Stand: 05.09.2025 06:38 Uhr

Er soll Klimamodelle berechnen, Medikamente entwickeln – und Europas Position im globalen KI-Rennen stärken. „Jupiter“ ist der schnellste Supercomputer Europas. Er steht in Jülich und wird heute offiziell eingeweiht.

Von Sebastian Moritz, WDR

Ein Rechenzentrum in der rheinischen Provinz – und doch ein Ort, an dem Europas digitale Zukunft mitentschieden werden soll. Der Supercomputer „Jupiter“ am Forschungszentrum Jülich ist der erste europäische Rechner der sogenannten Exascale-Klasse und damit ein Hoffnungsträger im Wettlauf um die künstliche Intelligenz.

Mit einer Rechenleistung von mehr als einer Trillion Operationen pro Sekunde – vergleichbar mit der von einer Million Smartphones – ist „Jupiter“ der derzeit schnellste Supercomputer Europas. Außerdem gilt er als besonders energieeffizient. Ein Faktor, der beim enormen Stromverbrauch für KI-Rechenoperationen immer wichtiger wird.

„Jupiter“ kann KI-Modelle mit riesigen Datenmengen trainieren. Die Jupiter AI Factory soll zum zentralen Ort für die Entwicklung neuer KI-Modelle werden und dazu beitragen, dass Europa im weltweiten KI-Rennen mithalten kann. „Wenn die Rechenleistung erst einmal da ist, könnten viel mehr Ideen für Start-ups und Unternehmen im Bereich der künstlichen Intelligenz entstehen“, sagt Jannis Hecker, Referent für künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom.

„Technologische Revolution“ – aber reicht das?

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst spricht von einer „technologischen Revolution“. Tatsächlich ist die weltweit verwendete Rechenleistung für KI-Training in den letzten fünf Jahren um den Faktor 3.000 gestiegen. Europa hat hier jedoch an Boden verloren: Der Anteil an den weltweiten Supercomputer-Kapazitäten ist auf nur noch fünf Prozent gesunken.

Deutschland liegt in der globalen Rangliste der Supercomputer mit gut 40 Rechnern zwar weit vorne, doch das ist nicht das ganze Bild. Unternehmen wie Amazon, Microsoft und Google beispielsweise lassen ihre wesentlich leistungsstärkeren Rechner nicht in die Liste aufnehmen, und auch China reicht seit Jahren keine Daten mehr ein. Und obwohl die Europäische Union mit der Gigafactory-Initiative weiter aufrüsten will, werden in absehbarer Zeit weiter Rechenkapazitäten fehlen. „Wenn wir in Europa souverän unsere industriespezifischen KI-Modelle trainieren wollen und die KI-Anwendungen in sicherheitskritischen Bereichen ebenfalls in Europa laufen sollen, brauchen wir massiv mehr Rechenkapazitäten als bisher geplant sind“, so Jannis Hecker von Bitkom.

Dafür wären hohe Investitionen nötig. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte fehlen bis 2030 rund 60 Milliarden Euro für den Ausbau KI-fähiger Rechenleistung. Zur Einordnung: Der „Jupiter“-Rechner in Jülich hat rund 500 Millionen Euro gekostet. Europaweit sollen in den nächsten Jahren insgesamt 13 KI-Fabriken entstehen, fünf davon werden zu sogenannten Giga-Fabriken ausgebaut. Auch Jülich ist dafür ein vielversprechender Kandidat.

Digitale Souveränität statt Abhängigkeit

Wissenschaft und Unternehmen könnten für ihre KI-Berechnungen theoretisch auch Computer in den USA nutzen. Doch das birgt Risiken: „Wenn der US-Präsident Trump heißt und etwas nicht gefällt, was wir hier in Europa machen, kann der Zugang zu diesen Systemen schnell eingeschränkt werden“, warnt Holger Hoos von der RWTH Aachen.

Der Supercomputer „Jupiter“ sei ein wichtiger Schritt zur digitalen Souveränität. Letztendlich ist der Ausbau der KI-Rechenkapazitäten nicht nur eine technische, sondern auch eine stratregische Entscheidung.