziele formulierte Kehl klare Ambitionen: „Wir müssen mit unseren Möglichkeiten in der Champions League spielen. Unser Anspruch ist es, dieses Ziel nicht erst wieder am letzten Spieltag zu erreichen. Wir müssen vor allem in der laufenden Hinrunde deutlich mehr Punkte holen als in der vergangenen, das war zuletzt unser großes Problem. (…) Wenn du im März Elfter bist, fährt der Zug erst mal ohne dich los. In der vergangenen Saison hatten wir erst am letzten Spieltag die Gewissheit, mit welchen Einnahmen wir planen können. Für uns ist es deutlich einfacher, wenn wir im Februar oder März oben dabei sind, um schon frühzeitig in Transferanbahnungen einsteigen zu können. Das hilft enorm. Und ich bin sehr sicher, dass in diesem Kader die Qualität steckt, um die Weichen früher als zuletzt auf Champions-League-Kurs zu stellen.“