„Verehrtes Fräulein Müller!“ Mit diesen Worten beginnen die Briefe von H. C. Artmann und Thomas Bernhard an die Verlegerin in Salzburg. Adressatin ist eine junge, unverheiratete Frau, die es Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre schafft, den Otto Müller Verlag nicht nur erfolgreich weiterzuführen, sondern zu einer der ersten Adressen auch für zeitgenössische Lyrik zu machen.

Artmann und Bernhard debütierten mit ihren Gedichtbänden im Salzburger Verlag, Christine Busta und Christine Lavant veröffentlichten dort zahlreiche Bücher. Das Verhältnis der Verlegerin Erentraud Müller zu den beiden Lyrikerinnen war besonders eng, ja freundschaftlich und prägte das Profil ihres Hauses.

Der Einstieg in das Verlagsgeschäft kam früh. Erentraud Müller hatte nach der Matura eine Lehre zur Buchhändlerin absolviert, zuerst in Düsseldorf, dann in Stuttgart. Am Ende ihrer Lehrzeit 1954 kam ihre Mutter Luise Müller bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben, im Februar 1956 starb ihr Vater Otto Müller – erst 55- jährig ‒ überraschend nach einer Operation.