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Rentner mit hohem Einkommen sollen finanziell unterstützen. Nun bekräftigt Ökonom Marcel Fratzscher seine Position und nimmt die Babyboomer in die Verantwortung.

Berlin – Ökonom Marcel Fratzscher hält trotz Kritiken und Einwände am Boomer-Soli fest. Er plädiert dafür, dass Besserverdienende aus der Generation der Babyboomer zur Finanzierung des Rentensystems beitragen und so die jüngeren Generationen entlasten. „Die Babyboomer müssen endlich Verantwortung für ihr Handeln übernehmen“, sagte der DIW-Chef.

DIW-Chef sieht Rentner mit Babyboomer-Soli in der Pflicht: „Sollten für ihre Entscheidungen geradestehen“

„Die Babyboomer sollten für ihre Entscheidungen geradestehen. Sie haben wenige Kinder bekommen, und die Arbeitszeit stieg kaum mit der Lebenserwartung. Deshalb sollten sie einen finanziellen Ausgleich leisten“, so Fratzscher gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Es sei ein „Irrweg“, die Verantwortung auf die jüngere Generation abzuwälzen. Konkret fordert er: „Die besser verdienenden 20 bis 30 Prozent der Rentner sollten auf vier Prozent ihres Einkommens verzichten sollten, durch geringere Steigerung von Renten und Pensionen und höhere Steuern auf Vermögen“.

Das DIW hatte im Juli einen Boomer-Soli vorgeschlagen, der das Problem der Altersarmut bekämpfen soll. Das Institut untersuchte dazu die Wirkungen verschiedener Modelle. Eine Variante: eine Abgabe auf sämtliche Alterseinkünfte aus gesetzlichen, betrieblichen und privaten Renten sowie anderen Bezügen. In einer weiteren werden auch Vermögenseinkünfte besteuert.

Ein Rentner-Paar spaziert am Strand entlangRentner mit hohem Einkommen sollen finanziell aushelfen. © Annette Riedl/dpa/dpa-tmn

Vorgeschlagen wurde eine Abgabe von zehn Prozent auf Alterseinkünfte ab einer Freigrenze von 902 Euro ohne oder 1048 Euro monatlich mit Einbeziehung von Kapitaleinkünften. Die durchschnittliche Belastung der Alterseinkünfte durch die Abgabe wird unter Berücksichtigung des Freibetrages mit drei bis vier Prozent angegeben. So könnten die Einkünfte einkommensschwacher Haushalte von Seniorinnen und Senioren um zehn bis elf Prozent steigen, hieß es in einer Studie des DIW.

Vorschlag für Boomer-Soli sorgt für Kritik – Fratzscher plädiert zudem für soziales Pflichtjahr

Der Vorschlag sorgte für Kritik aus mehreren Reihen. So warnte IW-Ökonom Jochen Pimpertz, dass das DIW-Modell die Gefahr berge, dass Betroffene sich etwa Guthaben aus einer betrieblichen Altersvorsorge in einer Summe auszahlen ließen, um einem drohenden „Boomer-Soli“ zu entgehen.

Doch nicht nur mit Vorschlägen zum Boomer-Soli spaltet Fratzscher die Gesellschaft. Er spricht sich auch für ein verpflichtendes soziales Jahr für Rentner aus. Die ältere Generation müsse sich stärker einbringen, beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung. Benötigt würden technische Fähigkeiten. „Warum sollten wir die nicht nutzen, gerade von Leuten, die früher bei der Bundeswehr ausgebildet wurden?“, sagte Fratzscher dem Spiegel im August 2025.

Rentensystem steht in Deutschland auf wackeligen Beinen – immer weniger Beitragszahlende

Mit Blick auf das wackelnde Rentensystem kamen in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt Vorschläge für Stabilisierungsmaßnahmen. Sogar eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit wird diskutiert.

Doch warum steht die Rente derzeit vor so großen Herausforderungen? Bis in die 1990er Jahre konnte sich das System selbst finanzieren, weil vielen Beitragszahlenden verhältnismäßig wenige Rentnerinnen und Rentner gegenüberstanden. Heute ist es umgekehrt: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nun in Rente, doch es gibt nicht mehr genug Beitragszahlende.

Kamen 1992 noch 2,7 Beitragszahlerinnen und -zahler auf einen Rentner, sind es inzwischen weniger als zwei. Bis 2050 wird erwartet, dass einem Rentner noch 1,3 Beitragszahler gegenüberstehen. Gleichzeitig wuchs die durchschnittliche Rentenbezugsdauer von 1998 bis 2023 von 13,6 auf 18,8 Jahre bei Männern und von 18,4 auf 22,1 Jahre bei Frauen. Langfristig gilt das System nach dem bisherigen Modell damit als unfinanzierbar. (bohy mit Material von dpa und afp)