Wenn am Montag das Schuljahr beginnt, wird dies mit einer höchst ungewöhnlichen Konstellation in Pankow einhergehen: Das Heinrich-Schliemann-Gymnasium muss seine drei siebten Klassen mit jeweils 36 Kindern eröffnen, obwohl die maximale Richtgröße bei 32 Kindern liegt. Nach Informationen des Tagesspiegels hängt diese Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts mit dem Auswahlverfahren der Schule zusammen.

Schulanwalt Olaf Werner teilte auf Anfrage mit, dass die Richter Anstoß an der Notengewichtung bei der Schülerauswahl genommen hätten. Denn das Schliemann-Gymnasium habe die Note im Fach Naturwissenschaft doppelt gewichtet, was nicht mit seinem humanistischen Profil zu rechtfertigen sei.

1,0

als Zensurenschnitt war in diesem Jahr keine sichere Eintrittskarte für das Schliemann-Gymnasium.

„Die Notengewichtung muss einen Bezug zum Schulprofil haben“, gibt Anwalt Werner die Argumentation des Gerichts wieder. Da dies im konkreten Fall nicht gegeben sei, habe das Gericht die Platzvergabe als „fehlerhaft“ eingestuft. Die Senatsverwaltung für Bildung muss Abweichungen beim Zulassungsverfahren genehmigen. Ob das im konkreten Fall geschah, ist bisher nicht bekannt.

Wie berichtet, konzentrieren sich die Widersprüche und Klageverfahren auch in diesem Jahr abermals auf das kinderreiche Pankow. Am Schliemann-Gymnasium waren nicht einmal alle Bewerber mit einem Schnitt von 1,0 aufgenommen worden, weil es so viele Bewerber gab.

Ärger auch an den Sekundarschulen

Eine weitere Vielzahl von Klagen betrifft einzelne besonders nachgefragte Intergrierte Sekundarschulen (ISS), darunter die Kurt-Tucholsky-Schule, wo man nur mit einer 1,8 oder besser ohne Losverfahren aufgenommen wurde.

Das Heinrich-von-Schliemann-Gymnasium in Prenzlauer Berg war 2025 abermals extrem nachgefragt.

© imago images / PEMAX

Unter den betroffenen Eltern gibt es große Verärgerung darüber, dass die Hürden an den Gymnasien erhöht wurden, ohne entsprechend mehr Plätze an den ISS mit gymnasialer Oberstufe vorzuhalten. Ein wütender Vater sprach von einem „Totalversagen der Verwaltung“. Wer also mit einem Schnitt von 2,3 aus der Grundschule das Gymnasium um 0,1 verfehlte – bei 2,2 ist seit diesem Jahr die Grenze –, findet aktuell nur noch Platz in Brennpunktschulen mit zweifelhaftem Ruf.

Wie berichtet, gibt es seit langem Bestrebungen, die immensen Niveauunterschiede unter den ISS auszugleichen, indem die schwachen und starken Schüler besser verteilt werden. Darauf hatte sich schon Rot-Grün-Rot nicht einigen können. Denn die erfolgreichen und leistungsstarken ISS argumentieren, sie fühlten sich um die Früchte ihrer Arbeit gebracht, wenn sie die leistungsstarken Schüler, die bewusst auf ihre Schule streben, nicht mehr aufnehmen dürfen.

Noch umstrittener ist die Idee von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), leistungsstarken Schülern den Zugang zu den ISS zu verstellen, weil unter ihnen bereits „verkappte Gymnasien“ seien, die aber von der besseren Personalversorgung der ISS profitierten. Die Senatorin räumte am Freitag ein, dass dieser Plan „nicht mehrheitsfähig“ gewesen sei, also nicht mit dem Koalitionspartner SPD machbar.

Mehr Schulklagen als in den Vorjahren

In jedem Fall zeichnet sich ab, dass es in diesem Jahr wesentlich mehr Schulklagen als in den Vorjahren gibt. So hatten das Schulamt Pankow dem Tagesspiegel mitgeteilt, dass es rund 50 Prozent mehr Klagen gegen die Platzvergabe als im Vorjahr zu bearbeiten habe. Wegen der daraus resultierenden Überlastung bot das Schulamt den gesamten August bis 5. September keine Sprechstunden an. Die Familien, die die Zuweisung ihrer Kinder an eine Brennpunktschule verhindern wollten und deshalb Beratung benötigten, waren über die lange Schließzeit „fassungslos“, wie es ein Elternteil ausdrückte.

Unterdessen brodelt in Pankow die Gerüchteküche unter den Eltern. Es wird berichtet, dass Kinder infolge des Geschwisterbonus Plätze bekommen hätten, obwohl nicht alle Kriterien dafür erfüllt gewesen.

Eine weitere Vielzahl von Klagen betrifft traditionell Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick. Speziell in der Region Kreuzberg ist die Unzufriedenheit der Familien groß, weil der Bezirk seit Jahren – trotz des enormen Schülerzuwachses – keine neuen Gymnasien errichtet hat. Die Siebtklässler müssen in abgelegene Schulen, die unternachgefragt sind, pendeln, etwa von Kreuzberg in den Grunewald, weil ein Fahrtweg von bis zu einer Stunde als zumutbar gilt.

Berliner Schule 50 Prozent mehr Schulplatz-Klagen Berliner Gericht zwingt Pankower Gymnasium zu Klassen mit 36 Kindern Die absurden Auswüchse der Berliner Schulkrise Traumnote 1,0 – und trotzdem in der Schulplatzlotterie durchgefallen Das bringt das neue Schuljahr in Berlin Längere Schulpflicht, neue Schwerpunkte im Unterricht – und viel mehr Schüler

In Treptow-Köpenick wiederum gibt es besondere Probleme, weil der Bezirk flächenmäßig so ausgedehnt ist, dass Schüler auch innerhalb des Bezirks Probleme haben, eine erreichbare Schule zu finden, die nicht überfüllt ist.