Dresden. Steffen Kandalofsky kann sich kaum bremsen. Zumindest, wenn er von Radfahrern auf der Hauptstraße in Dresden spricht, die er mitunter „Durchkachler“ oder „Durchraser“ nennt. Er habe nichts gegen Radler. Aber die Situation auf dem Boulevard sei immer noch unhaltbar. Seine Frau, Sabine Kandalofsky, betreibt im Kügelgenhaus einen Teeladen. Entsprechend vertraut sind die beiden mit der Hauptstraße und ihrem Fahrradproblem.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Von diesem Problem erzählt Kandalofsky am Dienstag am Rande einer Aktion von Team Zastrow. Stadträte und Stadtbezirksbeiräte der Partei haben gerade 40 Plakate am Boulevard aufgehängt. Die weisen auf die geltende Regel hin und erklären, was das Zeichen „Radfahrer frei“ bedeutet. Einige scheinen es nicht zu wissen, oder wollen es nicht wahrhaben: Eigentlich gilt hier Schrittgeschwindigkeit für Fahrradfahrer.
Die Arbeit der Verwaltung ist uns deutlich zu langsam.
Julia Sasse (Team Zastrow)
Stadtbezirksbeirätin Neustadt
Um die Neustädter Stadtbezirksbeirätin Julia Sasse (Team Zastrow) bildet sich eine Traube, als sie die Stimme erhebt. Etwa 30 Bürger und Anwohner wollen hören, was sie zu erzählen hat. Sasse sagt, knapp 70 Anwohner hätten auf die Briefe von Team Zastrow reagiert und ihren Unmut bekundet. 200 davon hätte die Partei in Briefkästen eingeworfen. Die Essenz der Kritik: Radler auf der Hauptstraße „pesen“ zu schnell, fahren zu gefährlich, umrunden zu rücksichtslos.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Im Juli offenbarte eine CDU-Stadtratsanfrage, dass die Verwaltung noch prüft, wie sie mit dem Radverkehr auf der Hauptstraße umgeht. Jetzt sind hier zumindest Kameras zu sehen, die das Verkehrsaufkommen zählen. Die Zählung dürfte bald abgeschlossen sein. Ergebnisse seien bis Anfang November zu erwarten, stand in der Antwort auf die Anfrage. „Die Arbeit der Verwaltung ist uns deutlich zu langsam“, sagt die Lokalpolitikerin Sasse.
Der Radweg auf der Albertstraße sei so gut wie ungenutzt, wie unter anderem eigene Zählungen der Partei gezeigt hätten. Dabei sei man auf dieser Route schneller am Albertplatz, springt ihr Frank Wenzke, Stadtbezirksbeirat in Klotzsche, bei. Er selber nutze den Radweg täglich, sagt der Mann in enger Radlerkleidung. Aber dieser Weg sei nun mal nicht gut ausgeschildert. Deshalb nehmen viele Fahrradfahrer, die von der Marienbrücke kommen, eher die direkte Verbindung über die Hauptstraße.
Am Dienstag war das deutlich zu beobachten. Etwa ab 16 Uhr fuhren Kolonnen von Radlern auf der westlichen Seite den Boulevard hinauf. Tatsächlich, oft ist es recht knapp, wenn sie sich an Fußgängern oder Rollstuhlfahrern vorbeischlängeln.
Man geht nur noch mit Angst hier lang.
Anwohnerin der Hauptstraße
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Die Situation sei nicht im Interesse der Anwohner und Händler, moniert Sasse. „Es muss auch einen Schutzraum für Fußgänger geben“, lautet daher ihre Forderung.
Die Menschentraube rückt immer näher. „Man geht nur noch mit Angst hier lang“, wirft eine Anwohnerin ein und erntet dafür Applaus. Auch hätten die vielen Radler auf der Hauptstraße nichts mit der fehlenden Carolabrücke zu tun. Die Situation sei schon seit geraumer Zeit der „reine Wahnsinn“. Nochmal Applaus.
Kandalofsky erzählt, durch seine Umtriebe im Tourismusbereich sei er viel herumgekommen. „So was wie hier habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Nach 15 Uhr will Kandalofsky kürzlich rund 600 Radler pro Stunde gezählt haben. Deshalb sinke die Aufenthaltsqualität, angeblich würden Einheimische mittlerweile sogar die Hauptstraße meiden. Er würde sich wünschen, dass die beiden Wege vor den Geschäften ganz für den Radverkehr gesperrt werden.
Sandra Kandalofsky fügt hinzu: „Jeder Monat, in dem nichts passiert, ist einer zu viel.“ Durch die deutliche Positionierung des Ehepaares hätten sie bereits Kunden verloren, sie gelten anscheinend als Fahrradhasser. „Wir haben gar nichts gegen Fahrradfahrer“, bekräftigt auch die Teeverkäuferin. Aber es fehle Rücksichtnahme auf der einen und eine klare Regelung auf der anderen Seite.
DNN