Ein altertümlicher Elektroherd aus einem steirischen Waldhaus als erjagte Trophäe für das rekonstruierte Interieur einer großbürgerlichen Villa aus den 1930er-Jahren in Währing: Wenn es einen einzigen Gegenstand braucht, um das mit großem Aufwand betriebene Projekt der Renovierung und eigentlich vollumfänglichen Wiederinstandsetzung der Villa Rezek zu veranschaulichen, dann ist es dieses historische Elektrogerät. Denn für den ausführenden Architekten Max Eisenköck gehörte ab einem fortgeschrittenen Punkt dieser im Jahr 2019 gestarteten Unternehmung auch die regelmäßige Jagd nach Objekten auf der Verkaufsplattform Willhaben zu seinen Aufgaben. Natürlich habe er sich auch in Antiquitätengeschäften und bei Auktionen nach passenden Gegenständen umgesehen, so der Wiener Architekt, doch der Online-Flohmarkt sei „eine echte Fundgrube“ für sein Vorhaben gewesen: „Die Hoffnung, den originalen Elin-Elektroherd für die Küche irgendwo auftreiben zu können, hatte ich eigentlich schon aufgegeben, als ich ihn dort fand. Ich habe dann alles stehen und liegen gelassen, den Verkäufer kontaktiert und gesagt, dass ich den Herd unverzüglich abholen komme.“
Bald ein Hausmuseum?
Und so fand das historische Elektrogerät seinen Weg aus der Hinterlassenschaft der verstorbenen Bewohnerin eines kleinen steirischen Waldhäuschens in die respektable Villa, die im Auftrag des Internisten Philipp Rezek von dem Architekten Hans Glas in den Jahren 1932–1933 geplant worden war. Das Wohnhaus gilt Kennern der Materie als ein wichtiges Beispiel der Wiener Moderne in der Architektur, häufig werden Parallelen zur berühmten, von Mies van der Rohe geplanten Villa Tugendhat in Brno gezogen.
Die Rezeks selbst wanderten auf der Flucht vor dem Nazi-Regime nach 1938 in die USA aus, das arisierte Haus wurde erst nach Kriegsende restituiert und anschließend verkauft. Es folgten wechselnde Besitzer, unter ihnen fand sich auch die Familie Engelhorn: Die als Millionenverschenkerin bekannt gewordene Philanthropin Marlene Engelhorn, weiß Max Eisenköck, habe hier ihre Kindheit verbracht. 2019 erging, nach dem Erwerb von Villa und Garten mit Blick auf Kahlenberg und Cobenzl durch eine Stiftung, an Eisenköcks Büro der Auftrag, die Villa wieder in den Originalzustand zurückzuführen.
Looks von Miu Miu (li.) und Akris (re.) Theresa Kaindl
Die genauere Bestimmung war anfangs noch nicht ganz klar, auch heute werden Teile der Villa bewohnt. Vor Kurzem wurde sie aber in das in den Niederlanden ansässige Netzwerk von auf der ganzen Welt verorteten „Iconic Houses“ aufgenommen. Nach Fertigstellung der schon seit fünf Jahren andauernden Arbeiten soll sie den Status eines Hausmuseums bekommen. Bisher gab es nur vereinzelte Besuchstage, nach und nach hat sich dadurch aber in Wien herumgesprochen, welches Juwel es da in Währing zu besichtigen gibt. „Künftig werden wir die Öffentlichkeit aber stärker suchen, Anlass dazu bietet eine Publikation über die Villa Rezek, die wir im Herbst herausbringen“, so der Architekt.
Zu Beginn der Arbeiten habe er die Villa in einem „beklagenswerten Zustand“ übernommen: Während die Fassade und die Außenansicht wegen der Auflagen des Denkmalschutzes weitgehend im Originalzustand geblieben waren, verhielt sich das in den Innenräumen anders. Umbauarbeiten sowie Modernisierungswünsche hatten dem Interieur seinen ursprünglichen Charakter genommen.
Chanel. Anna trägt Hose und Top aus weißem Tweed, darüber eine Bluse und einen Rock aus Tüll und dazu Lederstiefel. Theresa Kaindl
Giorgio Armani. Barbara trägt ein Oberteil und eine Hose aus Jersey, dazu bestickte Ankleboots. Theresa Kaindl
Etro. Barbara trägt eine ausgestellte Hose mit plissiertem Saum zum schmalen Hemd, darüber einen einreihigen Blazer aus Wollstoff mit Blumenmuster. Theresa Kaindl Sanatoriumscharakter
Mit seinem Team begab sich Max Eisenköck also auf eine architekturhistorische Spurensuche, wurde im Staatsarchiv und in Dokumenten der Israelitischen Kultusgemeinde fündig. Nach und nach fügten sich die Puzzlesteine vereinzelt aufgefundener Aufnahmen zu einem Gesamtbild zusammen, und die Suche nach möglichst original erhaltenen Einrichtungsgegenständen begann. „Zu Beginn hatten wir die Wohnräume mit Stahlrohrmöbeln aus jener Epoche ausgestattet, das hat auch vielen Besuchern gefallen“, erzählt Eisenköck. Je mehr er aber an Bildern zusammentragen konnte, die den Originalzustand zeigen, desto klarer wurde ihm, dass dieser kühle, sachliche Stil nicht der Ausstattung der Räume entsprach, die die Rezeks selbst bewohnten.
Wohl dem Beruf von Philipp Rezek geschuldet, hatte Hans Glas die Döblinger Villa in Anlehnung an Sanatorienbauten des frühen 20. Jahrhunderts geplant. Für viel Licht und Luft und Durchlässigkeit nach draußen sorgen die nach einem patentierten Prinzip versenkbaren Glasfenster, die heute wieder so funktionieren wie vor fast einem Jahrhundert.
Für solche Details und besondere Spitzfindigkeiten kann sich auch das Publikum, das die Villa Rezek bisher erkundet hat, offenbar begeistern. „Bei den Führungen, die wir bis jetzt gemacht haben, sehen wir immer wieder, dass die Besucher sich weniger für die Repräsentationsräume interessieren als jene, wo das echte Leben der Familie stattfand“, erzählt Architekt Eisenköck.
Dazu gehört eben auch die Küche, der man besonders viel Aufmerksamkeit in der Wiederherstellung widmete: Die Geräte – den schon erwähnten Herd, auch einen elektrischen Mixer und einen frühen Gaskühlschrank von Electrolux aus dem Jahr 1932 – ließ der Architekt allesamt instand setzen. Sogar der Speiseaufzug, der in die oberen Stockwerke führt, soll bald wieder funktionstüchtig sein.
„Das Glas-Haus“. Ein Buch über die Villa Rezek mit Fotos von Stefan Oláh und Text von Caroline Wolgemuth erscheint im Oktober 2025 bei Park Books. Beigestellt
Produktion & Styling: Barbara Zach/barbarazach.com Fotos: Theresa Kaindl/theresakaindl.com Haare und Make-up: Nico. Models: Anna, Barbara/Sp Models. Foto-Assistenz: Christoph Thanhoffer. Styling-Assistenz: Johanna.
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