Wie die Traumata des Krieges seit 1945 durch die Generationen weitergereicht werden, davon erzählt Lina Schwenks Debüt „Blinde Geister“, das für den Deutschen Buchpreis nominiert ist. Und von neuen Kriegen, die schon neue Wunden reißen.
Weil seither so viel passiert ist und weiter passiert, denkt man leicht, der Zweite Weltkrieg liege lange zurück, in grauester Vorzeit. Dabei fand er psychohistorisch erst gestern statt, nämlich vor einer Generation. Die Geburtsdaten der sogenannten Boomer liegen näher am Kriegsende von 1945 als die Gegenwart am 11. September 2001 oder am Mauerfall von 1989. Wer um 1960 in Deutschland zur Welt kam, hat Eltern, die noch den Bombenkrieg, die Vertreibungen, die Hungerkrisen der ersten Nachkriegszeit erfahren haben, um von den Verstrickungen in schwerste Verbrechen gar nicht zu reden.