Siebenjähriger stirbt

Schuldfähig? Vater steht nach Mord an Sohn erneut vor Gericht

04.09.2025 – 19:02 UhrLesedauer: 2 Min.

Der Angeklagte (l) steht neben seinem Anwalt Temba Hoch vor Prozessbeginn im Gerichtssaal: Wegen Mordes an seinem siebenjährigen Sohn wurde er verurteilt.Vergrößern des Bildes

Der Angeklagte (l) steht neben seinem Anwalt Temba Hoch vor Prozessbeginn im Gerichtssaal: Wegen Mordes an seinem siebenjährigen Sohn wurde er verurteilt. (Quelle: Sina Schuldt)

Ein Vater tötet seinen siebenjährigen Sohn. Nun steht er erneut vor Gericht in Bremen – es geht um die Frage seiner Schuldfähigkeit.

Es war ein heimtückischer Mord – darin sind sich alle Beteiligten einig: Im September 2023 tötete ein heute 48-Jähriger in Bremen seinen siebenjährigen Sohn mit einem Messer. Im April 2024 verurteilte das Landgericht Bremen ihn zu 13 Jahren Haft und ordnete seine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Grund: Wegen einer psychischen Erkrankung sei seine Steuerungsfähigkeit und damit auch seine Schuldfähigkeit eingeschränkt gewesen.

Nun muss sich der Mann erneut vor einer anderen Schwurgerichtskammer verantworten. Zum ersten Prozesstag erschien er im dunklen Anzug und weißem Hemd. Neben ihm saß eine Dolmetscherin, die ins Türkische übersetzte. Der 48-Jährige wirkt – wie schon zuvor – deutlich älter, als er ist. Seine Ex-Frau, die Mutter des getöteten Kindes, tritt wieder als Nebenklägerin auf und wirkte äußerlich gefasst.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Entscheidung des Landgerichts auf Antrag der Staatsanwaltschaft teilweise aufgehoben. Die Mordverurteilung selbst wurde nicht infrage gestellt. „Offen ist weiterhin die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten – und damit im Prinzip auch nach dem Warum“, erklärte ein Sprecher des Landgerichts. Nach Ansicht des BGH war die Begründung zur verminderten Schuldfähigkeit nicht ausreichend. Deshalb wird der Fall erneut verhandelt.

Sollte das Gericht den Angeklagten diesmal als voll schuldfähig einstufen, droht ihm statt der Psychiatrie eine Haftstrafe im Gefängnis. Möglich ist aber auch, dass erneut eine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt wird.

Am Tatwochenende hatte der Vater seinem Sohn Schlaftabletten in einem Eistee aufgelöst. Anschließend tötete er den schlafenden Jungen mit einem Küchenmesser. Das Kind verblutete am Tatort. Danach versuchte der Mann, sich selbst das Leben zu nehmen, rief jedoch zuvor seine Schwester an, die den Notruf wählte. „Ohne Behandlung wäre der Angeklagte verstorben“, zitierte der Vorsitzende Richter Björn Kemper aus dem ersten Urteil.

Die Eltern hatten sich ein Jahr vor der Tat getrennt. Laut Urteil konnte der Angeklagte nicht verkraften, dass seine Ex-Frau einen neuen Partner hatte. Er steigerte sich in die Vorstellung, dieser sei in Drogen verstrickt. Aus seiner Sicht habe er den Jungen getötet, „um ihm ein Leben als Drogenabhängiger zu ersparen“.

Ein Gutachter bescheinigte dem Angeklagten damals eine mittelschwere Depression in Verbindung mit einer schizoaffektiven Störung. Zudem gebe es Hinweise auf „hirnorganische Komponenten“, erklärte die damalige Vorsitzende Richterin. Seit 2015 befand sich der Mann in psychiatrischer Behandlung.

Der Prozess soll am 17. September fortgesetzt werden. Laut Verteidiger will sich der Angeklagte dann selbst äußern. Auch die Mutter des Jungen wird erneut als Zeugin gehört. Beim ersten Prozess sagte sie unter Tränen: „Er hat komplett unser Leben ruiniert.“