Eigentlich sollten in dem Gebäude in Marburg Flüchtlinge unterkommen. Dazu ist es nie gekommen. Jetzt wird es abgebaut. Neues Ziel: Die Region Karlsruhe.
Das Haus, ersteigert von einem unbekannten Bieter aus Karlsruhe, wechselte für 325.000 Euro den Eigentümer. Die 35 Meter lange Unterkunft muss abgebaut werden, um die Reise ins Badische anzutreten.
Foto: Zoll-Auktion.de
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Karlsruhe wird vermutlich in absehbarer Zeit um ein Gebäude reicher. Das an sich ist keine Nachricht – die Neubautätigkeit in der Stadt ist aller Krisen und Hürden zum Trotz nicht zum Erliegen gekommen.
Das Bemerkenswerte an dem neuen Haus ist etwas anderes: Es steht schon bezugsfertig, aber nicht in Karlsruhe. Das als Flüchtlingsheim konzipierte Haus steht aktuell noch im hessischen Marburg, auf dem Gelände der Landesfeuerwehrschule, 220 Kilometer von Karlsruhe entfernt.
Ein Haus geht auf Reisen nach Karlsruhe
Das Gebäude wurde bei einer Auktion des hessischen Zolls versteigert. Nach übereinstimmenden Informationen der Oberhessischen Presse und der Allgemeinen Zeitung soll das Haus nach Karlsruhe transportiert werden. Dafür soll es ab Mitte September abgebaut werden.
Das Flüchtlingsheim steht seit 2015 auf dem Areal im Marburger Stadtteil Cappel. Warum es nicht genutzt worden ist? Die Flüchtlingszahlen sind im Laufe der Jahre zurückgegangen, es wurde nicht mehr gebraucht, erklärt die Stadt Marburg.
Als die Zahlen wieder stiegen, sei das Gebäude vom Land Hessen als Eigentümer schon umgewidmet gewesen – es wurde für die Landesjugendfeuerwehr verwendet.
Besser kann eine Auktion kaum laufen.
Stephanie Auerswald
Hauptzollamt Gießen, Pressestelle
Was soll mit dem zweistöckigen, 35 Meter langen Bau, geschehen, wenn es denn in Karlsruhe in seinen Teilen angekommen ist? Das ist noch nicht bekannt. Ebenso wenig erklärt der Zoll in Hessen, wer das Haus überhaupt ersteigert hat.
Die Pressestelle der Behörde teilt mit, dass es zwar Kontakt zu dem Bieter gebe, er aber namentlich nicht genannt werden möchte. Er lasse jedoch wissen, dass die winterfeste Behausung künftig „sinnstiftend“ genutzt werden soll.
Der Zoll Hessen ist mit dem Ergebnis der Auktion recht zufrieden, erklärt Sprecherin Stephanie Auerswald gegenüber der Redaktion. „Der Preis liegt um mehr als das Hundertfache über dem Mindestgebot! Und die Auktion wurde mehr als 50.000-mal angesehen“, erklärt sie.
Jedes Stockwerk des Gebäudes hat elf Zimmer und zwei Sanitärräume. Die Leuchten im Flur werden über Bewegungsmelder gesteuert, schreibt der Zoll.
Foto: Zoll-Auktion.de
Das Startgebot für die 455 Quadratmeter Wohnfläche lag bei gerade einmal 3.000 Euro. Entsprechend groß ist die Freude: „Besser kann eine Auktion kaum laufen.“ Mit einem solchen Erlös hatte man bei der Behörde nicht gerechnet.
Die Leitungen sind schon zurückgebaut
Die Beschreibung des Gebäudes ist umfangreich und sachlich: Das Haus sei insgesamt in einem guten Zustand, ebenso wie die Holzfassade. Ins Obergeschoss kommt man über zwei Treppen, die an den Stirnseiten angebracht sind. In den Fluren sorgten jeweils vier durch Bewegungsmelder gesteuerte Lampen für die Ausleuchtung.
Als Heiztechnik ist ein Gasbrennwertkessel bis zu einer maximalen Heizleistung von 65 kW verbaut, ebenso wie ein Trinkwasserspeicher. Pro Geschoss gibt es acht WC-Kabinen, zwölf Waschbecken und sechs Duschen. An das kommunale Versorgungsnetz sei das Gebäude nicht mehr angeschlossen, schreibt der Zoll. Die Stadtwerke hätten bereits alle Leitungen zurückgebaut.
Dem Abtransport steht somit nichts mehr im Weg. Das ist Sache des Bieters, wie der Zoll schreibt: „Art und Weise der Demontage ist vom Ersteigerer zu überprüfen.“