Wer auf Möbel frisch aus dem Einrichtunghaus steht, wird in Alicia Wolfs Wohnzimmer im Stuttgarter Osten nicht glücklich. Das geht los mit der senfgelben Stoffcouch, die ihr Partner von einem ehemaligen Mitbewohner übernommen hat. Davor steht ein eckenloser Sofatisch, den die 28-Jährige über das Kleinanzeigen ergattert hat – ebenso wie eine mit Pflanzen dekorierte Holzleiter, eine HiFi-Anlage inklusive der zugehörigen Boxen, halbkugelförmige 70er-Jahre-Lampen und die vier abgerundeten Stühle um den Esstisch.

Der Esstisch selbst stammt von Wolfs Eltern, bei einem Bilderrahmen handelt es sich um ein Fundstück von der Straße. Und dann kommen noch die Einrichtungsgegenstände hinzu, die die gelernte Schreinerin selbst angefertigt hat; einen weiteren Bilderrahmen aus Holz etwa, außerdem die Ablageplatten auf der Leiter.

Stuttgarterin sieht Preis und Nachhaltigkeit als Argumente für Gebrauchtes

Ähnlich sieht es in den anderen Räumen der Drei-Zimmer-Wohnung im Stadtteil Gablenberg aus. Wolfs Faible für Gebrauchtes reicht dabei lange zurück. „In der Zeit nach dem Schulabschluss, in der man sich so langsam als erwachsener Mensch findet, hat bei mir ein Umdenken eingesetzt“, erzählt sie. Damals beschäftigte sich die ursprünglich vom Bodensee stammende Wolf zunehmend mit den Umweltproblematiken unserer Zeit und stellte ihren eigenen Konsum infrage. „Ich finde den Gedanken wahnsinnig, alle fünf Jahre die Wohnung frisch einrichten zu müssen“, sagt sie inzwischen. Gebrauchtes zu kaufen, sei zwar auch eine Form des Konsums – aber eben deutlich ressourcenschonender.

Auch preislich kommt der heutigen Stuttgarterin diese Denkweise zugute. Für die komplette Einrichtung im Wohnzimmer haben sie und ihr Partner weniger als 1000 Euro ausgegeben. Gleichzeitig sagt Wolf, die sich selbst durchaus „Design-Anspruch“ zuschreibt: „In diesem Raum passt alles zusammen.“ Auch die Qualität stimme. „Bei neuen Billig-Möbeln kannst du Macken nicht ausbügeln“, kritisiert sie. Wertige Vintage-Möbel – etwa ihre Esstisch-Stühle mit Beinen aus Massivholz – ließen sich dagegen viel besser reparieren.

Stuttgarterin rät zu Geduld bei Kleinanzeigen-Suche

Ihr Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit Einrichtungsgegenständen sei durch die Ausbildung zur Schreinerin noch einmal gestiegen, sagt Wolf. Wenn es darum geht, alte Stücke wieder aufzumotzen, kommt ihr diese Expertise sicherlich zugute. Allerdings stellt sie klar: „Dafür muss man nicht Handwerkerin sein, das hat auch nichts mit Begabung zu tun.“ Um Möbel zu reparieren, reiche es meist, sich die richtigen Youtube-Tutorials anzuschauen. „Wer motiviert und interessiert ist, bekommt das alles schön hin.“

Der 28-Jährigen gefällt auch das Stöbern auf dem Portal Kleinanzeigen (ehemals Ebay Kleinanzeigen). Sie sagt: „In Stuttgart kannst du da richtige Schätze finden.“ Wichtig sei es jedoch, Geduld mitzubringen. Dass ein Verkäufer für Ware in schlechter Qualität total überhöhte Preise verlange, komme schon ab und zu vor – für Wolf „eine Frechheit“. Sie empfiehlt deshalb, sich mit den Angeboten gründlich auseinanderzusetzen. Häufig helfe schon ein Vergleich über die Google-Bildersuche.

Gebrauchtes lebt weiter

Doch selbst dann könne es immer noch passieren, dass sich das Produkt vor Ort als Flop entpuppe. Aber dieses Risiko gehöre eben dazu, wenn man mit Menschen interagiere. „Neu zu kaufen, ist anonymer“, sagt Wolf. „Aber es kann auch sehr nett sein, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.“

Lieblingsstück von Kleinanzeigen: Alicia Wolfs beiger Retro-Kühlschrank. Foto: Valentin Schwarz

Ihr Lieblingsstück von Kleinanzeigen ist der Retro-Kühlschrank, der in ihrer Küche steht. „Den haben wir einem Pärchen aus Stuttgart-Süd für 200 Euro abgekauft.“ Die früheren Besitzer hätten mehr Platz benötigt und sich deshalb von dem alten Kühlschrank getrennt. „Denen hat dabei aber selbst das Herz geblutet“, erinnert sich Wolf. Über die emotionale Komponente bei solchen Fällen sagt sie: „Da ist es dann doch schön zu wissen, dass die Produkte in einer anderen Wohnung weiterleben.“