Für Menschen mit Alzheimer gibt es in Freiburg eine neue Behandlungsmethode. Damit kann der geistige Abbau verlangsamt werden. Die Therapie ist jedoch nicht für alle Erkrankten geeignet.
Es ist eine neue Perspektive in der Behandlung von Alzheimer, so die Uniklinik Freiburg. Statt wie bisher nur symptomlindernde Medikamente gibt es nun zum ersten Mal ein Mittel, das das Fortschreiten der Alzheimer-Symptome um einige Monate verlangsamen soll. Damit wird die geistige Leistungsfähigkeit von Menschen im Frühstadium der Krankheit verlängert.
Unter anderem an der Uniklinik Freiburg kommt das neue Medikament Lecanemab nun zum Einsatz. Im Frühjahr 2025 wurde der Wirkstoff von der Europäischen Kommission zugelassen. Seit Ende August ist er in Österreich und seit dem 1. September in Deutschland erhältlich. Die beiden Länder sind damit die ersten in der EU.
Wie hilft das neue Medikament Alzheimer-Patienten?
Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) bei Alzheimer oder im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit können mit dem neuen Medikament behandelt werden. Lecanemab zielt auf bestimmte Eiweißablagerungen im Gehirn ab. Denn diese gelten als Auslöser des Krankheitsprozesses. Dadurch nimmt die geistige Leistungsfähigkeit der Menschen mit Alzheimer kontinuierlich ab.
Das Medikament sorgt dafür, die Eiweißablagerungen aufzulösen und bremst so den Krankheitsverlauf aus. Um bis zu 27 Prozent verzögert sich das Fortschreiten der Symptome, zeigt die letzte Studie dazu. Das bedeutet laut Uniklinik Freiburg circa ein halbes Jahr zusätzliche Stabilität für Patientinnen und Patienten.
Behandlung mit Lecanemab möglichst früh beginnen
„Wir können damit erstmals direkt in einen zentralen Krankheitsprozess eingreifen“, sagt Jonas Hosp, Leitender Oberarzt in der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg. Entscheidend sei, die Erkrankung früh zu erkennen: „Je früher wir behandeln, desto mehr gesunde Lebenszeit können wir gewinnen“, so Hosp.
„Es geht um Monate, in denen Menschen mit beginnender Alzheimer-Krankheit weiter selbstbestimmt leben können“, ergänzt Heinz Wiendl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie. Das sei für die Betroffenen und Angehörigen ein großer Fortschritt. Nicht reparieren kann Lecanemab allerdings den Schaden, der im Gehirn bereits angerichtet ist.
Wie wird das Medikament Alzheimer-Erkrankten verabreicht?
Bei der neuen Behandlungsmethode werde das Medikament alle zwei Wochen über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren als Infusion verabreicht, erklärt die Uniklinik Freiburg. Dafür müssten die Patientinnen und Patienten ins Krankenhaus – aber nur ambulant.
Während der Therapie fänden regelmäßige Kontrolluntersuchungen statt. Über Kernspintomographie (MRT) könnten mögliche Nebenwirkungen wie lokale Entzündungen, kleine Blutungen sowie Hirnveränderungen frühzeitig erkannt werden.
Wer kommt für die Behandlung mit Lecanemab infrage?
Für die Behandlung ist laut Uniklinik Freiburg zunächst eine exakte Diagnose von Alzheimer entscheidend. Die krankhaften Eiweißablagerungen im Gehirn müssten demnach durch Tests nachgewiesen werden. Außerdem sind Patienten mit einem hohen Risiko an Nebenwirkungen von der Behandlung ausgeschlossen.
In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz, davon etwa zwei Drittel mit Alzheimer. Die Diagnose sei im Frühstadium der Erkrankung nicht immer einfach, sagt eine Sprecherin der Uniklinik dem SWR. Doch neue Bluttests mit sogenannten Biomarkern würden die Erkennung von Alzheimer zukünftig einfacher und schneller möglich machen.
Basel
Demenz im Alter
Alzheimer erkennen: in Zukunft einfacher und schneller möglich
Eine Alzheimer-Diagnose zu stellen, ist aufwendig und teuer. Durch einen neuen Test soll die Krankheit bald schneller und einfacher erkannt werden können. Wann es den Test geben wird.
Wie viele Menschen für die Behandlung infrage kommen, ist noch unklar. Nach der letzten Einschätzung der Alzheimer Forschung Initiative und Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) wird das Medikament bundesweit höchstens 73.000 Menschen helfen können. Aufwendige Diagnostik, mögliche Ausschlusskriterien und begrenzte ärztliche Kapazitäten müssten berücksichtigt werden.
Die neue Behandlungsmethode ersetze jedoch nicht die bestehenden Ansätze, stellt der Leitende Oberarzt Hosp von der Uniklinik Freiburg klar. Kognitive Trainings, körperliche Aktivität und soziale Begleitung seien zentrale Bestandteile jeder Alzheimer-Therapie.