Washington/Pjöngjang – Diese Mission war streng geheim, hatte Action-Film-Potenzial – und ging mächtig schief. Elite-Soldaten der legendären Navy Seals sollten auf Befehl von US-Präsident Donald Trump (79) ein Abhörgerät vor der Küste Nordkoreas platzieren. Am Ende flog der Einsatz auf, weil die amerikanischen Soldaten Zivilisten erschossen.
Das enthüllt jetzt ein brisanter Bericht der „New York Times“. Die Reporter der US-Zeitung sprachen eigenen Angaben zufolge mit mehr als zwei Dutzend Menschen, die Kenntnis von dem Einsatz haben. Demnach schickte Trump die Seal-Spezialeinheit während seiner ersten Amtszeit nach Nordkorea. Mit der Abhör-Anlage wollte er die Kommunikation von Diktator Kim Jong-un (41) während der Atomgespräche im Jahr 2019 belauschen.
US-Präsident Donald Trump (79) befahl den Einsatz, um Einblicke in Kims Atom-Strategie zu bekommen
Foto: UPI/laif
Weil die Mission so riskant war, musste Trump persönlich die Freigabe erteilen. Zum Einsatz kam das Rote Geschwader des Seal Team 6 (heute offiziell Devgru genannt), das durch die Tötung von Terror-Fürst Osama bin Laden weltweite Berühmtheit erlangte. Monatelang soll die Einheit den Nordkorea-Einsatz geprobt haben, damit am Ende jeder Schritt sitzt.
Soldaten erschossen Muschelsammler
Mit zwei Mini-U-Booten gelangten die Soldaten in einer Winternacht an eine abgelegene, felsige Küste. Sie trugen schwarze Neoprenanzüge und Nachtsichtgeräte, um nicht aufzufallen. Doch der Einsatz geriet außer Kontrolle: Ein nordkoreanisches Boot tauchte auf, Taschenlampen leuchteten über das Wasser. Aus Angst, entdeckt worden zu sein, eröffneten die Elite-Soldaten das Feuer. Innerhalb von Sekunden waren alle Personen an Bord tot. Problem: Laut „New York Times“ handelte es sich um unbewaffnete Zivilisten, die nach Muscheln tauchten.
Soldaten der Navy Seals im Jahr 2007 im Irak
Foto: Polaris/laif
Die Seals brachen die Mission sofort ab, versteckten die Leichen der Muscheltaucher im Meer. Damit sie auf den Grund sinken, sollen die Elite-Soldaten den Toten noch die Lungen durchstochen haben. Anschließend funkten die Amerikaner ein Notsignal. Ein großes US-Atom-U-Boot holte sie unter hohem Entdeckungsrisiko in seichtem Wasser ab. Das Abhörgerät wurde nie platziert.
Nordkorea verstärkte danach Militär-Aktivitäten
Weder Washington noch Pjöngjang äußerten sich je zu dem Vorfall. US-Satelliten registrierten nach dem Einsatz zwar verstärkte Militär-Aktivitäten Nordkoreas. Doch ob die Führung in Pjöngjang von dem Zwischenfall erfuhr, ist unklar. Fakt ist: Der geplante Gipfel zwischen Trump und Kim in Vietnam Ende Februar 2019 fand trotzdem statt, endete aber ohne Ergebnis. Auch das Treffen der beiden Politiker vier Monate später in der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea brachte keine Wende. Kurz darauf nahm Diktator Kim seine zeitweise ausgesetzten Raketentests wieder auf.
Historisches Foto ohne Folgen: US-Präsident Donald Trump traf Kim Jong-un im Juni 2019 in der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Dabei machte der Republikaner auch einen Schritt über die Grenze nach Nordkorea
Foto: REUTERS
Laut dem Bericht informierte die Trump-Regierung den Kongress weder vor noch nach der Operation. Experten halten dies für einen möglichen Verstoß gegen US-Recht. „Es geht darum, sicherzustellen, dass der Kongress nicht im Dunkeln gelassen wird, wenn wichtige Dinge vor sich gehen“, sagte Rechtsprofessor Matthew Waxman.