Traumankunft in Genua! Wem, wenn nicht Ambrogio Beccaria war dieser Teil-Erfolg beim Ocean Race Europe zu gönnen? Punktgenau zur Etappen-Zielankunft in seiner italienischen Heimat schwang sich der 30-Jährige zum großen Triumphator auf, siegte in einem mitreißenden Finale mit seiner Allagrande Mapei.
Nach 2 Tagen, 8 Stunden, 41 Minuten und 14 Sekunden machte Mapei fast eine Stunde vor der Paprec Arkéa in Genua fest, zwei weitere Stunden zurück: die Biotherm. Und die anderen vier Crews, einschließlich Boris Herrmann mit der Malizia, hatten am Morgen noch einen weiten Weg durch die Bucht von Genua vor sich (Livetracker).
Es ist der Stoff für einen Hollywood-Schmachtfetzen, der dem Rennen der Imocas rund um Europa wieder Würze verleiht. Nach bisher acht Wertungen (Etappen-, Sprint- und Zwischenwertungen) mit den steten, fast schon Eintönigkeit vermittelnden Siegen durch Biotherm kann nun ein anderer Protagonist ein neues Kapitel schreiben. Überschrift: From Zero to Hero.
Der sagenhafte Aufstieg der Allagrande Mapei wurde in Genua gekrönt © Lloyd Images / The Ocean Race Europe 2025
Es ist die Geschichte des Einsteigers in die Imoca-Szene, der nach dem Kauf der Yacht mit viel Hochachtung der Konkurrenz und ebenso großen Ambitionen zur ersten Etappe des Rennens in Kiel an den Start ging – und nach nicht einmal zwei Minuten am Boden zerstört war.
Nach dem Crash mit Holcim-PRB am Kieler Leuchtturm musste Beccaria mit seiner Crew nicht nur die Etappe aufgeben, sondern angesichts des Schadens am Rigg sogar um die Fortsetzung des gesamten Rennens bangen.
Steiler Aufstieg nach hartem Rückschlag
Nur mit intensiver Arbeit und buchstäblich im letzten Moment gelang die Reparatur und die Rückkehr ins Rennen. Wenige Stunden vor dem Start zur zweiten Etappe kam die Allagrande Mapei in Portsmouth an und war wieder mittendrin in der Flotte der sieben Imocas.
Auf dem Weg nach Genua fand die Allagrande Mapei ihre Bedingungen vor © Vincent Curutchet
Von da an ging es für Ambrogio Beccaria, Thomas Ruyant und Co. beständig nach oben auf der Erfolgsleiter: Platz fünf zur Zwischenwertung in Porto, Platz vier bei der Etappenankunft in Cartagena, der Sprung auf das Podium mit Platz drei in Nizza. Und nun zur Krönung: Heimsieg für Beccaria in Genua, der ihn im Scoreboard weiter klettern lässt.
Für den Skipper der Allagrande Mapei war nicht nur die Ankunft in Genua das reinste Vergnügen, er genoss das Rennen und drehte auf – spätestens, als er die italienischen Gewässer erreichte.
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Bis zur Straße von Bonifacio, der Meerenge zwischen Korsika und Sardinien, bestimmte noch die Holcim-PRB das Geschehen, tauchte als erste Yacht zwischen den Inseln auf und nahm Speed in Richtung toskanische Küste auf – im Schlepptau die Biotherm und die Allagrande Mapei.
Viel Schwung im heimischen Revier
Als die Flotte dann bei kräftiger Südbrise mit über 20 Knoten nach Norden stürmte, zog das Heimteam am schnellsten an der Insel Elba vorbei, übernahm an der toskanischen Küste die Führung, obwohl sie aufgrund eines Motorproblems eine Stunde lang ohne Instrumente segeln musste.
Beccaria drückte aufs Tempo, wollte seinen Traum vom Heimsieg in Genua unbedingt verwirklichen und hoffte auf mehr Wind und Foiling-Bedingungen, die der Allagrande Mapei eindeutig liegen.
Schon zum Start in Genua hatte Ambrogio Beccaria vom Sieg geträumt © Jean Louis Carli
„Wir sind schnell“, berichtete er von seinem Platz am Navigationsstand, als das Boot in den Golf von Genua einfuhr. Er schnupperte bereits am Sieg und war voller Euphorie: „Es war wunderbar – Nordsardinien und Bonifacio waren fantastisch – und jetzt steuern wir den ersten Wegpunkt in der Nähe von La Spezia an. Wir erwarten mehr Wind und hoffen, dass wir fliegen können.“
Doch der Sieg hing am seidenen Faden. Auf der Extrarunde vor der Zielankunft brach der Wind ein und die Holcim-PRB holte mit einem Kurs weiter südlich die Führung zurück. Doch knapp vor dem Wegpunkt bei Alassio erwischten die nördlichen Boote zuerst den Wind. Allagrande Mapei rundete die virtuelle Marke auf Platz eins – von da an gab es kein Halten mehr.
Mit Highspeed Richtung Ziel
Aus einer Winzigkeit wurde eine Welt. Während Allagrande Mapei auf Südkurs ging, den Wind erreichte und den Verfolgern davonflog, blieb Holcim-PRB komplett stehen. Mit phasenweise über 33 Knoten Speed rauschte Beccaria dem Ziel entgegen, baute den Vorsprung innerhalb weniger Stunden auf Paprec Arkéa auf 20 Seemeilen und mehr aus. Biotherm lag plötzlich 50 und Holcim-PRB sogar über 90 Seemeilen zurück.
Für den italienischen Skipper ging mit der Ankunft in Genua gegen zwei Uhr nachts ein Traum in Erfüllung. Vor dem Start in Nizza hatte er erklärt, unbedingt als Erster in Genua ankommen zu wollen – einer Stadt, die während des Baus seiner Class-40-Yacht in 2022 zu seiner Heimat geworden war.
Feierstunde mitten in der Nacht. Allagrande Mapei am Steg von Genua © Lloyd Images / The Ocean Race Europe 2025
„Ich möchte immer jede Etappe gewinnen“, sagte er nach der Zielankunft. „Aber diese war etwas Besonderes, weil das Ziel in Italien war. Wir haben uns als Team so gut verbessert – auf der letzten Etappe waren wir Dritter, aber wir wussten, dass wir es noch besser machen können. Warum also nicht groß träumen und versuchen, diese Etappe zu gewinnen?“
Auf dem finalen Teilstück nach Genua segelte das Heimteam wie entfesselt, griff sich den Sieg und erfüllte sich einen Traum – nur drei Wochen nach dem Albtraum von Kiel.