Auf dem Bremer Domplatz brachte die Techno Marching Band Meute aus Hamburg unter dem wolkenfreien Himmel am Samstag mehr als 8500 Besucher zum Tanzen. Mit dem starken Auftritt endete das Musikfest Bremen.

Das weiße Kuppelzelt der Rundbühne wurde zur Projektionsfläche für bewegte Lichteffekte und erleuchtete am Samstag – gemeinsam mit flackernden Scheinwerfern – den mit rund 8500 Besuchern gut gefüllten Bremer Domplatz. Die warme Luft war erfüllt von den satten Bässen und Blechbläser-Sounds der elfköpfigen Hamburger Band Meute in ihren roten Spielmannsuniformen, die zum Abschluss des Musikfest Bremen für jedermann spielte: kostenlos, unter freiem Himmel im Bühnennebel und mitreißend. In den vergangenen Jahren erklangen die unterschiedlichen Live-Events zum Finale auf dem Bremer Markt, diesmal wurde das Konzert wegen des erwarteten Andrangs vorab auf den benachbarten Domplatz verlegt. Eine weise Entscheidung der Veranstalter, denn an diesem lauen Sommerabend, der Mond war fast voll, strömten junge wie ältere Fans in Scharen in die Bremer Altstadt, wurde das Konzert zum hanseatischen Tanzvergnügen für ganze Familien, bei denen die jüngsten auf den Schultern oder Armen ihrer Eltern mitwippten.

Kunst ist immer auch politisch

Meute lässt sich nicht nur hören, sondern über die Vibrationen der Techno Beats im Magen spüren. Live lädt die Band praktisch unwiderstehlich zum Hüpfen oder Tanzen ein. Und sie ist nur scheinbar eine schlichte Angelegenheit, allein drei rhythmische Ebenen werden kunstvoll miteinander verwoben. Da sind erstens die Techno-Bässe, zweitens die Beiträge von Pauke und Trommel und drittens die Bläsersätze mit ihren akzentuierten Strecken. Hier gehen Techno und Funk live eine dynamische Verbindung ein. Über den Bässen liegen die melodischen Anteile von Trompete, Posaune und Saxofon – sowie streckenweise ein klarer, strenger Gesang, der aus dem Mittelalter stammen könnte, wäre er nicht von heute.

Die durch private Sponsoren ermöglichte Live-Show von Meute auf dem Domplatz beendete das 36. Musikfest Bremen mit einem Höhepunkt. Intendant Thomas Albert erinnerte in einer kurzen Musikfest-Bilanz an das gefeierte Vorab-Konzert des West-Eastern Divan Orchestra mit dem Pianisten Lang Lang unter Leitung von Daniel Barenboim in der „Glocke“ und daran, dass Kunst als Produkt der Kultur einer Gesellschaft immer auch politisch sei. Das West-Eastern Divan Orchestra, das je zur Hälfte mit arabischen und israelischen Musikern besetzt ist, gegründet vom palästinensischen Literaturprofessor Edward Said (1935-2003) and dem israelischen Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim, feiert in diesem Sommer seinen 25. Geburtstag und setzt sich seit seiner Gründung für die Völkerverständigung im Nahen Osten ein. Die Band Meute ist einer der beliebtesten Live-Acts auf bunten Festivals weltweit und engagiert sich gegen Rechtsradikalismus in Deutschland.

Musikfest Bremen mit Auslastung über 90 Prozent

Albert gedachte auch des gelungenen Auftakts bei der „Großen Nachtmusik“ rund um den Bremer Marktplatz Mitte August und zeigte sich begeistert von der „durchgehend höchsten Qualität“ der Künstler bei 51 Veranstaltungen in Bremen und im Nordwesten. Geschäftsführer Jörg Ehntholt vermeldet mit rund 25.600 Besuchern eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr und eine Auslastung von über 90 Prozent. Das führe im Ergebnis zu einem eingehaltenen Etat und einem „ausgeglichenen Geschäftsergebnis“.

Bereits am Freitag endete das Klassik-Festival mit einem bewegenden Konzert des Mahler Chamber Orchestra unter Leitung von Maxim Emelyanychev mit der Solisten Anastasia Kobekina am Cello im Bremer Konzertsaal „Die Glocke“. Alle Beteiligten zelebrierten die hohe Kunst des akkuraten Zusammenspiels beim einander Zuhören. Besonders im 1. Cellokonzert Es-Dur von Dmitri Schostakowitsch erwies sich der Dirigent als ideales Scharnier zwischen Kobekina, die das Werk ausdrucksstark, prägnant ins Publikum hineinwirkte und dem Mahler Kammerorchester, das jedes Detail erfasst und angemessen begleitet. Kobekina spielte auswendig, wie einst der berühmte Cellist und Schostakowitsch-Freund Mstislaw Rostropowitsch bei der Uraufführung 1959, für ihn schrieb der Komponist seine beiden Cellokonzerte.

Emelyanychev dirigiert, Kobekina brilliert

Hätte Schostakowitsch gewusst, wozu Kobekina und andere Spitzencellisten unserer Tage technisch in der Lage sind, wäre er vielleicht auch Rostropowitschs Bitte nachgekommen, eine Stelle im Konzert anspruchsvoll für ihn umzuschreiben und hätte nicht geantwortet, das könne er nicht tun, denn er schreibe für alle, nicht nur für ihn. Insbesondere der erste und der vierte Satz machten nachhaltig Eindruck. Die 31-jährige Cellisten freute sich wie eine Schneekönigin über den Jubel des Publikums und eilte mit ihrem Instrument beim Applaus die Bühne auf und ab. Sie dankte mit den Worten „Hier in Bremen ist der Empfang immer wie für einen Rockstar.“ Als Zugabe spielte die Cellistin den Beginn der Ersten Cello Suite in G-Dur von Johann Sebastian Bach – als Vorgeschmack auf ihre Einspielung aller sechs Cello Suiten, die Ende September auf zwei CDs bei Sony herauskommt.

Vor das Cellokonzert hatten sich das Orchester und Emelynaychev für die Sinfonie Nr. 20 D-Dur des 16-jährigen Wolfgang Amadeus Mozart entschieden, nach der Pause beendete das Orchester das Konzert mit der Sinfonie Nr. 5 e-Moll von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Dabei entfaltete der 37-jährige russische Dirigent seine ganz eigene Interpretation des Meisterwerks, in dem es noch viel zu entdecken gibt. Das Publikum war verzaubert. Maxim Emelyanychev, Chef des Scottish Chamber Orchestra, darf nach diesem Auftritt als eine der nächsten großen Entdeckungen des Musikfest Bremen gelten.

Musikfest Bremen 2026: 15. August bis 5. September