Ab 2027 sollen die Betreiber des Kunsthauses jährlich insgesamt 7,3 Millionen Franken zusätzlich erhalten.
Eingang des Erweiterungsbaus: Mehr Raum, mehr Kunst und mehr Besucher bedeutet höhere Erträge, aber auch höhere Kosten.
Andreas Becker / Keystone
«Die Erhöhung der Beiträge an das Kunsthaus ist unumgänglich», sagte Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) am Freitagnachmittag vor den Medien. Nur so könne das grösste Kunstmuseum der Schweiz die hohe Qualität seines Angebots und die Gebäudestruktur erhalten.
Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen
NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.
Bitte passen Sie die Einstellungen an.
Die Museumsdirektorin Ann Demeester formulierte es noch dramatischer: Wenn die Kunstgesellschaft nicht mehr Subventionen erhalte, werde das dazu führen, dass das Museum Personal entlassen, möglicherweise ganze Gebäudeteile schliessen oder die Öffnungszeiten reduzieren müsse. Die zusätzlichen Subventionen seien «kein Extra, sondern die Grundlage» für den Betrieb des Museums.
Matthias Alber, Geschäftsführer der Stiftung Kunsthaus, ergänzte, die 2030 anstehende Sanierung der zwischen 1910 und 1976 errichteten Gebäude Moser, Müller und Pfister könne die Stiftung nicht aus eigener Kraft stemmen. Auf die Sanierung zu verzichten, sei keine Option. Das hätte schwere Schäden an der Gebäudesubstanz zur Folge, deren Reparatur noch teurer würde. Die Betriebssicherheit wäre gefährdet.
Es waren eindringliche Worte, mit denen die Stadtpräsidentin und die beiden Vertreter der Kunsthaus-Trägerschaft am Freitag vor die Medien traten.
Die Stadt Zürich will ihre jährlichen Beiträge an die Zürcher Kunstgesellschaft und die Stiftung Zürcher Kunsthaus per 2027 um insgesamt 7,3 Millionen Franken erhöhen. 4 Millionen Franken sollen an die Kunstgesellschaft fliessen. Damit steigt die Summe der Subventionen für die Gesellschaft auf 17,6 Millionen Franken pro Jahr. Die Stiftung Zürcher Kunsthaus soll 3,3 Millionen Franken zusätzlich und somit neu rund 8,2 Millionen Franken pro Jahr von der Stadt erhalten.
Das letzte Wort zu dem Plan, die Subventionen zu erhöhen, haben die Stimmberechtigten voraussichtlich 2026.
Mehr Fläche, mehr Besucher, mehr Aufwand
Die finanzielle Schieflage des Kunsthauses ist nicht neu, letztes Jahr schrieb das Museum ein Defizit von 4,5 Millionen Franken. Grund dafür ist insbesondere der 2021 eröffnete Erweiterungsbau, mit dem sich die Fläche des Kunsthauses verdoppelte. «Wir zeigen 75 Prozent mehr Kunstwerke, haben mehr Ausstellungen und neue Formate zur Kunstvermittlung entwickelt», sagte Ann Demeester.
Die Besucherzahlen übertreffen mit gut 500 000 Personen pro Jahr die Erwartungen. Das Museum habe mit 50 Prozent einen sehr hohen Eigenfinanzierungsgrad. Im Vergleich zu 2023 seien die Gönnerbeiträge 2024 um 87 Prozent höher ausgefallen. «Ein Zeichen des Vertrauens», sagte Demeester.
Mit dem Neubau und dessen Betrieb gehen aber auch weit höhere Aufwände einher als einst angenommen.
Der Betrieb sei personell, finanziell und organisatorisch ein «täglicher Kraftakt», sagte Demeester. Das Kunsthaus sei «von einem KMU zu einem multinationalen Unternehmen geworden» und kämpfe nun sozusagen mit Wachstumsschmerzen. Das Kunsthaus müsse seine Organisations- und Führungsstruktur der neuen Grösse anpassen, Prozesse optimieren und effizienter werden.
Demeester betonte, die nötigen Veränderungen seien im Gange. Eine externe Untersuchung der Wirtschaftsprüferin und Unternehmensberaterin KPMG habe die eingeschlagene Richtung bestätigt.
Schuldzuweisungen sind «extrem uninteressant»
Seit 2021 präsidiert der ehemalige Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand die Kunstgesellschaft. Er und die im selben Jahr ernannte Museumsdirektorin Demeester sehen die Schuld für die finanzielle Misere klar bei den Vorgängern. Zur NZZ sagte Hildebrand, die Kostenfolgen des Neubaus seien «nicht konsequent zu Ende gedacht» worden.
Walter Kielholz, 2002 bis 2021 Präsident der Kunstgesellschaft und treibende Kraft hinter dem Neubau, wollte sich zur finanziellen Lage des Museums eigentlich nicht äussern. Zur NZZ sagte er letztes Jahr nur, die Verantwortlichen hätten die künftigen Kosten anhand der Zahlen und der Annahmen, die man vor der Abstimmung 2012 gehabt habe, sorgfältig berechnet.
Ann Demeester wollte sich am Freitag nicht mit Schuldzuweisungen befassen. Sie seien «extrem uninteressant, weil man damit nichts löst». Die Vergangenheit sei da, als Tatsache. «Wir können nur noch aufbauen.»
Mehr Forschung, nicht nur zu Bührle
Mit der neuen Grösse einher gehe auch eine grössere Verantwortung, sagte Demeester. Dies auch in Bezug auf die Provenienzforschung. Gemeint sind hier nicht nur die Bührle-Sammlung, sondern auch die eigene Sammlung des Kunsthauses. Es ist eine zusätzliche Anforderung des Subventionsvertrags.
Die im Neubau ausgestellte Sammlung des Waffenfabrikanten Emil G. Bührle will das Kunsthaus in den kommenden fünf Jahren vertieft untersuchen. Bührle hatte einen grossen Teil der Werke in der Zeit des Nationalsozialismus erworben. Historiker und Politiker vermuten, dass Bührle einen Teil der Werke nur deshalb erwerben konnte, weil die ursprünglichen Besitzer sich in Notlagen befanden.
Erst im Mai hatte das Kunsthaus erklärt, die Provenienz der Bilder und Skulpturen in den nächsten fünf Jahren vertieft abklären zu wollen. Dabei sollen – anders als bisher – die Standards gelten, die das Kunsthaus üblicherweise anwendet und die sich am Begriff der «NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgüter» orientieren. Die Stadt solle bei der Finanzierung der Untersuchung mithelfen. Der Stadtrat hat hierfür einen separaten, einmaligen Unterstützungsbetrag von 3 Millionen Franken gesprochen. Dieser muss nun vom Stadtparlament bewilligt werden.
Tonhalle, Kammerorchester, jetzt das Kunsthaus
Das Museum sei darüber hinaus mit Herausforderungen konfrontiert, mit denen auch andere grosse Kulturinstitutionen kämpften. Demeester nennt neben der Teuerung etwa steigende Transport- und Versicherungskosten, höhere Energiepreise oder die gestiegenen Anforderungen an Sicherheit und IT.
Die Kunstgesellschaft ist nicht die einzige Kulturinstitution, die bei der Stadt mehr Gelder beantragt hat. Die Tonhalle und das Kammerorchester kämpfen ebenfalls mit finanziellen Herausforderungen und sollen mehr Geld erhalten. Dass nun noch weitere Institutionen die hohle Hand machen könnten, glaubt Mauch nicht, vor allem aber funktioniere der Stadtrat nicht so.
Die Stiftung Zürcher Kunsthaus ist für die Museumsgebäude und deren Unterhalt zuständig. Der heutige Subventionsbeitrag basiere auf dem Gebäudeversicherungswert, sagte der Geschäftsführer Matthias Alber. Seit dem Jahr 2000 sei er auf einem Ansatz von 1,5 Prozent. Zu tief, sagte Alber. Um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden, müsste der Ansatz bei 2,3 Prozent des Gebäudeversicherungswerts liegen. «Aus der Differenz ergibt sich eine Finanzlücke von 3,3 Millionen Franken.»
Mauch hielt fest, dass der Stadtrat erwarte, dass die Kunsthaus-Trägerschaft ihre bisherigen Effizienzbemühungen fortsetze. «Die Kunsthaus-Trägerschaft hat diese Anträge nicht leichtfertig gestellt», sagte Mauch. Sie gehe deshalb davon aus, dass nicht schon in wenigen Jahren die nächste Anfrage beim Stadtrat eingehen werde.