Manche packen ihr Leben zwischen zwei Buchdeckel. Andreas Rombold aus Fellbach widmet sich lieber in einem Prachtband der imposanten Historie seines Hauses.

Es gibt sicher nicht wenige Zeitgenossen, die mit fortgeschrittener Lebenszeit und im beginnenden Rentenalter ihre vergangenen Jahrzehnte Revue passieren lassen und die eigenen, mal unfassbaren, mal vielleicht auch banalen Erlebnisse niederzuschreiben. Im Idealfall entsteht daraus ein Buch, das eventuell sogar einen Verlag und dazu eine große Leserschaft findet.

Ähnliche Überlegungen dürfte auch Andreas Rombold aus FellbachOeffingen hin und wieder getätigt haben. Allerdings hat er sich dann doch für ein anderes Projekt entschlossen: Er hat nicht etwa seine eigene Familiengeschichte zurückverfolgt und aufgearbeitet.

Altersbestimmung des Holzes zeigt: Das Haus wurde 1668 errichtet

Vielmehr ist er tief in die stattliche, einige Jahrhunderte zurückliegende Historie des eigenen Hauses gestiegen, das er selbst 1989 erworben und komplett restauriert hat. Und das Ganze hat er nun, gut 35 Jahre später, in einem prächtigen, herausragend recherchierten und wunderbar aufgemachten Bildband für die kommenden Generationen verewigt.

Der Titel des mit einem festen Cover versehenen, 30 auf 30 Zentimeter großen Werks ziert natürlich das Objekt der Romboldschen Begierde: das Haus Nummer 20 in der Krähenstraße in Oeffingen, beschienen von der sanften Abendsonne. Die Geschichte des Hauses geht zurück bis fast zum 30-jährigen Krieg, der, wie man aus dem Geschichtsunterricht sicher noch weiß, 1648 endete.

Das Foto vom Haus in der Krähenstraße 20, wie es sich heute präsentiert, ist auch dasTitelbild des Buches. Foto: privat (Andreas Rombold)

Das Fachwerkhaus in der Krähenstraße 20 ist, so Rombold, „ein für damalige Verhältnisse großes Renaissance-Bauernhaus mit integriertem Kuhstall“. Während der Renovierung konnte 1989 dank dendrochronologischer Untersuchungen zur Altersbestimmung des Holzes das Baujahr auf 1668 datiert werden.

Doch warum hat Andreas Rombold sich überhaupt mit der Geschichte seines Hauses befasst? Er selbst nennt diese Beweggründe: „Zum einen war die Sanierung und Renovierung des Hauses eines meiner großen Lebensprojekte, das mich in den Jahren 1988/89 bis an die Grenzen der Belastbarkeit in Anspruch genommen hat.“

Über das alte, nahezu 350 Jahre alte ehemalige Bauernhaus wusste er nur, „dass es mein Großvater Paul Hugo Rombold vor dem Ersten Weltkrieg anscheinend für 16 000 Goldmark von einer Tante gekauft hatte“. Sein Vater und seine Geschwister wuchsen in dem Haus auf. „Das durch die Sanierung erworbene Wissen wollte ich für mich erweitern und an meine Kinder Fabian, Felicitas und Larissa, für die es ebenfalls ihr Elternhaus gewesen war, sowie an meine Enkel und weitere Nachkommen weitergeben.“

Die älteste Fotografie des Hauses, so um das Jahr 1930. Foto: Andreas Rombold (privat)

Der Name Krähenstraße, in der das Haus steht, geht übrigens nicht auf die Rabenvögel zurück. Vielmehr liegt das schwäbische „Grä- oder Gräagass“ zugrunde, was seinen Ursprung im Grün hat, mit dem die Gasse einst bezeichnet wurde. Rombold: „Nach der weitgehenden Entvölkerung durch den Dreißigjährigen Krieg und die in diesen Jahren wütende Pest waren die Höfe in dieser Oeffinger Dorfstraße weitestgehend zerstört und brachgelegen“ und „durch Gras und Unkraut überwuchert“.

In seinem Buch beschäftigt sich Rombold intensiv mit den allgemeinen Lebensbedingungen der folgenden Jahrhunderte wie auch der speziellen Situation in Oeffingen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren in Oeffingen, das damals etwa 1000 Einwohner hatte und trotz seiner Nähe zu Stuttgart landwirtschaftlich geprägt war, beispielsweise die hygienischen Verhältnisse noch „desaströs“, so Rombold, „was die Verbreitung von Krankheiten wie Typhus, Tuberkulose, Pocken und andere begünstigte“.

Auch in der Krähenstraße wurde erst in den 1960er Jahren ein Badezimmer eingebaut, zuvor wusch man sich am Waschtrog in der Küche oder über einem Waschlavoir, also einer Schüssel im Schlafzimmer. „Samstags genoss man ein Bad in einer mit warmem Wasser gefüllten Blechwanne in der Küche.“

Während des Umbaus: Die Fachwerksanierung auf der Südseite. Foto: Andreas Rombold (privat)

Rombold analysiert auch die Lage im Ersten und Zweiten Weltkrieg, zeigt mit vielen Fotos etwa landwirtschaftliche Arbeiten oder Dorffeste. 1943, während des Kriegs, wurde Oeffingen eine der nachts angeleuchteten Scheinstädte aus Holz und Pappe, um feindliche Bomber aus Stuttgart weg auf sich zu ziehen.

1987 startete er „meine Totalrenovierung“ – die letztlich in etwa so kostspielig war, wie wenn er einen Neubau dort hingestellt hätte. Eine vorherige Begehung mit Fachleuten hatte ergeben, dass „die Renovierung des Hauses zwar aufwendig, aufgrund des guten Erhaltungszustandes der meisten Innenwände sowie des Kellers und des Ende der 60er Jahre teilerneuerten und neu gedeckten Dachstuhls aber durchaus machbar war“.

Der Einzug erfolgte am 10. Dezember 1989

Detailliert beschreibt Rombold die Umbauarbeiten in Küche, Stall, Schlafzimmer, Badezimmer, Wohnzimmer, Dachgeschoss und Wintergarten. In etwa zum Fall der Mauer in Berlin waren in Oeffingen alle Mauern gerichtet. „Die Euphorie über die am 11. November 1989 geöffnete Grenze zur DDR begleitete uns per Radio bei unseren letzten Arbeiten.“ Der Einzug erfolgte dann am 10. Dezember 1989.

Dreieinhalb Jahrzehnte später hatte Bauherr Rombold dann auch sein nächstes Mammutprojekt bewältigt – das Buch über die dreieinhalb Jahrhunderte währende Geschichte seines Hauses.

 

Das Haus in der Krähenstraße 20

Lehrer
Andreas Rombold, Jahrgang 1952, absolvierte nach der Flachdruckerlehre die Fachhochschule für Druck Stuttgart. Es folgte das Lehramtsstudium in Darmstadt. Ab 1980 unterrichtete er an der Johannes-Gutenberg-Schule Stuttgart mit Schwerpunkt Technologie in den Fachklassen Siebdruck.

Lektüre
Sein Buch über die Krähenstraße 20 in Oeffingen hat Rombold in Eigenregie mithilfe seines Bruders Felix, von Reinhard Urbanke und Martin Frischauf sowie Mitarbeitern des Stadtarchivs Fellbach gefertigt. Es gibt nur noch wenige Exemplare, bei Interesse ist ein Nachdruck denkbar. Infos unter Telefon 0711 / 34 24 48 46, E-Mail: Andreas.Rombold@t-online.de.