Voraussichtlich von 2028 an wird es auf einer der wichtigsten Autobahnen Bayerns auf Jahre hinaus zu massiven Einschränkungen kommen, die spürbare Auswirkungen auf den Verkehr in der Landeshauptstadt haben werden. Auf acht Jahre ist die Sanierung des erst im Jahr 1998 eröffneten Allacher Tunnels angelegt. Und in diesem Zeitraum droht wegen der Engpässe in den beiden Röhren der Verkehr auf Trassen wie die B 471 nördlich des Autobahnrings oder den Frankfurter Ring in München auszuweichen. Um den Verkehrskollaps während der Sanierung des Allacher Tunnels zu verhindern, sollten die Pendlerinnen und Pendler daher zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr bewegt werden – doch die notwendige Alternative zur Autobahn wird noch lange auf sich warten lassen.

Ursprünglich hätten bereits von diesem Jahr an auf dem Nordring, der derzeit nur von Güterzügen befahren wird, S-Bahnen von Karlsfeld oder Moosach bis zum BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) oder sogar bis zum Euroindustriepark fahren sollen. Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bahn aber bekanntgegeben, dass sich die Instandsetzung der Trasse, die ohnehin schon um ein Jahr verschoben worden war, bis Mitte der Dreißigerjahre verzögern wird. Der Konzern teilte mit, er habe schlichtweg keine Planer finden können.

In der Münchner Stadtpolitik ist der Unmut angesichts dieser massiven Verzögerungen groß. Dies lässt sich auch daran festmachen, dass sich nahezu alle Fraktionen im Münchner Rathaus mit einem gemeinsamen Antrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gewandt haben. Mit „Keine Verzögerungen bei der S-Bahn auf dem DB Nordring akzeptieren“ ist das Anliegen überschrieben, Reiter solle sich beim Freistaat Bayern und der DB dafür einsetzen, dass vor dem Jahr 2029 eine Pendel-S-Bahn in Betrieb gehen soll. Anfahren sollen die Züge dem Willen der Fraktionen nach das FIZ und den Euroindustriepark.

Der Nordring gilt vor allem deshalb als Alternative zur Autobahn, weil er parallel zum Frankfurter Ring verläuft. Als wichtige West-Ost-Verbindung könnte er Tausende Pendlerinnen und Pendler am Tag aus den Wohngebieten im Münchner Westen in den stark industrialisierten Norden bringen. Auch deshalb hatte der Autobauer BMW bereits im Jahr 2019 zugesagt, sich „für die Umsetzung des S-Bahn-Verkehrs auf dem Nordring zu engagieren“, teilt das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt in seiner Stellungnahme an die Stadtratsfraktionen mit. BMW hatte unter anderem angekündigt, sich am Bau der Haltestelle am FIZ zu beteiligen.

Der Allacher Tunnel ist eine Staufalle auf der A 99 im Münchner Norden. Wenn er saniert wird, dürfte der Verkehr auf den Ausweichrouten noch einmal zunehmen.Der Allacher Tunnel ist eine Staufalle auf der A 99 im Münchner Norden. Wenn er saniert wird, dürfte der Verkehr auf den Ausweichrouten noch einmal zunehmen. (Foto: Peter Kneffel/DPA)

Das Referat für Arbeit und Wirtschaft betont daher auch, wie wichtig die „Ertüchtigung des DB-Nordrings“ für die ansässigen Unternehmen sei – insbesondere für den bayerischen Autobauer als größtem Arbeitgeber im Münchner Norden. So habe BMW sein Werk 1 massiv und strukturell umgebaut, den neuen „Talent Campus“ an der Riesenfeldstraße realisiert und werde seine Forschungs- und Entwicklungskapazitäten erheblich erweitern. Auch die Landeshauptstadt investiere weiter „trotz klammer Haushalte“ in den ÖPNV, heißt es aus dem Referat. Allerdings seien auch Bund, DB und der Freistaat als Besteller des Schienenpersonennahverkehrs in der Pflicht.

Auch Münchens Mobilitätsreferent Georg Dunkel betont, wie bedeutend die Zugverbindung für den Münchner Norden sei. Sein Mobilitätsreferat hat sich nach Eingang des Antrags mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) in Verbindung gesetzt, die den Schienenpersonennahverkehr im Freistaat plant und umsetzt. In einer Stellungnahme teilt die BEG mit, dass nach eingehenden Untersuchungen „zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen“ erforderlich seien, um neben dem bestehenden und künftigen Güterverkehr auch S-Bahn-Züge fahren lassen zu können. Hierfür liefen die Vorplanungen.

Darüber hinaus, so die BEG, müsse aber auch eine Ertüchtigung des kompletten Nordrings inklusive der Verlängerung vom FIZ nach Karlsfeld im Landkreis Dachau untersucht werden. Genaue Zeitpunkte aber nennt die Eisenbahngesellschaft nicht.

Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher, einer der Antragsteller, befürchtet, dass der Freistaat das Projekt nicht „mit der gebotenen Priorität“ verfolge, schließlich sei 2026 als Eröffnungstermin im Raum gestanden. „Schließlich gibt es hier keine unerwarteten Probleme im Untergrund.“ Angesichts der Sanierung des Allacher Tunnels, so Bickelbacher, müssten Provisorien geprüft und untersucht werden, inwieweit eine gute Eintaktung der S-Bahn mit dem Güterverkehr auf dem Nordring erfolgen könne. „Es ist zu befürchten, dass nur ein runder Tisch mit dem OB und dem Ministerpräsidenten eine Beschleunigung und Höherpriorisierung bewirken kann“, sagt er mit Blick auf die Ankündigung einer solchen Runde durch Mobilitätsreferent Dunkel.

Deutlich weiter ist dabei die Autobahn GmbH des Bundes, die für die Sanierung des Allacher Tunnels verantwortlich zeichnet. Obwohl keine 30 Jahre in Betrieb, muss dieser grundlegend erneuert werden. Mehr als 130 000 Fahrzeuge am Tag befahren die beiden Röhren und haben Verschleißerscheinungen hinterlassen.

So müssen etwa die Tunnelwände aus Stahlbeton erneuert werden, Lüftungssysteme sind veraltet und die Entwässerung ist nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Die Sanierung schafft zudem die Grundlage, um künftig auf dem etwa 6,8 Kilometer langen Abschnitt zwischen den Autobahndreiecken München-Allach (A 8) und München-Feldmoching (A 92) bei hohem Verkehrsaufkommen die Seitenstreifen freigeben und die Fahrbahnen jeweils auf vier Spuren erweitern zu können. Dies dürfte nach achtjähriger Bauzeit aber frühestens im Jahr 2036 der Fall sein.