Hertha-Neuzugang Leon Jensen

Zurück im Schoß der Familie

Sa 06.09.25 | 13:52 Uhr | Von Fabian Friedmann

Leon Jensen von Hertha BSC (Bild: IMAGO / Contrast)

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Video: Der Tag | 05.09.2025 | Dennis Wiese | Bild: IMAGO / Contrast

Hertha-Neuzugang Leon Jensen spielte einst in der Jugend des heutigen Zweitligisten. Über Umwege ist er im Sommer in den Schoß der blau-weißen Familie zurückgekehrt. Prägend war für ihn das Vorbild des Vaters, dem Historisches für Babelsberg 03 gelang. Von Fabian Friedmann

Wenn es die Zeit zulässt, dann bolzen sie noch zusammen: Leon Jensen und sein Vater Martino Gatti. Der Hertha-Neuzugang ist ein Rückkehrer im wahrsten Sinne. Aufgewachsen in Berlin-Charlottenburg war der Bolzplatz am Savignyplatz so etwas wie sein Wohnzimmer: „Für mich war das der Inhalt des Tages. Ob das am Wochenende war oder unter der Woche, wir sind immer bolzen gegangen mit Papa und den Brüdern.“

Den fußballerischen Ehrgeiz trägt er früh in sich. „Ich konnte nicht verlieren. Wenn ich verloren habe, habe ich allen die Stimmung verdorben“, zeigt sich Jensen einsichtig. Vielleicht lässt ihn aber auch dieser Ehrgeiz zu dem Spieler reifen, der er heute ist. Seine beiden Brüder spielen mittlerweile bei Sparta Lichtenberg, „der große in der ersten Mannschaft, der kleine in der zweiten“, erzählt Jensen. Im Sommer ist Leon nun vom Karlsruher SC zurückgekehrt in den Schoß seiner und der blau-weißen Familie.


Vater Martino Gatti schießt Babelsberg in die 2. Liga

Prägend war für Jensen aber auch die Profikarriere des Vaters. Der selbst ernannte „Straßenfußballer“ Martino Gatti wechselt Anfang der 90er Jahre von Hertha Zehlendorf zum FC St. Pauli in die 2. Liga. Dort erlebt er drei erfolgreiche Jahre, läuft über hundert Mal für den Kiezklub auf und erzielt neun Pflichtspieltore.

Später geht Gatti zurück in die Hauptstadt, ist für Tennis Borussia und den BFC Dynamo aktiv, bis er nach der Jahrtausendwende zu Babelsberg 03 weiterzieht. Dort gelingt ihm Historisches. Gattis 1:0-Siegtreffer gegen Fortuna Düsseldorf beschert „Nulldrei“ den ersten und einzigen Aufstieg in die 2. Bundesliga.

Leon Jensen erlebt diese besondere Zeit als kleiner Junge. „Ich kann mich noch erinnern, dass ich früher sehr häufig beim Training dabei war, auch in der Kabine. Wenn du das Klackern der Stollen gehört hast, dann war das schon beeindruckend“, erinnert sich der 28-Jährige. Die Zeiten von heute und damals seien aber nicht vergleichbar gewesen, meint der Vater. „Früher war alles entspannter. Da konnte man die Familie überall hin mitnehmen. Es war nicht so professionalisiert wie heute.“

Wenn du das Klackern der Stollen gehört hast, dann war das schon beeindruckend.

Loen Jensen, Hertha BSC, über seine Kindheitserinnerungen


Für Düdelingen in der Europa League

Dabei ist der Weg zum Fußballprofi für Leon Jensen eher ein steiniger. In der Jugend spielt er zunächst für Tennis Borussia, bis er in die U19 von Hertha BSC wechselt. Später wird er aussortiert und ist am Boden zerstört. Die enge Beziehung zum Vater hilft in dieser schweren Zeit, wobei Gatti nie ein sogenannter „Fußball-Vater“ sein wollte. Der Vater macht dem Sohn klar, dass man nicht Profi werden müsse, um ein erfülltes Leben zu haben. „Ich wollte nie, dass meine Kinder Profi werden“, sagt er. Aber Leon will nicht aufgeben – und geht einen ungewöhnlichen Weg.

Zunächst verschlägt es ihn nach Bremen. Dort sammelt er für Werders zweite Mannschaft Spielpraxis in der 3. Liga und wechselt anschließend nach Luxemburg. Bei F91 Düdelingen wird er Meister, Pokalsieger und kommt für den Verein sogar auf zwei Kurzeinsätze in der Gruppenphase der Europa League, für die sich das Team 2018 sensationell qualifiziert. Doch Jensen will zurück nach Deutschland, lässt sich zum FSV Zwickau transferieren. Seine guten Leistungen in der 3. Liga machen anschließend den Karlsruher SC auf ihn aufmerksam, der ihn 2021 verpflichtet. Im Juli 2025 folgt dann der Transfer zurück zu Hertha BSC.


2025 ist die Familie wiedervereint

„Ich habe sehr lange darauf gewartet, nach Hause zu kommen“, so Jensen, dessen Vater sich natürlich auch gefreut habe, dass es zur Hertha-Rückkehr gekommen sei. „Es ist ein ganz anderes Lebensgefühl, wieder hier zu sein“, meint Jensen, der ein Spieler ist, der gut gegen den Ball, aber auch gut mit dem Ball arbeiten kann. Er selbst sieht sich als ein „typischer Achter“ im Mittelfeld, der aber auch eklig gegenüber seinen Gegenspielern werden kann.

Diese Galligkeit fehlte dem Hauptstadtklub aber zuletzt in den ersten vier Saisonspielen, von denen Jensen drei von Beginn an bestreiten durfte. Der momentane Platz 17 ist zu wenig für die Berliner Ambitionen. „Die Ergebnisse, aber auch die Leistung passen nicht. Der Druck ist schon jetzt enorm“, sagt Jensen, der mit seinen persönlichen Zielen nicht gerne hausieren geht. Er will lieber durch Leistung überzeugen.

Vater Martino bringt die Lage bei Hertha auf den Punkt: „Alles, was man machen kann, ist Ruhe bewahren. Natürlich ist das schwer, aber vielleicht braucht es mal eine Initialzündung. Es ist noch früh in der Saison. Alles ist machbar.“ Besonders im Schoß der Familie.

Sendung: 05.09.2025, Der Tag, 18 Uhr

Beitrag von Fabian Friedmann